Arbeiten trotz Krankschreibung: Ist das erlaubt?

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 12.11.2024 | Lesezeit ca. Min.

Mit Sicherheit kennen viele diese Situation: Die Krankschreibung liegt vor, doch plötzlich fühlt man sich wieder topfit – gesund genug und in der Lage, um zur Arbeit zurückzukehren. Nun stellt sich die Frage: Darf man tatsächlich arbeiten gehen, obwohl eine Krankschreibung vorliegt?

In diesem Artikel erhältst du wertvolle Informationen rund um das Thema Arbeiten trotz Krankschreibung. Bist du bereit, loszulegen?

Der Unterschied zwischen Krankmeldung und Krankschreibung

Zu Beginn müssen zwei Begrifflichkeiten geklärt werden: Krankmeldung und Krankschreibung.

Der Unterschied zwischen einer Krankmeldung und einer Krankschreibung besteht hauptsächlich in der Art und Weise, wie der Arbeitgeber über eine Krankheit des Arbeitnehmers informiert wird und welche Dokumente dazu erforderlich sind.

1. Krankmeldung

Die Krankmeldung ist die Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, dass er aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig ist und deshalb nicht zur Arbeit kommen kann. Sie erfolgt in der Regel sofort, also am ersten Tag der Krankheit oder spätestens zu Beginn der regulären Arbeitszeit.

Die Krankmeldung kann oft telefonisch, per E-Mail oder über andere vom Arbeitgeber festgelegte Kommunikationswege erfolgen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer der Krankheit zu informieren.

2. Krankschreibung

Die Krankschreibung, auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) genannt, ist ein ärztliches Attest, das die Krankheit des Arbeitnehmers bestätigt und bescheinigt, dass er für eine bestimmte Zeit arbeitsunfähig ist. Diese Bescheinigung wird vom Arzt ausgestellt und enthält Angaben zur Dauer der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit.

Laut deutschem Arbeitsrecht (§ 5 Entgeltfortzahlungsgesetz) ist der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, ab dem vierten Krankheitstag eine Krankschreibung vorzulegen. Allerdings kann der Arbeitgeber auch verlangen, dass die Krankschreibung bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eingereicht wird

Die rechtliche Situation bei der Arbeit trotz Krankschreibung

Viele Menschen denken, eine Krankschreibung sei automatisch ein Arbeitsverbot. Doch tatsächlich verbietet das Entgeltfortzahlungsgesetz das Arbeiten nicht ausdrücklich, solange man krankgeschrieben ist. Entsprechend sind Beschäftigte nicht dazu verpflichtet, sich über die gesamte Dauer der Krankschreibung von der Arbeit fernzuhalten.

Wenn man sich also schneller erholt als vorhergesagt, darf man grundsätzlich wieder zur Arbeit gehen. Allerdings besteht während der Krankschreibung keine Arbeitspflicht.

Die Entscheidung über ein vorzeitiges Ende der Arbeitsunfähigkeit obliegt dem Arbeitnehmer. Du bist nicht dazu verpflichtet, die gesamte Dauer deiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abzuwarten – du kannst individuell entscheiden, wann du dich bereit fühlst, wieder zu arbeiten. Selbstverständlich gilt dies nur, wenn keine speziellen Beschäftigungsverbote – wie etwa bei bestimmten Infektionskrankheiten, Schwangerschaft oder im Rahmen des Mutterschutzes – bestehen.

Arbeitgeber: Pflichten und Fürsorgepflicht

Dein Arbeitgeber ist gesetzlich nicht dazu berechtigt, dich während einer Krankschreibung zum Arbeiten zu zwingen. Dies liegt an der sogenannten Fürsorgepflicht der Arbeitgeber, die im deutschen Arbeitsrecht verankert ist. Sie umfasst das Wohl und die Gesundheit der Mitarbeiter. Wenn ein Arbeitgeber trotz Krankschreibung zur Arbeit auffordert, würde er diese Pflicht verletzen.

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Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Das steckt dahinter

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist eine wesentliche Verpflichtung im Arbeitsrecht und beschreibt die Verantwortung des Arbeitgebers, das Wohlergehen seiner Mitarbeiter zu schützen und zu fördern. Das Ziel der Fürsorgepflicht ist, ein sicheres, gesundes und respektvolles Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Diese Verpflichtung ist im deutschen Arbeitsrecht verankert und umfasst unter anderem:

1. Schutz von Leben und Gesundheit

Der Arbeitgeber muss Maßnahmen treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Dazu gehören:

  • Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz, z. B. Schutzkleidung, ergonomische Arbeitsplätze und Sicherheitsanweisungen.

  • Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze, die z. B. Unfallverhütungsvorschriften und Gesundheitsrichtlinien umfassen.

  • Gesundheitsschutz, etwa durch regelmäßige Pausen, angemessene Arbeitszeiten und Schutz vor übermäßiger Arbeitsbelastung.

2. Schutz der Persönlichkeitsrechte

Der Arbeitgeber muss die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer respektieren und wahren. Dazu gehört der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Mitarbeiter. Auch ein respektvoller Umgangston und der Schutz vor Diskriminierung, Mobbing oder Belästigung fallen unter diese Pflicht.

3. Schutz vor Überlastung und Burnout

Arbeitgeber sind verpflichtet, auf die Arbeitsbelastung ihrer Mitarbeiter zu achten. Dazu gehören Maßnahmen zur:

  • Vermeidung von Überstunden oder zumindest deren angemessene Vergütung.

  • Organisation der Arbeit so, dass sie nicht dauerhaft überfordert, etwa durch klare Aufgabenverteilungen und realistische Zielvorgaben.

4. Unterstützung und Weiterbildung

Auch die Förderung und Unterstützung der Mitarbeiter kann zur Fürsorgepflicht gehören. Dazu zählen:

  • Schulungen und Weiterbildungen, die den Mitarbeitern ermöglichen, ihre Aufgaben sicher und effektiv auszuführen.

  • Beratung und Hilfsangebote bei privaten oder beruflichen Problemen, etwa in Form von Coaching oder Employee Assistance Programs (EAP).

5. Berücksichtigung besonderer Umstände

Wenn Mitarbeiter besondere Umstände haben, die sie betreffen, wie z. B. eine Schwangerschaft oder eine Krankheit, muss der Arbeitgeber ebenfalls Rücksicht nehmen. Es gibt spezielle Regelungen, z. B. zum Mutterschutz und zur Integration von Menschen mit Behinderung.

Konsequenzen bei Verletzung der Fürsorgepflicht

Verstöße gegen die Fürsorgepflicht können rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben. Dazu gehören:

  • Schadensersatzforderungen durch den Arbeitnehmer, wenn ihm durch mangelnde Fürsorge ein Schaden entstanden ist.

  • Strafrechtliche Konsequenzen, insbesondere bei Verstößen gegen den Arbeitsschutz.

  • Sanktionen durch Aufsichtsbehörden, die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz verantwortlich sind.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist also eine zentrale Verpflichtung, die das Wohl und die Sicherheit der Mitarbeiter sicherstellen soll. Ein gutes Arbeitsumfeld führt nicht nur zu zufriedenen Mitarbeitern, sondern auch zu einer besseren Produktivität und einem positiven Unternehmensklima.

Falls notwendig, können Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber oder Kollegen in Kontakt treten, um den Informationsaustausch und Übergänge zu unterstützen – allerdings stets unter Berücksichtigung der eigenen Erholung und persönlicher Grenzen.

Wenn dein Arbeitgeber dennoch versucht, Druck auf dich auszuüben oder dich zur Arbeit zu zwingen, gibt es folgende Handlungsoptionen:

  1. Den Betriebsrat oder eine Gewerkschaft einschalten
  2. Rechtlichen Rat einholen oder einen Anwalt konsultieren
  3. Das Verhalten des Arbeitgebers dokumentieren und mit Zeugenaussagen belegen

Wichtig: Du bist verpflichtet, deinen Arbeitgeber über die Dauer deiner Krankschreibung zu informieren. Wenn du dich also dazu entscheidest, früher als geplant zur Arbeit zurückzukehren, solltest du dies kommunizieren und gegebenenfalls eine vorzeitige Gesundschreibung einreichen.

Arbeitsverhalten während der Krankschreibung

Informationspflicht gegenüber dem Arbeitgeber

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitgeber über ihre Krankheit in Kenntnis zu setzen. In der Regel müssen sie dabei keine Angaben zur Diagnose oder Art der Erkrankung machen. Solche Informationen sind lediglich auf der Bescheinigung für die Krankenkasse vermerkt. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit informiert wird und die Dauer der Krankschreibung nachvollziehen kann, um entsprechende Planungen vorzunehmen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Vorzeitig beenden oder abwarten?

Manche Arbeitnehmer fühlen sich aus Pflichtbewusstsein veranlasst, trotz Krankschreibung wieder zu arbeiten. Dies ist jedoch nicht immer die klügste Entscheidung. Der eigene Heilungsprozess kann dadurch verlängert oder sogar unterbrochen werden. Arbeitnehmer sollten sich stets vollständig erholen, um wieder leistungsfähig und einsatzbereit zu sein. Dies gilt insbesondere, wenn es das Risiko gibt, Kollegen anzustecken.

Sollte ein Arbeitgeber ernsthafte Zweifel an der Genesung eines Mitarbeiters hegen, ist er im Rahmen seiner Fürsorgepflicht sogar verpflichtet, die Arbeitsaufnahme vorerst zu verweigern und den Mitarbeiter nach Hause zu schicken.

Arbeitsweg: Darum kann er tückisch sein

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt im Rahmen der Krankschreibung ist das Verhalten auf dem Arbeitsweg: Sollte ein Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeiten und auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall erleiden, können Probleme beim Versicherungsschutz entstehen.

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Gilt die Unfallversicherung, wenn ich krankgeschrieben bin?

Während einer Krankschreibung besteht in der Regel kein Unfallversicherungsschutz für Tätigkeiten, die mit der Arbeit oder dem Arbeitsweg in Zusammenhang stehen, da du offiziell als arbeitsunfähig giltst und diese Wege und Tätigkeiten daher nicht versichert sind.

  1. Kein Schutz für Arbeits- und Wegeunfälle: Da du arbeitsunfähig bist, greift der Versicherungsschutz für Arbeitsunfälle und Wegeunfälle normalerweise nicht. Solltest du während einer Krankschreibung trotzdem zur Arbeit gehen und dabei einen Unfall haben, kann die gesetzliche Unfallversicherung die Leistung verweigern.

  2. Privatunfälle weiterhin versichert: Wenn du im Alltag – etwa zu Hause oder in der Freizeit – einen Unfall hast, greift deine private Unfallversicherung oder Krankenversicherung, sofern du eine solche Versicherung abgeschlossen hast.

  3. Ausnahmefälle: In besonderen Fällen (z. B. bei einer teils arbeitsfähigen Krankschreibung oder Wiedereingliederung) kann es spezielle Regelungen geben, die eine Absicherung ermöglichen, jedoch sollte dies mit dem Arbeitgeber und der Versicherung geklärt werden.

Kurzum: Die gesetzliche Unfallversicherung greift während einer Krankschreibung nur für private Tätigkeiten und nicht für arbeitsbezogene Wege oder Tätigkeiten.

Gesundschreibung: Wann ist sie nötig?

Obwohl eine "Gesundschreibung" im eigentlichen Sinne nicht existiert, empfiehlt es sich, den Arzt über eine vorzeitige Rückkehr zur Arbeit in Kenntnis zu setzen. So kann dieser die ursprüngliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung korrigieren oder eine kürzere Krankschreibung ausstellen. Dadurch erhalten Krankenkasse und Arbeitgeber einen Nachweis über die frühere Arbeitsfähigkeit, während du etwaige Zweifel an deinem Gesundheitszustand ausräumen kannst.

Wenn du den Arbeitsplatz vor dem auf dem Krankenschein angegebenen Datum wieder aufsuchst, ist es wichtig, den Arbeitgeber darüber zu informieren. Das ermöglicht ihm, bei der Krankenkasse den Nachweis über deine frühzeitige Gesundung einzuholen. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, sich erneut vom Arzt untersuchen zu lassen, um den tatsächlichen Gesundheitszustand feststellen und die Genesung bestätigen zu lassen.

Tücken und Risiken beim Arbeiten trotz Krankschreibung

Die Wiederaufnahme der Arbeit während einer Krankheit kann den Heilungsprozess und die Genesung negativ beeinflussen. Arbeitnehmer, die aus Präsentismus und Pflichtgefühl handeln, setzen ihre Gesundheit aufs Spiel.

  • Arbeitnehmer, die noch nicht vollständig genesen sind und somit nicht in Topform sind, riskieren das Verschlimmern der eigenen Krankheit oder einen längeren Krankheitsverlauf.
  • Die Ansteckungsgefahr für Kollegen ist hoch, wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer mit einer Infektionskrankheit vorzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehrt und dadurch das Risiko besteht, andere anzustecken.
  • Unzureichende Erholung während einer Krankheit kann langfristig zu weiteren gesundheitlichen Problemen führen, die eine längere Arbeitsunfähigkeit oder sogar bleibende Schäden zur Folge haben können. Also: auskurieren statt durchpowern!

Im Interesse der eigenen Genesung, des Wohlergehens der Kollegen und zur Sicherung eines guten Arbeitsverhältnisses ist es wichtig, sich im Krankheitsfall ausreichend auszukurieren und den Genesungsprozess nicht durch eine zu frühe Rückkehr an den Arbeitsplatz oder gebrochene Versprechen zu gefährden.

Arbeiten trotz Krankschreibung? 4 Tipps für einen verantwortungsbewussten Umgang

Fazit: Gesundheit geht vor!

Wir fassen noch einmal die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Artikel zusammen:

  • Fürsorge: Arbeitgeber sind verpflichtet, für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu sorgen, und dürfen diese keinesfalls zwingen, trotz Krankschreibung zu arbeiten.
  • Gesundschreibung: Auch wenn es eine "Gesundschreibung" im eigentlichen Sinne nicht gibt, ist es ratsam, den Arzt über eine frühere Rückkehr zur Arbeit zu informieren. So kann er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anpassen oder eine verkürzte Krankschreibung ausstellen.
  • Genesung: Eine ausreichende Erholungsphase während der Krankheit ist unerlässlich, um langfristige gesundheitliche Probleme zu verhindern und so bald wie möglich wieder vollständig einsatzfähig zu sein.
Disclaimer

Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zusammengestellt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte gestellt. Die in diesem Beitrag zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich, ersetzen keine juristische Beratung und stellen keine Rechtsauskunft dar.

FAQ

Häufig gestellte Fragen und entsprechende Antworten sind im Weiteren aufgelistet.

Quellen:

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