Sicheres Bezahlen im Internet: Betrug im E-Commerce erkennen und vermeiden

Von Thomas Wernet
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wenn der Kunde seine Wunschartikel in den Warenkorb gelegt hat, bist du fast am Ziel. Jetzt geht es ans Bezahlen. Der Kunde möchte es möglichst bequem und sicher, aber du willst nicht auf deiner Forderung sitzen bleiben. In diesem Beitrag erfährst du, wie du den Kunden am Checkout überzeugst und gleichzeitig Betrugsrisiken verringerst.

Beim Thema Betrug im Onlinehandel stehen in der Regel die Kunden im Fokus der Medienberichterstattung. Unzählige Artikel im Netz verraten Tipps und Tricks, wie sich seriöse Händler erkennen lassen. Die Milliardenschäden, die dagegen den Händlern durch Betrug und nicht gedeckte Zahlungen entstehen, stehen selten im Mittelpunkt.

Inzwischen kauft fast jeder Deutsche im Internet ein. Rund 55 Millionen Kunden besuchen regelmäßig Online-Shops. Und so sehr sich der Handel auch über steigende Umsätze freuen darf, wobei die Pandemie noch für einen zusätzlichen Wachstumsschub gesorgt hat, gehören finanzielle Schäden zum Alltag der Händler: Wie die Umfrage “Betrug im Onlinehandel“ von CRIF BÜRGEL aus dem Frühjahr 2020 unter 110 Online- und Versandhändlern aus Deutschland und der Schweiz gezeigt hat, sind bereits 97 Prozent schon einmal Opfer von Betrügereien geworden. Mit anderen Worten: auf ihren offenen Forderungen sitzen geblieben.

Die Balance zwischen Sicherheit und Einfachheit finden

Zu den Erfahrungen aus mehreren Jahrzehnten E-Commerce in Deutschland gehört die Erkenntnis, dass jeder zusätzliche Klick, jede Hürde die Abschluss- und Umwandlungsquoten beeinträchtigen kann. Vor diesem Dilemma stehen nicht allein Onlinehändler, sondern beispielsweise auch öffentliche Verkehrsbetriebe, die den Kunden den Kauf von Tickets via App ermöglichen. Das On-Boarding – also die ersten Schritte in der App – soll möglichst einfach sein, was aber auch das Risiko erhöht, einem Betrüger aufzusitzen.

Das Betrugsmanagement von Unternehmen bewegt sich im Spannungsfeld aus drei Säulen:

  • Maximierung der Umsätze bei gleichzeitiger
  • Minimierung der Verluste durch Betrug und
  • Minimierung der Kosten für die Betrugsverhinderung

Eine Veränderung an einer Stelle hat unmittelbare Auswirkungen auf die beiden anderen Faktoren. Maximierst du die Betrugsverhinderung durch entsprechende Maßnahmen, geht das zu Lasten der Umsätze, weil sich vielleicht auch ehrliche Kunden von den Sicherheitsabfragen und Faktoren abgeschreckt fühlen.

Und auch die Kosten für die Betrugsverhinderung steigen, was die Deckungsbeiträge mindert. Verzichtest du dagegen auf jeglichen Schutz, führt das vorläufig zu höheren Umsätzen, erhöht aber gleichzeitig die Verluste durch Betrug.

Die Aussteuerung des Betrugsmanagements ist somit ein fragiles Gebilde. Durch neue Betrugsmaschen oder externe Einflussfaktoren ändern sich auch ständig die Rahmenbedingungen, sodass regelmäßig Anpassungen notwendig werden.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten bei den Endkunden (z. B. als Auswirkung der Pandemie) erhöhen die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es verstärkt zu Bestellungen mit betrügerischer Absicht oder von Kunden mit schlechter Bonität kommt.

Online-Bezahlung: Die Frage des Zahlungsmix

Der Checkout besitzt im Onlinehandel eine besondere Bedeutung. Er muss einfach zu verstehen und zu bedienen sein. Hier ist eine gute Usability enorm wichtig, denn du darfst nicht vergessen, dass das Bezahlen aus Sicht des Kunden eher eine lästige Pflicht ist.

Im Shop ist er, weil er sich einen Wunsch erfüllen möchte oder die Lösung für ein Problem sucht. Wer die Aufgabe hat, ein Regal an die Wand zu hängen, braucht eine Bohrmaschine. Und die findet der Kunde dann online. Aber wenn der Bezahlvorgang zu kompliziert ist oder die Präferenzen, z. B. in Bezug auf die gewünschte Bezahlart, nicht adäquat abgebildet werden, dann kauft er die Maschine eben bei einem anderen Händler.

Der Kunde möchte auf einem Weg bezahlen, der ihm vertraut ist und den er bevorzugt. Hier haben sich unterschiedliche Verfahren einen festen Platz in der Gunst der Kunden erobert. In den Niederlanden zahlen die Kunden beispielsweise mit einem Verfahren, von dem in Deutschland nur Payment-Experten gehört haben: iDEAL. Ein Onlinehändler, der dort dieses Verfahren nicht in seinem Shop anbietet, hat somit nur wenig Chancen auf dem Markt.

Wie die ECC-Payment-Studie zeigt, sieht die Situation für Deutschland so aus (dabei waren Mehrfachnennungen möglich):

  • 93 Prozent der Konsumenten nutzen die Rechnung
  • 87 Prozent verwenden PayPal
  • 78 Prozent setzen auf die Lastschrift
  • 70 Prozent auf die Kreditkarte

Die offene Rechnung ist also nach wie vor das beliebteste “Zahlungsmittel” in Deutschland. Das sieht in der Schweiz ähnlich aus, wie das “E-Commerce Stimmungsbarometer” belegt. Dort liegen die Rechnung und die Kreditkarte in der Beliebtheit gleichauf.

Und auch in Österreich dominiert die Rechnung, wie sich ebenfalls der ECC-Studie entnehmen lässt. In der Alpenrepublik hat es PayPal etwas schwerer, dafür liegt der Anteil der Kreditkarte ein wenig höher als in der Schweiz.

Ein Blick in die Studien vergangener Jahre zeigt, dass sich die Verteilung dieser Bezahlarten im Zeitverlauf relativ stabil verhält. So gibt es zwar immer mal wieder leichte Verschiebungen, trotzdem ist der Rechnungskauf bereits seit fast zehn Jahren stabil auf dem ersten Platz in Deutschland.

Online-Zahlungen: Was Kunden lieben, birgt für Händler große Risiken

Und diese Präferenz spiegelt sich auch in den Marktanteilen der Bezahlverfahren in Shops wider. Nach einer Erhebung des EHI-Instituts werden 32,8 Prozent der Bestellungen in den Shops gegen offene Rechnung ausgeliefert, 18,3 Prozent gegen Lastschrift. Mit anderen Worten erfolgt die Hälfte der Käufe in den Shops mit den Zahlungsverfahren, die das höchste Risiko für den Händler bedeuten!

Nicht zuletzt wegen der geographischen und sprachlichen Nähe und einer doch sehr ähnlichen Mentalität hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahren der sogenannte Cross-Border-Commerce deutlich zugelegt. Für die Kunden wird es zur Alltäglichkeit, auch in Shops aus dem Ausland einzukaufen. Das Beratungsunternehmen PwC hat herausgefunden, dass 71 Prozent der deutschen Online-Shopper auch im Ausland bestellen. Und das Unternehmen ibi Research ermittelte, dass ein ähnlich hoher Prozentsatz der Händler auch Bestellungen aus dem Ausland akzeptiert oder aktiv im Ausland verkauft.

Angesichts des auch in Österreich und der Schweiz weiter wachsenden E-Commerce-Anteils (sowohl im Geschäft mit Endkunden als auch zwischen Unternehmen, also B2B) verschenken Händler, die sich auf das Inland beschränken, eindeutig Potenziale.

Risiken verringern – Zahlungsmix aktiv steuern

Um die eigenen Risiken zu minimieren, musst du die Zahlungsarten, die der Kunde auswählen darf, aktiv steuern. Hier kommen Zahlungs- und Informationsdienstleister ins Spiel. Einige Händler lagern die Risiken aus Lastschriften und Rechnungskäufen aus. Sie beauftragen einen Zahlungsdienstleister mit deren Abwicklung. Der Händler erhält dann vom Dienstleister sein Geld, abzüglich einer Bearbeitungsgebühr.

Falls der Kunde nicht bezahlen kann oder will, muss sich der Dienstleister darum kümmern, seine offene Forderung einzutreiben. Bei einigen Konstruktionen können die Kunden den Rechnungskauf auch noch nachträglich in einen Ratenkauf umwandeln. Dies umfasst dann aber nur das Vertragsverhältnis zwischen Payment-Anbieter und Endkunden.

Wie die ECC-Studie gezeigt hat, kümmern sich noch längst nicht alle Händler aktiv darum, ihre Risiken zu minimieren. Erst rund die Hälfte setzt entsprechende technische Maßnahmen ein, obwohl diese bereits seit einigen Jahren zur Verfügung stehen.

Die Händler, die die zulässigen Zahlungsarten aktiv auswählen, verlassen sich dabei auf:

  • Bestellhistorie des Kunden
  • Internes Verfahren zur Einschätzung der Bonität
  • Externe Verfahren durch die Systeme von Informationsdienstleistern

Nicht selten kommt auch eine Kombination zum Einsatz. Bei Bestandskunden prüft das System, ob es in der Vergangenheit zu Zahlungsstörungen gekommen ist. Ist das der Fall, wird dann etwa die Rechnung nicht angeboten. Die Anfrage landet dann gar nicht erst bei einem externen Dienstleister. Die Daten eines neu eingerichteten Kundenkontos werden dagegen stets über ein externes System geprüft. Sich ausschließlich auf die Kundenhistorie zu verlassen, kann indes riskant sein, wie der nächste Abschnitt zeigt.

Betrug im E-Commerce kennt leider viele Gesichter

Betrug und Ausfallrisiken im E-Commerce begegnen Händlern leider in vielfältiger Gestalt.

  • Zu den Klassikern gehört sicherlich das, was Juristen Eingehungsbetrug nennen. Der Kunde bestellt Waren oder Dienstleistungen, obwohl er zum Zeitpunkt der Bestellung bereits weiß, dass er die Forderung gar nicht erfüllen kann. Das kann als Einzelfall passieren, aber auch gewerbsmäßig erfolgen. In diesem Fall bestellen die Kriminellen dann in kürzester Zeit bei mehreren Händlern und unter verschiedenen Identitäten die Waren.
  • Zu einem großen Problem hat sich der Identitätsdiebstahl entwickelt. Im Namen und auf Rechnung eines Geschädigten werden Produkte bestellt oder Serviceleistungen in Anspruch genommen. Je nach Hürden bei der Anlage eines Benutzerkontos oder der Überprüfung einer Neukundenbestellung ist das Risiko hoch, da die vom Betrüger übermittelten Daten ja plausibel erscheinen.
  • Eng verwandt mit dem Identitätsdiebstahl ist das Phänomen gestohlener Zahlungsinformationen. Die Betrüger nutzen dabei entweder gestohlene und damit gültige Zahlungsinformationen (Kreditkartennummern, IBAN etc.) oder erzeugen diese künstlich. Auch für solche Daten gibt es einen schwunghaften Handel im Internet.
  • Aus Sicht von Händlern ziemlich perfide sind von Betrügern übernommene Benutzerkonten. Denn die Kriminellen nutzen in diesem Fall die eigentlich legitimierten Kundenkonten. Entweder werden die Daten an Dritte verkauft oder aber für eigene Transaktionen missbraucht. Gerade solche “Account-Take-Overs” sind auf den ersten Blick besonders schwer zu identifizieren, denn schließlich meldet sich der “Kunde” ja in der App oder im Shop mit korrekten Daten an.

Gegen diese Betrugsversuche kannst du dich am besten schützen, wenn du mit einem Dienstleister zusammenarbeitest. Dieser liefert dir verlässlichere Informationen zu Kundendaten als eine Überprüfung in Eigenregie. Denn: Willst du selbst die Risiken prüfen, kannst du das immer nur mit deinen eigenen Daten tun. Wenn eine Adresse noch nicht auffällig geworden ist, gibt es ja auch keinen Hinweis, dass hier etwas nicht stimmen könnte. Informationsdienstleister hingegen nutzen einen Datenpool, der sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt und auch Schadensmeldungen anderer Unternehmen enthält. So wirst du gewarnt, wenn an einer Adresse bereits häufig “Waren verschwunden” sind oder es zu anderen Auffälligkeiten gekommen ist.

Zahlungsausfall: Nicht immer steckt kriminelle Energie dahinter

Wenn du als Händler auf deiner Forderung sitzen bleibst, muss dahinter nicht immer ein Betrug stecken, also kriminelle Energie lauern. Auch im Geschäft mit Firmenkunden verbirgt sich ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Zahlungsausfälle.

Ein Unternehmen operierte vielleicht bereits schon länger am Rande der Insolvenz und ausgerechnet bei der Bestellung in deinem Shop hat es die Firma jetzt erwischt. Solche Insolvenzen passieren aber selten über Nacht. Meist gab es vorher bereits Störungen beim Bedienen von Krediten oder anderen Forderungen. Mit den Informationen eines Informationsdienstleisters, der dir bestenfalls Daten aus der gesamten D-A-CH-Region zur Verfügung stellt, überprüfst du die Bonität eines Unternehmens noch vor der Annahme einer Bestellung.

Fazit: Möglichst umfassende Daten und KI minimieren Risiken

Der E-Commerce wächst in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter. Beste Voraussetzungen also für Onlinehändler – wenn sie denn die von den Kunden gewünschten Zahlungsverfahren anbieten.

Dabei bevorzugen die Kunden ausgerechnet die Varianten mit den höchsten Risiken. Gegen Betrügereien und Zahlungsausfälle schützt sowohl im Endkunden- wie Geschäftskundengeschäft am besten die Zusammenarbeit mit einem Informationsdienstleister. Und verhindert mit dem Einsatz von KI auch besonders schwer zu entdeckende Betrügereien wie die Übernahme von Benutzerkonten.

Quellen:

FAQ

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