Beschwerdemanagement: Definition, Ziele und wie du den Prozess optimal gestaltest

Von Ekaterina Broska, geprüft durch Juliane Becker (zertifiziert von Google)
Aktualisiert am 09.07.2024 | Lesezeit ca. Min.

Unzufriedenheit und Beschwerden von Kunden können Unternehmen sehr belasten. Ein optimales Beschwerdemanagement wirkt in solchen Situationen wie eine Rettungsleine und sorgt dafür, dass Kunden nicht etwa verärgert abspringen, sondern im Bestfall sogar zu Stammkunden werden.

Doch wie lässt sich ein solides Beschwerdemanagementsystem etablieren? In diesem Artikel zeigen wir dir:

  • Die Definition und Ziele von Beschwerdemanagement
  • Wie erfolgreiche Unternehmen Reklamationen effektiv bearbeiten und analysieren
  • Strategien zur Gestaltung eines hilfreichen und kundenorientierten Beschwerdemanagementprozesses

Bist du bereit, wertvolle Informationen und Tipps zum Thema Beschwerdemanagement zu erhalten?

Definition und Ziele des Beschwerdemanagements

Als Bestandteil der Kundenbetreuung befasst sich das Beschwerdemanagement mit der systematischen Erfassung, Bearbeitung und Analyse von Kundenanliegen in Form von Beschwerden oder Reklamationen.

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Was ist der Unterschied zwischen einer Beschwerde und einer Reklamation?

Eine Beschwerde ist erst einmal nur eine Äußerung eines Kunden, in der dieser seine Unzufriedenheit ausdrückt. Er macht seinem Ärger Luft.

Eine Reklamation bezieht sich dagegen auf ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung, die vom Unternehmen angeboten wird. Wenn beispielsweise ein Produkt fehlerhaft oder eine Dienstleistung mangelhaft ist und der Kunde dies beanstandet (und Mängel nachweisen kann), spricht man von einer Reklamation. Hier gibt es dann auch einen Rechtsanspruch seitens des Kunden; du als Unternehmen musst dann im Rahmen der Gewährleistung Abhilfe schaffen.

Als Ziele stehen die Kundenbindung und die Verbesserung von kundenbezogenen Prozessen, Produkten und Dienstleistungen im Vordergrund. Die übergeordneten Ziele einer Organisation im Umgang mit Kundenbeschwerden können in primäre und sekundäre Ziele unterteilt werden. Dazu gleich mehr.

Die Bedeutung von Beschwerdemanagement

Ein effektives Beschwerdemanagement trägt zur Pflege langfristiger Kundenbeziehungen bei, indem es die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung fördert. Dies wird erreicht, indem angemessen und zeitnah auf Kundenbeschwerden und Reklamationen reagiert wird.

Darüber hinaus liefert das Beschwerdemanagement wichtige Erkenntnisse über bestehende Probleme mit Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens. So können gezielt Optimierungsmaßnahmen und Qualitätsverbesserungen angestoßen werden.

Primäre und sekundäre Ziele

Die Ziele des Beschwerdemanagements können in primäre und sekundäre Ziele unterteilt werden:

  • Primäre Ziele: Im Zentrum steht die Wiederherstellung der Kundenzufriedenheit sowie die unmittelbare und angemessene Lösung des Kundenanliegens. Weitere Ziele umfassen die Kundenbindung und den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen durch schnelle und einfühlsame Reaktionen auf das jeweilige Anliegen.
  • Sekundäre Ziele: Dazu gehört die Identifizierung potenzieller Schwachstellen in Unternehmensprozessen, Produkten und Dienstleistungen durch eine systematische Ursachenanalyse. Ebenso zählen die Verbesserung interner Abläufe und das Vermeiden künftiger Beschwerden und Reklamationen dazu. Infolgedessen werden eine gesteigerte Qualität der Produkte und Dienstleistungen und kontinuierliches Lernen aus dem Kundenfeedback erreicht.
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Lesetipp

Ein professionelles Beschwerdemanagement unterstützt also die Entwicklung und Festigung einer kundenzentrierten Unternehmenskultur und ermöglicht somit nachhaltigen Erfolg und Wachstum für das Unternehmen. Mehr dazu liest du hier: Customer Centric: 4 Tipps für mehr Kundenzentrierung in 2025.

Der optimale Prozess im Beschwerdemanagement

Ein kundenorientierter Prozess setzt sich aus zwei zentralen Komponenten zusammen: dem direkten und dem indirekten Beschwerdemanagement. Beide tragen maßgeblich zur erfolgreichen Bearbeitung von Kundenbeschwerden und den daraus resultierenden Verbesserungen im Unternehmen bei.

Direktes Beschwerdemanagement: Umgang mit Kundenbeschwerden

Der Schwerpunkt des direkten Beschwerdemanagements liegt auf dem unmittelbaren Kontakt mit dem Kunden. Dazu gehören unter anderem folgende Aufgaben:

  1. Beschwerdestimulierung: Einen aktiven Austausch mit den Kunden fördern und möglichst mehrere Kontaktpunkte bzw. Beschwerdekanäle (Telefon, E-Mail, Social Media etc.) bereitstellen. Heißt konkret: Eine Atmosphäre schaffen, in der Kunden ihre Probleme mit dem Unternehmen artikulieren wollen und können.
  2. Beschwerdeannahme: Kundenbeschwerden entgegennehmen, im Zweifelsfall mehr Details erfragen und das Problem nachvollziehbar dokumentieren. Hier sind vor allem eindeutig festgelegte Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens wichtig.
  3. Beschwerdebearbeitung: Beschwerden systematisch prüfen und lösen.
  4. Beschwerdereaktion: Zeitnah und empathisch auf Kundenbeschwerden antworten. Mögliche Reaktionen umfassen eine materielle Kompensation oder immaterielle Kompensationen wie eine Entschuldigung beim Kunden.

Indirektes Beschwerdemanagement: Analyse und Optimierung

Das indirekte Beschwerdemanagement legt den Fokus auf alle Bestandteile des Beschwerdemanagementprozesses, die nur unternehmensintern wirksam sind.

  • Beschwerdeauswertung: Die systematische, kriteriengeleitete Untersuchung aller erhaltenen Beschwerdeinformationen, um Schwächen zu identifizieren, beispielsweise hinsichtlich der angebotenen Produkte oder eines bereitgestellten Services.
  • Beschwerdecontrolling: Hier wird unter anderem die Wirtschaftlichkeit des Beschwerdemanagements analysiert. Also: das Verhältnis von Ertrag (Leistung) und Aufwand (Kosten) für die Bearbeitung einer Beschwerde.
  • Beschwerdereporting: Auf Basis der Ergebnisse der Beschwerdeauswertung und des Beschwerdecontrollings wird ein Beschwerdereporting erstellt. Es soll alle wichtigen Stakeholder mit den Erkenntnissen aus diesen beiden Prozessschritten versorgen.
  • Beschwerdeinformationsnutzung: Was kann das Unternehmen aus der Beschwerde lernen? Bei der Beschwerdeinformationsnutzung geht es darum, Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten.

Rahmenfaktoren und Normen im Beschwerdemanagement

Ein erfolgreiches Beschwerdemanagementsystem basiert auf unterschiedlichen Rahmenfaktoren, die sich aus international anerkannten Normen sowie individuellen unternehmensinternen Strukturen und Praktiken zusammensetzen.

ISO 10002 und andere Standards

Die aktuelle ISO 10002 stellt eine international akzeptierte Norm im Bereich Reklamationsmanagement und Kundenzufriedenheit dar, die speziell auf das Beschwerdemanagement ausgerichtet ist. Dieser Rahmenfaktor bietet Richtlinien zum Implementieren eines Beschwerdemanagementsystems und hilft bei der Identifikation und Beseitigung von Reklamationen und ihren Ursachen.

Zusätzliche Standards wie beispielsweise die ISO 9001 (Qualitätsmanagementsysteme) oder ISO 31000 (Risikomanagement) können im Rahmen eines ganzheitlichen Qualitäts- und Beschwerdemanagements ebenfalls Anwendung finden.

Unternehmenskultur und -struktur

Jedes Unternehmen sollte die eigene Kultur und Betriebsstruktur berücksichtigen, um angemessene Maßnahmen für das Beschwerdemanagement zu wählen. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle:

  • Klare Zuständigkeiten und koordinierte Prozesse im Management sowie im operativen Bereich zu schaffen.
  • Die Förderung einer offenen Kommunikations- und Feedbackkultur innerhalb der Organisation zu unterstützen.
  • Mitarbeitern, die direkt mit Kunden in Kontakt treten, kontinuierliche Schulungen und Weiterbildungen anzubieten.

Letztendlich hängt der Erfolg eines Beschwerdemanagementsystems entscheidend von Faktoren wie der Unternehmenskultur, der Struktur sowie der internen und externen Kommunikation zwischen unterschiedlichen Hierarchieebenen oder Abteilungen ab.

Methoden und Tools für ein effektives Beschwerdemanagement

Kundenfeedbacksysteme

Moderne Kundenfeedbacksysteme erleichtern die Erfassung von Kundenmeinungen in Echtzeit und sind somit unverzichtbar für eine effiziente Beschwerdeauswertung. Sie helfen dabei, Hauptprobleme und Verbesserungspotenziale in den Beschwerdeinformationen zu identifizieren. Solche Systeme umfassen:

Konfliktlösung und Beschwerdebehandlung

Wenn es darum geht, Beschwerden effektiv zu bearbeiten, sind geeignete Strategien und Instrumente für die Reklamationsbearbeitung entscheidend. Hierzu zählen:

  • Eingangsbestätigung: Bei jedem Beschwerdeeingang sollte dein Unternehmen eine solche Bestätigung versenden. So wissen deine Kunden, dass ihre Anliegen wahrgenommen wurden.
  • Konfliktlösungsstrategien: Im Umgang mit unzufriedenen Kunden sind diplomatische Mediation und Schlichtung von Vorteil. Mehr Details liest du hier: Konfliktmanagement: Definition, Methoden und bewährte Strategien.
  • Beschwerdehandbuch: Stelle klar definierte Abläufe, Verantwortlichkeiten und Kommunikationslinien innerhalb deines Unternehmens sicher und sorge dafür, dass sich alle betroffenen Mitarbeiter an das Handbuch halten.

Schulungen und Mitarbeitercoaching

Mitarbeiterschulungen tragen zur Verbesserung der Qualität der Beschwerdebehandlung bei. Sie helfen dabei, Missverständnisse zu verringern und eine bessere Kundenorientierung zu erreichen. Hierfür eignen sich verschiedene Trainingsansätze:

  1. Kommunikationstraining
  2. Schulungen zu produktspezifischen Problemen
  3. Coaching zu prozessinternen Abläufen der Reklamationsbearbeitung und der Beschwerdeauswertung
  4. Fortbildung in der Anwendung von Tools und Software für den Beschwerdeprozess

Positive Effekte eines gut umgesetzten Beschwerdemanagements

Durch einen angemessenen Umgang mit Beschwerden förderst du die Kundenzufriedenheit und erhöhst die Loyalität der Kunden gegenüber deinem Unternehmen. Zufriedene Kunden sind eher geneigt, erneut bei dir einzukaufen und dein Unternehmen weiterzuempfehlen.

Nicht zu vergessen ist auch: Ein gut strukturiertes Vorgehen im Beschwerdemanagement führt zur Optimierung von Arbeitsprozessen, was wiederum die Kosten reduziert. Dabei sind folgende Aspekte bedeutsam:

  1. Identifikation von Schwachstellen: Durch das systematische Sammeln und Auswerten von Beschwerden erkennst du Muster und wiederkehrende Probleme und kannst geeignete Lösungsansätze entwickeln.
  2. Vereinfachung von Abläufen: Untersuche deinen bestehenden Beschwerdemanagementprozess und entdecke Möglichkeiten, ihn effizienter und ressourcenschonender zu gestalten.
  3. Reduzierung von Reklamationen: Die rechtzeitige Identifikation und Behebung von Problemen führt zu einer Verringerung der Reklamationen und somit auch zu einer Kostenreduktion.

Durch ein gelungenes Beschwerdemanagement kannst du außerdem das Image deines Unternehmens aufwerten und als kundenorientierter und verantwortungsbewusster Betrieb wahrgenommen werden. Ein verbessertes Unternehmensimage steigert nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern zieht auch neue Kunden an und kann langfristig zu einer stärkeren Marktpräsenz führen.

Fazit

Ein professionelles Beschwerdemanagement trägt dazu bei, die Kundenzufriedenheit und -loyalität zu steigern und das Ansehen eines Unternehmens zu verbessern. Die systematische Erfassung, Bearbeitung und Analyse von Kundenanliegen stehen im Fokus, um gezielte Verbesserungsmaßnahmen vornehmen zu können.

Auf Basis dieser Erkenntnisse kannst du dein Beschwerdemanagement optimieren und das volle Potenzial von Kundenfeedback ausschöpfen. Sieh Beschwerden als Chance, interne Abläufe zu verbessern und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Ein erfolgreiches Beschwerdemanagement leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Erfolg und Wachstum deines Unternehmens.

FAQ

Im Folgenden sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

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