Design Thinking Prozess: In 6 Phasen zu kreativen Ideen für dein Unternehmen

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 12.02.2024 | Lesezeit ca. Min.

Kreativität ist eine wertvolle Eigenschaft, die in jedem Menschen schlummert. In der Arbeitswelt ist sie von großer Bedeutung, denn sie öffnet die Tür zu neuen Innovationen.

Aber wie lässt sich Kreativität fördern, damit sie ihre volle Wirkung entfaltet? Wer den Design Thinking-Prozess im Unternehmen einsetzt, schafft zumindest gute Voraussetzungen und macht sich stark für die Zukunft und ihre neuartigen Anforderungen wie den digitalen Wandel oder die Globalisierung.

Doch wie kannst du Design Thinking für dein Unternehmen nutzen?

Der iterative Prozess im Design Thinking

Was bedeutet Design Thinking in Unternehmen?

Herausforderungen müssen bewältigt werden, zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Eine systematische Vorgehensweise bewährt sich dabei. Hier kommt der Design Thinking-Prozess ins Spiel, der ein effektives Werkzeug für die Lösung gängiger Problemstellungen darstellt.

Es handelt sich um einen Prozess, der besonders hochwertige Ideen hervorbringen soll. Alles steht und fällt mit einem Team, das interdisziplinär zusammenarbeitet. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die drei Faktoren Mensch, Wirtschaftlichkeit und Technologie. Diese Faktoren stehen sich stets gleichberechtigt gegenüber und gelten im Design Thinking als Grundlage für die Entwicklung einer wirklich bedeutenden Innovation.

Damit das Design Thinking in Unternehmen funktioniert, ist es sinnvoll, feste Regeln des Miteinanders zu etablieren und konsequent einzuhalten. Sie führen nicht nur zu Harmonie im Team, sondern erweitern auch den gedanklichen Rahmen in jedem einzelnen (oder halten ihn zumindest offen).

Einige der Regeln sind Standard in Teamprozessen, andere passen speziell zu Design Thinking. Wer möchte, formuliert weitere Regeln, sofern sie sich nicht negativ auf den kreativen Prozess auswirken.

  1. Regel 1: Nutze so oft wie möglich Visualisierungen.
  2. Regel 2: Lass andere ausreden. Es sollte stets nur eine Person sprechen.
  3. Regel 3: Es gibt keine schlechten Ideen. Auch was verrückt klingt, ist willkommen.
  4. Regel 4: Vorsicht mit Kritik.
  5. Regel 5: Quantität ist wichtig. Viele gute Ideen sind eine tolle Grundlage für eine richtig gute Idee.
  6. Regel 6: Vermeide Ablenkungen und schweife nicht vom Thema ab.
  7. Regel 7: Das Weiterentwickeln von Gedanken und Ideen anderer ist erwünscht.
  8. Regel 8: Suche den Rat von Dritten und schaue auch auf Menschen außerhalb der Zielgruppe.

Das Team: Interdisziplinäre Arbeit beim Design Thinking-Prozess und ihre Bedeutung

Damit du Lösungen für ein Problem entwickeln kannst, ist es entscheidend, das Thema aus vielen verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Ist das Team heterogen, profitiert es stark von den unterschiedlichen Sichtweisen. Führe verschiedene Disziplinen zusammen. Dabei geht es nicht unbedingt darum, dass es sich bei den Disziplinen um unterschiedliche Berufsfelder handelt. Von großem Wert ist auch die Kombination aus Kulturen, Nationalitäten, Geschlechtern und Altersgruppen.

Was bei den Räumen und Arbeitsmitteln zu beachten ist

Im Design Thinking-Prozess steht Teamwork über allem. Demnach sollte der Arbeitsplatz natürlich darauf ausgerichtet sein, das Zusammenspiel unbeschwert fließen zu lassen.

Neben Einzelarbeitsplätzen wird ein gemeinsamer Raum für alle Teammitglieder gebraucht, da es viele Brainstormings und Gespräche gibt. Sogenannte mobile Raumkonzepte erleichtern das Arbeiten enorm, vor allem, wenn es an Platz mangelt. Ganz nach Bedarf lässt sich zum Beispiel aus einem Meetingraum ein Büro machen, in dem jeder Arbeitsplatz abgeschirmt wird. Die Lösung sollte so flexibel wie das Team sein.

Die Arbeitsmittel sollten ebenso unkompliziert sein. Whiteboards mit viel Platz bieten genug Raum für gesammelte Gedanken. Magnetboards sind ebenfalls sinnvoll, wenn auch Bilder und Ähnliches wichtig ist. An Notizblöcken, Post-its und Kugelschreibern darf es nicht fehlen – schließlich ist es ärgerlich, wenn wertvolle Ideen verloren gehen, weil gerade kein Stift zur Hand ist.

Vor dem eigentlichen Prozess beim Design Thinking, der in den nächsten Absätzen ausführlich erklärt wird, steht also etwas Vorbereitung zum Aufrechterhalten der Flexibilität.

Design Thinking ist ein iterativer Prozess

Mit Hilfe von Strukturen ist das Lösen von Problemen viel leichter. Kein Wunder, dass man im Design Thinking-Prozess Schritt für Schritt vorgeht. Als sinnvolles Mittel erweist sich das Prozessmodell, das von der D-School des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam entwickelt wurde und sechs Phasen erfordert. In anderen Modellen finden sich auch weniger Phasen. Um sich nach und nach der Lösung zu nähern, können bestimmte Handlungen wiederholt werden. Das ist auch mehrmals möglich.

Das Vorgehen mittels iterativer Schleifen wirkt sich sehr positiv aus, insbesondere auf die Fehlerkultur. Fehler dürfen im Design Thinking gemacht werden, denn man geht davon aus, dass Menschen durch Fehler lernen. Der Umgang mit Fehlern ist also offen. Das ermöglicht, dass die Grenzen des Denkens und der Vorstellungskraft gelockert werden. Um Innovationen zu entwickeln, ist das richtige Mindset der verantwortlichen Köpfe wichtig. Nutze diese Möglichkeit.

1. Phase: Verstehen

Am Anfang der Arbeit steht das Erlangen von Verständnis für das zugrundeliegende Problem. Alle mitwirkenden Teammitglieder widmen sich dem Problem und seinen Eigenarten. Klar ist, dass ohne tiefergehendes Verstehen keine Innovation möglich ist. Fragestellungen und Definitionen helfen, das Problem zu erfassen.

2. Phase: Beobachten

Die Menschen und ihre Bedürfnisse brauchen eine Lösung, die zu ihnen passt. Aber wer ist überhaupt die Zielgruppe? In der zweiten Phase soll das Team wichtige Erkenntnisse durch Beobachtung, Befragung und gegebenenfalls weitere Maßnahmen erhalten. Eine umfassende Recherche verlangt es vom Team, das Büro zu verlassen und in echten Kontakt zu denjenigen zu treten, um die es geht. Entscheidend für den Erfolg ist ein vorurteilsfreies Vorgehen, denn nur dann ist Objektivität möglich.

3. Phase: Point-of-view

Nun kommt das Team zu einem Brainstorming zusammen, um die Essenz aus den bisher gesammelten Informationen zu ziehen. Das Team beachtet die oben genannten Regeln spätestens ab dieser Phase bis zum Projektende.

Dabei trägt zunächst jedes Teammitglied der Gruppe vor, was sein bisheriger persönlicher Stand der Erkenntnis zur Ausgangsfrage ist. Das Team befasst sich in diesem Gespräch ausführlich mit den Inhalten und führt einen intensiven Dialog, um Gedanken und Ideen effektiv weiterzuentwickeln. Am Ende des Brainstormings entsteht ein gemeinsamer Standpunkt des Teams.

Um dieses Zwischenziel zu erreichen, sind verschiedenste Mittel möglich, die beim gemeinsamen Nachdenken helfen.

Dazu zählen unter anderem:

  • Visualisierungen
  • Skizzen
  • Fragetechniken wie die fünf W's
  • Zusammenfassungen
  • Betrachtung von Extremfällen
  • Umkehrtechnik
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Was versteht man unter der Umkehrtechnik?

Die Umkehrtechnik hilft dir dabei, Aspekte aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Die neue Perspektive ist ungewöhnlich, doch das erweitert das Ideenspektrum manchmal spürbar und lohnt sich deshalb sehr.

Es geht darum, etwas ins Gegenteil zu verkehren. Anstatt zum Beispiel nur die gängige Frage "Warum sollte jemand das Produkt kaufen?" zu stellen, wird nun nach Gründen gesucht, wieso das Produkt nicht gekauft werden sollte. Bei der Produktentwicklung eröffnen sich auf diesem einfachen Weg neue Horizonte, außerdem fallen Fehler schon zu einem frühen Zeitpunkt innerhalb des Gesamtprozesses auf.

4. Phase: Ideenfindung

Das gemeinsame Brainstorming geht weiter, allerdings in einer neuen Phase mit einem neuen Zwischenziel. Das Design Thinking gelangt nun an seinen kreativen Höhepunkt. Um die Kreativität nicht zu schwächen, ist es erlaubt, statt Brainstorming eine andere Methode anzuwenden. Der Schwerpunkt des gemeinsamen Tuns liegt jedoch auf der Entwicklung von Konzepten. Kurz gesagt: Alle arbeiten daran, neue Ideen zu generieren.

Dabei geht es erst einmal nicht darum, die besten Ideen zu finden. Vielmehr zählt die Quantität. Viele verschiedene Ideen sind erwünscht, denn zu diesem Zeitpunkt kann noch keiner genau sagen, ob eine vermeintlich farblose Idee nicht doch irgendwann den Durchbruch bringt.

Die gesammelten Vorschläge muss das Team anschließend sortieren, zusammenfassen und in eine sinnvolle Struktur bringen, um die Übersicht zu bewahren.

Es erfolgt eine Bewertung der Ideen. Einige von ihnen werden schlicht besser sein als andere. Welche das sind, entscheidet sich danach, ob sie drei wichtige Kriterien erfüllen. Die besten Ideen sind

  • attraktiv,
  • wirtschaftlich und
  • umsetzbar zugleich.

Das geht auf die Faktoren Mensch, Wirtschaftlichkeit und Technologie zurück, die im Mittelpunkt des Prozesses stehen. Da beim Design Thinking die Zielgruppe etwas mehr Bedeutung erfahren sollte als die Wirtschaftlichkeit und die Technologie, wertet das Team die Attraktivität der Idee höher als die anderen beiden Kriterien.

5. Phase: Prototyping

Ein Prototyp hat den Vorteil, dass man an ihm seine Ideen testen kann und leichter erkennt, ob sie funktionieren und wo noch Potential zur Verbesserung besteht. Daher folgt das Prototyping als fünfte Phase, um das Projekt weiterzuentwickeln.

Wichtig ist, in den Prototypen nicht zu viel Aufwand zu stecken, denn das lohnt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Simple Modelle oder Rollenspiele reichen meist schon aus, um das Ziel der Phase zu erreichen. In dieser Phase ist iteratives Vorgehen in vielen Fällen notwendig, sodass sogar mehrere Prototypen entstehen können, die zum Teil wieder verworfen werden.

6. Phase: Verfeinerung

Die Konzepte, die aus dem Prototypen gewonnen werden konnten, werden vom Team nun verfeinert. Auch das erfordert manchmal mehrere Schleifen, denn jetzt geht es wirklich um den letzten Schliff.

Am Ende der 6. Phase sollte ein nutzerzentriertes Produkt stehen, das optimal zu dem anfangs aufgespürten Problem und der jeweiligen Zielgruppe passt. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt die Ergebnisse aus allen vorherigen Phasen einfließen.

Wo Design Thinking an seine Grenzen kommt

Der Design Thinking-Prozess wird in Unternehmen immer wichtiger. Obwohl er ursprünglich aus der Start-up-Szene stammt, erobert er inzwischen auch konservativere Kreise.

Für viele Unternehmen zahlt es sich aus, auf diese Weise an Innovationen zu gelangen. Doch es gibt auch Kritik am Design Thinking. Entscheider in Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass Design Thinking Grenzen hat.

Ein oft geäußerter Kritikpunkt dreht sich um die Bedeutung der Zielgruppe und ihre Bedürfnisse, die am stärksten gewichtet werden sollen. Das ist zwar gut für den betroffenen Menschen, doch andere Aspekte können dabei in Vergessenheit geraten. Ein Beispiel: Ein Produkt, das dem Menschen dienlich ist, kann gleichzeitig schädlich für die Umwelt sein. Dafür hat Design Thinking keinen Check. Hier müssen die Entwickler also selbst aufpassen, dass das Endergebnis wirklich funktionieren kann.

Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob mit Design Thinking wirklich die großen Innovationen geschaffen werden können, die sich Start-ups und Unternehmen so sehr wünschen. In vielen Fällen sind die Endergebnisse sehr viel bodenständiger oder nur eine hochwertige Erweiterung eines bereits bestehenden Konzeptes.

Unternehmer müssen daher immer bedenken, dass Design Thinking keine Generallösung ist. Doch wer das beachten, kann trotzdem gewinnen, wenn der Prozess einfach einmal gewagt wird.

Häufig gestellte Fragen zum Design Thinking Prozess

An dieser Stelle beantworten wir häufig gestellte Fragen zum Design Thinking Prozess.

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