6 konkrete Strategien, wie du dich als Onlinehändler vor Betrug schützen kannst

Von Miriam Prellwitz
Aktualisiert am 12.03.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wer heutzutage einen Online-Shop betreibt, muss sich früher oder später mit dem Thema Betrug auseinandersetzen. Umfragen unter Onlinehändlern offenbaren ein erschreckendes Ergebnis: 97 Prozent aller Befragten haben bereits Erfahrung mit Betrugsversuchen – die Tendenz ist steigend. Dadurch entstehen jährlich Schäden in Milliardenhöhe.

Vor allem für kleinere Onlinehändler wird dies schnell zu einer Bedrohung der Existenz. Es ist also höchste Zeit, sich gegen Betrüger zu rüsten. Oftmals sind es nur simple Tricks, mit denen Kriminelle versuchen, sich deine Waren zu erschleichen.

In diesem Artikel stellen wir dir zunächst die drei beliebtesten Betrugsmaschen im Onlinehandel vor. Anschließend geben wir dir sechs effektive Strategien mit auf den Weg, mit denen du dich vor Betrügern schützt.

Betrug im Onlinehandel: Beunruhigende Zahlen

Während der E-Commerce stetig an Fahrt gewinnt und den Einzelhandel langsam, aber sicher hinter sich lässt, steigen auch die Betrugszahlen im Onlinehandel. 2015 gaben 84 Prozent der deutschen Onlinehändler in einer Umfrage von Statista an, dass sie bereits mit Betrugsversuchen zu kämpfen hatten.

Bis zum Jahr 2020 ist dieser Wert erheblich gestiegen: In einer Befragung der CRIF Bürgel GmbH gaben 97 Prozent aller Teilnehmer an, Erfahrungen mit Betrug im Onlinehandel zu haben. Die Gefahren für dich als Onlinehändler sind also enorm gestiegen. Eine Veränderung der Situation ist bislang nicht in Sicht.

Das heißt für dich: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Du solltest so schnell es geht handeln, um Betrügern keine Chance zu geben.

Die 3 beliebtesten Betrugsmethoden im E-Commerce

Die CRIF Bürgel GmbH führte 2019 eine Umfrage durch und befragte die Teilnehmer darin, welche Betrugsmethoden in ihrem Shop besonders häufig auftreten. Die drei Spitzenreiter sind verfälschte Angaben, Identitätsdiebstahl sowie Eingehungsbetrug.

Für dich als Händler ist es wichtig, diese zu kennen. Zum einen hilft dir dieses Wissen, eventuelle Betrugsvorfälle in deinem Onlinehandel zu erkennen. Zum anderen kannst du dich dann effektiv gegen sie schützen.

In diesem Kapitel stellen wir dir diese drei Betrugsmaschen genauer vor und erklären dir, wieso sie für Betrüger so attraktiv sind.

Die häufigste Betrugsarten im E-Commerce

Bestellung mit falschem Namen oder verfälschter Adresse

Fast jeder Onlinehändler in Deutschland hatte bereits mit Bestellungen mit verfälschten Angaben zu kämpfen. Bei dieser Methode bestellen Nutzer absichtlich unter einem falschen Namen oder einer verfälschten Adresse.

Es wird beispielsweise eine abweichende Hausnummer angegeben. Vielerorts werden die Lieferungen dann trotzdem zugestellt, da die Paketboten wissen, wo der Empfänger lebt oder ihnen die falsche Hausnummer schlichtweg nicht auffällt.

Anschließend behauptet der Kunde, das Paket nicht erhalten zu haben – es wurde ja an eine ganz andere Hausnummer geschickt. Für diese Masche werden häufig auch falsche Vornamen verwendet: Die Lieferung kann noch zugestellt werden, der Kunde hat aber gleichzeitig auch eine Begründung dafür, wieso das Paket nicht bei ihm angekommen ist.

Identitätsdiebstahl

Eines der größten Probleme des Onlinehandels ist der Identitätsdiebstahl. In unserer digitalen Welt wird es für Betrüger immer einfacher, persönliche Daten zu sammeln und zum eigenen Vorteil zu nutzen. Oftmals reichen dafür schon der Name und die Adresse.

Kriminelle bestellen mit diesen Angaben dann Waren in deinem Shop. Sie fangen die Lieferungen entweder ab oder schicken sie direkt an eine Packstation. Oftmals fällt der Identitätsdiebstahl dann erst auf, wenn die ersten Mahnungen ins Haus des Geschädigten flattern.

Du stehst dann gleich vor mehreren Problemen: Deine Ware ist weg, du weißt nicht, wer sie tatsächlich bestellt hat und die Aufklärung des Sachverhalts erfordert einiges an Zeit und Kosten. Genau aus diesen Gründen ist diese Betrugsmethode so beliebt. Die Betrüger fühlen sich sicher und spekulieren darauf, dass du dem Betrug nicht nachgehen wirst.

Eingehungsbetrug

Auf Platz drei der beliebtesten Betrugsmethoden befindet sich der Eingehungsbetrug. Bei diesem bestellen Kunden Waren, obwohl sie genau wissen, dass sie diese gar nicht bezahlen können oder wollen. Zu deinem Leidwesen handelt es sich dabei meistens um Bestellungen mit einem recht hohen Wert oder vielen Artikeln.

Kann dein Kunde nicht zahlen, stehst du gleich vor dem nächsten Problem: Wie gehst du mit der Situation um? Anwälte und mögliche Verfahren verursachen weitere Kosten – ob du diese anschließend erstattet bekommst, ist unklar. Gerade für kleine Onlinehändler sind solche Fälle besonders ärgerlich: Sie haben keine eigene Rechts- oder gar Betrugsabteilung.

Mit diesen 6 Strategien schützt du dich effektiv

Wie die Zahlen aus den vorherigen Kapiteln gezeigt haben, ist die Bedrohung durch Betrug im Onlinehandel leider sehr real. Wir haben dir nur die drei häufigsten Methoden vorgestellt: Es gibt viele weitere Tricks, mit denen Kriminelle sich Waren und Leistungen erschleichen möchten. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Lage in den nächsten Jahren weiter zuspitzen wird.

Das heißt für dich: Du solltest dich eingehend mit Strategien beschäftigen, die dich effektiv vor Betrug schützen. Damit wehrst du Betrugsversuche ab, bevor sie entstehen, und sparst dir eine Menge Kosten und Nerven. In diesem Kapitel stellen wir dir deshalb sechs hilfreiche Methoden vor.

Führe eine Bonitätsprüfung durch

Wie du in diesem Artikel bereits erfahren hast, ist Eingehungsbetrug die dritthäufigste Betrugsmethode im Onlinehandel. Du kannst dich davor schützen, indem du bei deinen Kunden eine Bonitätsprüfung durchführst. Dabei helfen dir Datenbanken, beispielsweise die der Schufa.

Diese hat ein eigenes System entwickelt, das dich vor Betrug schützen soll. Die Schufa, vier große Onlinehändler und drei Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche haben sich dafür zusammengetan. Das moderne System analysiert den gesamten Bestellvorgang und greift ein, sobald es verdächtige Muster erkennt. Wie diese Software genau funktioniert, ist selbstverständlich ein gut gehütetes Geheimnis.

Sie hat den Vorteil, dass dein Shop in Echtzeit geschützt wird. Kunden haben dadurch keine Nachteile oder Einschränkungen. Werden verdächtige Muster schon vor der Bestellung erkannt, ersparst du dir eine Menge Arbeit und verhinderst größere Schäden, bevor sie entstehen. Du musst nicht ermitteln, wer hinter einer gestohlenen oder verfälschten Adresse steckt. Zudem schützt du damit auch ehrliche Kunden, deren Identität wohlmöglich gestohlen wurde.

Mit einer Bonitätsprüfung kannst du zumindest sichergehen, dass der Empfänger zahlen kann. Dies ist für jeden Shop und jede Branche ratsam. Verkaufst du größtenteils teure Waren, solltest du unbedingt eine Bonitätsprüfung durchführen, um dich vor immensen Schäden zu schützen. Möchte ein Kunde schlichtweg nicht zahlen, bleibst du allerdings weiterhin machtlos.

Scoring

Es kommt durchaus öfter vor, dass Kunden ohne Angaben von Gründen ihre Rechnungen einfach nicht bezahlen möchten. Solche Fälle sind nur schwer auszuschließen – denn wie kannst du vorab wissen, was der Kunde plant? Was für dich als Onlinehändler nicht vorauszusehen ist, kann mit Hilfe von Scoring bewertet werden.

Bei diesem Verfahren wird ermittelt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Kunde zahlt oder eben nicht zahlt. Auf dieser Grundlage kannst du dann bestimmte Zahlungsarten anbieten bzw. verweigern. Kunden, die als verdächtig eingestuft wurden, können dann beispielsweise nicht auf Rechnung kaufen. Dies ist in Deutschland die beliebteste Zahlungsmethode – leider wird sie auch gerne von Betrügern verwendet.

Wie Scoring genau funktioniert, erläutern wir dir nun anhand von einem Beispiel:

Ein Kunde bestellt am Dienstagnachmittag einen Computer in deinem Shop. Dazu legt er auch noch passendes Zubehör in seinen Warenkorb: Eine Maus, eine Tasche sowie kompatible Lautsprecher. Er bestellt die Artikel.

Hier handelt es sich wahrscheinlich um einen ehrlichen Kunden. Die Bestellung wurde zu einer gängigen Uhrzeit aufgegeben, enthält keine ungewöhnlichen Mengen und ist plausibel. Du selbst würdest diese Produkte wahrscheinlich auch genau in dieser Kombination kaufen.

Anders sieht es aus, wenn mitten in der Nacht von einem Nutzer fünfmal derselbe Laptop bestellt wird, ohne Zubehör oder weitere passende Artikel. Eine solche Bestellung würde mit Hilfe des Scorings wahrscheinlich als gefährlich identifiziert werden. Die Folge: Dem Kunden stehen nur bestimmte Zahlungsarten wie beispielsweise Vorkasse zur Auswahl.

Betrüger würden die Bestellung dann abbrechen, da Vorkasse ein ungünstiges Zahlungsmittel für sie ist. Damit hast du den Betrug gestoppt, bevor er dir schaden konnte. Vorsicht ist allerdings bei den Parametern für das Scoring geboten. Sie können dazu führen, dass auch ehrliche Kunden als gefährlich eingestuft und von der beschränkten Auswahl der Zahlungsarten abgeschreckt werden.

Adressprüfungen

Auf der Liste der beliebtesten Betrugsmethoden im Onlinehandel haben wir dir die Nutzung von verfälschten Daten vorgestellt. Dagegen schützt du dich effektiv, indem du bei jeder Bestellung eine Adressprüfung vornimmst. Dafür gibt es verschiedene Address Verification Systems (AVS), die von unterschiedlichen Unternehmen angeboten werden.

Dabei werden dann beispielsweise die Rechnungsadresse der Bestellung und die Adressangaben der Kreditkarte miteinander verglichen. Kommt es hier zu Abweichungen, ist dies verdächtig. Gleichzeitig werden so auch nicht existierende Adressen und Personen identifiziert. Du kannst diesen dann die Bestellung verwehren.

Zudem gibt es automatisierte Adressprüfungen: Gibt ein Nutzer seine Adresse an, wird diese schon bei der Eingabe auf ihre Echtheit hin überprüft. Adressen, die gar nicht existieren, gelangen also gar nicht erst in deinen Kundenstamm.

Velocity Check

Hat es ein Betrüger auf deinen Shop abgesehen, kann er erheblichen Schaden anrichten. Oftmals bleibt es nicht bei einer Bestellung mit teurem Inhalt: Für gewöhnlich werden in kurzer Zeit gleich mehrere Bestellungen aufgegeben.

Du solltest deshalb einen Velocity Check, also eine Transaktionskontrolle einführen. Dabei gibst du vor, wie viele Transaktionen von einem Konto in welchem Zeitraum durchgeführt werden dürfen. Du legst beispielsweise fest, dass innerhalb von zwei Wochen nur drei Bestellungen pro Konto zulässig sind.

Damit hinderst du Betrüger daran, in kurzer Zeit viele teure Bestellungen aufzugeben. Pass hier allerdings wieder auf, dass dies nicht zu Lasten deiner ehrlichen Kunden geht. Es hilft dir, wenn du das Verhalten von zahlenden Kunden genau kennst. Du kannst die Parameter für die Betrugsabwehr dann so festlegen, dass sie ehrliche Kunden nicht beeinflussen.

Arbeite mit einem Zahlungsdienstleister zusammen

Verschiedene Systeme und Programme zu nutzen, die dich vor Betrügern schützen, verursacht Kosten. Vor allem für kleinere Onlinehändler sind diese oftmals nicht zu tragen. Du musst aber nicht komplett auf Schutz verzichten: Viele Shop-Betreiber entscheiden sich für die Zusammenarbeit mit Zahlungsdienstleistern.

Diese haben ihre eigenen Schutzvorkehrungen, mit denen sie deine und somit auch ihre Kunden genau unter die Lupe nehmen. Große Zahlungsdienstleister führen beispielsweise standardmäßig eine Bonitätsprüfung durch.

Kommt es zu Schwierigkeiten, ist dies die Angelegenheit des Dienstleisters. Das Risiko für Zahlungsausfälle liegt also nicht bei dir, sondern bei dem von dir beauftragten Zahlungsdienstleister.

Lege ein Limit für Neukunden fest

Wenn du dich vor Betrug schützen möchtest, solltest du für Neukunden ein Limit festlegen. Betrüger sind oftmals schon bei verschiedenen Onlinehändlern bekannt und weichen deshalb auf andere Shops aus. Bevor du teure Waren auf Rechnung an unbekannte Kunden verschickst, sollte Vertrauen aufgebaut werden.

Führe deshalb ein Einkaufswert-Limit für Neukunden ein. Du kannst zudem festlegen, dass ein Kauf auf Rechnung beispielsweise erst bei positiver Zahlungserfahrung mit einem Kunden angeboten wird. Ebenso wichtig ist der Umgang mit abweichenden Zahlungs- und Lieferadressen: Diese solltest du nur für „bekannte“ Kunden deines Handels anbieten.

Fazit: Balanceakt zwischen Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit

Wer einen Online-Shop betreibt, sollte sich im Klaren darüber sein, wie verbreitet Betrug im E-Commerce ist. Fast jeder Onlinehändler ist bereits Opfer von Identitätsbetrug, Eingehungsbetrug und Co. geworden.

Höchste Zeit, dass du dich mit effektiven Maßnahmen davor schützt. Eine Bonitäts- und Adressenprüfung sind wirksam und erschweren es Betrügern, mit ihrer Masche durchzukommen. Nutze Scoring, um auffällige Bestellmuster frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können. Ein Limit für Neukunden und die Zusammenarbeit mit einem Zahlungsdienstleister tragen ebenfalls dazu bei, es Betrügern so schwer wie möglich zu machen.

Bei allen Strategien, die dich vor Betrug schützen, musst du immer zwischen deiner eigenen Sicherheit und der Nutzerfreundlichkeit abwägen. Werden auch ehrliche Kunden von deinen Systemen beeinflusst, kann das schnell zu Umsatzeinbußen führen. Versuche, einen guten Mittelweg zu finden, um Betrüger abzuwehren und echte Kunden zufriedenzustellen.

Quellen:

FAQ

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