Customer Effort Score (CES): Definition, Beispiele und Tipps zur Berechnung

Von Sarah Kreilaus
Aktualisiert am 12.03.2024 | Lesezeit ca. Min.

Unkompliziert statt spektakulär: Ist das der Schlüssel zur Kundenbindung? Der Customer Effort Score (CES) wurde auf Grundlage dieser These ins Leben gerufen. Und tatsächlich ist er einer der besten Indikatoren für zukünftige Käufe. Die Kundenbindung steigt demnach dann, wenn ein Kunde es besonders einfach hat. Wie du den CES ermitteln und effektiv einsetzen kannst, erfährst du hier.

Wie funktioniert der Customer Effort Score?

Der CES ist eine Kennzahl, die angeben soll, wie einfach ein Kunde ein Produkt kaufen kann. Auf Deutsch lässt sich der CES mit dem sperrigen Begriff Kundenaufwandsindex übersetzen. Wer ihn nutzt, dem geht es meist nicht darum, dass der Kunde den Prozess als besonders spektakulär, persönlich oder auf andere Art und Weise positiv wahrgenommen hat. Stattdessen will er ermitteln, wie unkompliziert der Kunde den Kaufprozess erlebt hat.

Eine mögliche Fragestellung an den Kunden wäre beispielsweise: „Wie einfach oder kompliziert war für Sie die Lösung Ihres Problems mit unserem Kundenservice?“ Der Kunde bewertet dies in der Regel über eine Skala von abgestuften Antwortmöglichkeiten wie „Sehr leicht“ bis „sehr kompliziert“.

Die Kennzahl ist also eine subjektive Bewertung des Kunden. Daraus lässt sich jedoch ablesen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Kunde auch Kunde bleibt.

Wann ein CES gut ist, hängt von der verwendeten Skala ab. Derzeit sind zwei Skalen üblich: 1 bis 5 oder 1 bis 7. Bei der kleineren Skala gilt ein Wert über 3 bereits als gut. Auch die Fragestellung nimmt einen deutlichen Einfluss auf den Wert, sodass methodisch sauberes Arbeiten für dich wichtig ist, um aussagekräftige Daten zu erhalten.

Im CES 2.0 kannst du dich zu den Top-Performen zählen, wenn dein Wert über 6 liegt. Dann stimmen ungefähr drei Viertel der Kunden zu, dass dein Unternehmen es ihnen leicht macht, ihr Problem zu lösen. Als guter Zielwert gilt 5. Der zusätzliche Aufwand, den du betreiben müsstest, um eine 6 oder noch bessere Werte zu erzielen, steht nämlich zur verbesserten Kundenbindung in keinem Verhältnis. Der Wert soll dann nur um 2 Prozent steigen, während ein Sprung von 1 auf 5 das Elffache bedeutet.

Kundenzuufriedenheit

Woher kommt der Customer Effort Score?

Der CES wurde erstmals im Juli 2010 in der Harvard Business Review durch Matthew Dixon, Karen Freeman und Nicholas Toman vorgeschlagen und stieß auf breites Gehör. Die Grundlage war eine Studie mit mehr als 75.000 Menschen, die über Telefon oder Web, E-Mail oder Chat mit einem Kundenservice Kontakt aufgenommen hatten.

Dixon, Freeman und Toman hatten bei Durchführung der Studie die folgenden drei Fragen im Kopf:

  1. Wie wichtig ist Kundenservice für Kundentreue?
  2. Welche Aktivitäten des Kundenservices erhöhen die Loyalität und welche nicht?
  3. Können Unternehmen Loyalität erhöhen, ohne die Ausgaben für den Kundenservice zu erhöhen?

Ihre Schlussfolgerung: Begeisterte Kunden sind nicht zwangsweise loyale Kunden. Es ist besser, den Aufwand zu verringern, den ein Kunde investieren muss, um sein Problem zu lösen.

Demnach kann der Kundenservice nur wenig tun, um die Kundenbindung zu stärken. Ein schlechter Service kann jedoch ausschlaggebend dafür sein, dass ein Kunde einen anderen Anbieter sucht. Es scheint vielversprechender, eher darauf zu achten, dass Kunden nicht enttäuscht werden, als zu versuchen, ihre ursprünglichen Erwartungen noch zu übertreffen.

Das Ziel eines jeden Kundenservices sollte deswegen sein, den Kunden so wenig Steine in den Weg zu legen wie möglich. Dafür sollten Unternehmen die Kundenperspektive einnehmen und dafür sorgen, Probleme so unkompliziert wie nur möglich zu lösen. Jede unnötige Formularabfrage und jede Minute in der Warteschleife stehen diesem Ziel im Weg.

Um zu ermitteln, ob es Verbesserungspotenzial gibt, haben die Autoren der Studie den CES entwickelt. Er soll deutlich zuverlässiger vorhersagen können, ob ein Kunde wieder kaufen wird. Die Studie war in jedem Fall sehr aussichtsvoll: 96 Prozent der Kunden mit einem schlechten CES sind zu anderen Unternehmen abgewandert – jedoch nur 9 Prozent derjenigen mit einem guten CES. .

Wichtig: Methodische Fehler vermeiden

Der CES ist nur dann nützlich für dich, wenn du den Wert aussagekräftig ermitteln kannst. Auch wenn die Erhebung auf den ersten Blick leicht erscheint, gibt es einige methodische Fehler, die viele Anwender begehen.

So kann beispielsweise die oben erwähnte Frage dazu führen, dass der Kunde eher seinen eigenen Aufwand einschätzt, anstatt zu überlegen, wo das Unternehmen es ihm hätte leichter machen können. Deswegen wurde der CES weiterentwickelt. Im Rahmen des CES 2.0 würde die Fragestellung also lauten: „Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu: Das Unternehmen hat es mir leicht gemacht, den Kundenservice zu erreichen?“.

Eine methodisch saubere Fragestellung ist beim CES – wie auch bei der sonstigen Ermittlung von Kundenzufriedenheit – sehr wichtig. Im Zweifel solltest du auf erprobte und von Experten empfohlene Formulierungen zurückgreifen oder diese nur minimal auf deine Zwecke abändern. So kannst du sichergehen, dass du keine groben Fehler begehst und deine Daten irreführend sind.

Wenn du eigene Fragen entwickeln möchtest, solltest du darauf achten, dass sie die folgenden Merkmale erfüllen:

  • Neutralität: Deine Frage beeinflusst den Kunden nicht in eine bestimmte Richtung.
  • Eindeutigkeit: Es gibt keine Möglichkeit, die Frage misszuverstehen.
  • Kürze: Die Frage beinhaltet nichts Überflüssiges.
  • Natürlichkeit: Die Frage ist so formuliert, dass sie den Leser nicht irritiert.
  • Likert-Skala: Die Fragen beginnen mit „Wie sehr stimmen Sie der folgenden Aussage zu“ und lassen sich durch den Kunden per Likert-Skala beantworten.

Wenn dein Unternehmen international tätig ist, musst du zudem darauf achten, dass es oft nicht möglich ist, jedes Wort eins zu eins in eine andere Sprache zu übersetzen. Die Fragen sollten deswegen entsprechend lokalisiert und keinesfalls automatisch übersetzt werden.

Bei der Auswertung musst du zudem einige verzerrende Effekte beachten. So gibt es beispielsweise einen sogenannten „Ja-Sage-Effekt“. Das bedeutet, dass Befragte eher dazu tendieren, zuzustimmen oder positiv zu bewerten. Auch die Tendenz dazu, bei Desinteresse einfach mittlere Werte anzukreuzen, kann deine Statistik verfälschen. Du musst deswegen reflektiert mit den erhobenen Daten umgehen und solltest über entsprechende Statistik-Kenntnisse verfügen.

Zu welchem Zeitpunkt solltest du den CES einsetzen?

Um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, ist es wichtig, die CES-Befragung immer zum gleichen Zeitpunkt durchzuführen. Nur so werden die Werte im Laufe der Zeit vergleichbar. Wichtig ist, dass du möglichst zeitnah zum Ereignis fragst, das dich interessiert. Zudem solltest du den Aufwand für den Kunden so gering wie möglich halten.

Optimal ist also eine Landingpage mit der Befragung, auf die der Kunde automatisch weitergeleitet wird, sobald er das Ereignis abgeschlossen hat. Wenn du eine Befragung per Mail sendest, solltest du die Antwort innerhalb der E-Mail verlinken, sodass der Kunde nur einmal klicken musst.

NPS oder CES? Welche Kennzahlen solltest du ermitteln?

Auch wenn Verfechter des CES häufig davon sprechen, dass dieser den NPS (Net Promoter Score) und andere Zufriedenheitskennzahlen ablösen wird, musst du dich nicht zwischen beiden entscheiden. Der NPS ist eher für eine Makro-Sicht auf deinen Customer Lifecycle geeignet, während der CES auch die Zufriedenheit mit den kleinsten Schritten ermitteln kann.

Der NPS ist eher dazu geeignet, zu ermitteln, wie begeistert ein Kunde ist und ob er dein Unternehmen weiterempfehlen würde. Er zeigt dir ebenfalls, wenn Kunden sehr unzufrieden sind und sie ihren Freunden und Bekannten eher davon abraten würden, bei deinem Unternehmen zu kaufen. Aber er kann schlechter als der CES vorhersagen, ob ein Kunde deinem Unternehmen die Treue hält.

Der CES liefert dir Merkmale dafür, dass dein Kundenservice an irgendeiner Stelle hakt und dass du die störenden Hindernisse abbauen solltest. Nicht die Begeisterung ist dein Ziel, sondern die Einfachheit bei jedem Schritt. Letztlich ist dies deutlich einfacher umsetzbar.

Beide Kennzahlen korrelieren zudem in der Regel miteinander, bedingen sich jedoch nicht gegenseitig. Wenn du den Kundenservice in deinem Unternehmen oder die Brand Experience verbessern sollst, kann es deswegen sinnvoll sein, beide Zahlen zu erheben und ihre Entwicklung zu beobachten.

Mein CES ist schlecht: Was kann ich dagegen tun?

Wenn du einen CES erhebst, hilft dir die Kennzahl an sich erst einmal noch nicht weiter. Ein schlechter CES oder ein sich verschlechternder CES können dir jedoch dabei helfen, frühzeitig auf Probleme aufmerksam zu werden. Die Herausforderung hierbei ist, herauszufinden, wo die Schwächen genau liegen. Dafür sind zwangsweise weitere Befragungen der unzufriedenen Kunden notwendig, da alles andere einem Blick in die Glaskugel ähnelt.

Du kannst die weitere Kundenbefragung zudem zu deinem Vorteil nutzen. Wenn einem unzufriedenen Kunden bewusst wird, dass sich dein Unternehmen für den Grund seiner Unzufriedenheit interessiert, und Aufwand betreibt, sich in diesem Punkt zu verbessern, wird er eher loyal gegenüber deinem Unternehmen bleiben. Du kannst also an dieser Stelle einen guten Kundenservice mit der Datenerhebung verbinden. Im Anschluss kannst du die Kunden mit konkreten Wiedergewinnungs-Strategien an dich binden.

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Hinweis: Der richtige Umgang mit unzufriedenen Kunden rettet den Ruf

37 Prozent der eigentlich unzufriedenen Kunden sind wieder versöhnt, wenn du ihnen eine finanzielle Entschädigung anbietest. Drei Viertel gewinnst du zurück, wenn du dich zusätzlich noch entschuldigst.

Auf der anderen Seite stehst du vor der Herausforderung, dass ein unzufriedener Kunde eher nicht geneigt ist, für dich Umfragen auszufüllen oder andere Hilfestellungen zu geben. Du solltest also die Teilnahme entsprechend unkompliziert oder attraktiv gestalten oder mit geringen Ausfüllraten rechnen.

Eine Herausforderung hierbei ist sicherlich, zwischen offenen und standardisierten Fragen abzuwägen. Kunden müssen wesentlich motivierter sein, bei der Problemlösung mitzuwirken, wenn sie Fragen offen beantworten sollen. Deswegen helfen Mehrfach-Antwortmöglichkeiten mit einem frei auswählbaren Feld oft dabei, den Problemen zuverlässiger auf die Schliche zu kommen.

Am besten bei der Ermittlung von Problemen ist sicherlich der persönliche Kontakt per Kundenbefragung. Allerdings ist dies natürlich auch eine Ressourcenfrage. Das Ganze geht aber auch deutlich einfacher, nämlich direkt bei der Ermittlung des CES. Hier folgt dann auf die Frage: „Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu: Das Unternehmen hat es mir leicht gemacht, den Kundenservice zu erreichen?“ noch eine weitere Frage: „Was hat den Aufwand für Sie erhöht?“. Diese Frage musst du qualitativ auswerten.

Viele Unternehmen sind der Meinung, dass sie unzufriedene Kunden nur erst auf die Firmenwebsite locken müssen, um ihre Probleme zu lösen. Allerdings hat sich gezeigt, dass dies oftmals nicht ausreicht. Bereits um die 57 Prozent der Kunden suchen zuerst die Website auf, bevor sie den Service anrufen. Auf der Internetpräsenz werden also die Probleme der Kunden nicht ausreichend behandelt oder gelöst.

Eine sinnvolle FAQ-Sektion, Anleitungen, um häufige Fehler zu lösen, oder ein Chatbot, der die wichtigsten Fragen beantwortet, können deswegen oftmals erheblich zur Kundenzufriedenheit beitragen und den Kundenservice entlasten. Wichtig ist dabei immer Kürze: Je weniger Schritte ein Kunde erfolgreich absolvieren muss, um zur Lösung zu gelangen, umso besser wird er die Einfachheit seiner Problemlösung bewerten.

Fazit: Customer Effort Score kann dir helfen, die Kundenloyalität zu erhöhen

Wenn dein Unternehmen zu viele Kunden verliert, könnte der CES ihm dabei helfen, die Kundenzufriedenheit schrittweise und ohne zu großen Aufwand zu steigern. Der CES hilft dabei, Abläufe zu finden, die noch nicht ganz rund laufen und den Kunden vor Hindernisse stellen, von denen du nicht wusstest, dass sie da sind. Denn wenn Kunden Probleme mit deinem Produkt haben, wollen sie dieses wenigstens schnell lösen. Wenn sie dafür so wenig Aufwand wie möglich betreiben müssen, verzeihen sie dir die ursprüngliche Komplikation eher.

Der CES soll dabei zuverlässig vorhersagen können, ob ein Kunde wieder kaufen wird oder abwandert. Und Nachbefragungen ermöglichen es dir, herauszufinden, wie du die Kundenzufriedenheit erhöhen kannst. Deswegen wird der CES immer wichtiger und bekannter. Er steht jedoch nicht in Konkurrenz zu anderen Kennzahlen, sondern ergänzt diese im Gegenteil sehr gut. Denn mit ihm kannst du auch einzelne Schritte zuverlässig überprüfen und so dazu beitragen, dass die Kundenzufriedenheit insgesamt steigt. Wenn du den CES verbessern kannst, kannst du also häufig damit auch CSAT und NPS verbessern.

FAQ

An dieser Stelle möchten wir auf einige Fragen, die im Zusammenhang mit dem Thema Customer Effort Score (CES) häufig gestellt werden, eingehen.

Quellen:

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