Das Eisbergmodell: So verbesserst du mit ihm die Teamkommunikation

Von Thomas Sesli, geprüft durch Juliane Becker (zertifiziert von Google)
Aktualisiert am 31.01.2025 | Lesezeit ca. Min.

Wie bei einem Eisberg, der im Meer treibt, ist es auch bei der Kommunikation in einem Team: Der sichtbare bzw. ausgesprochene Teil ist lediglich die Spitze des Ganzen.

Zwar ist ein berufliches Miteinander ganz ohne Konflikte kaum realisierbar. Mithilfe des Eisbergmodells kannst du jedoch verborgene Ebenen der Kommunikation identifizieren, Missverständnisse vermeiden und ein besseres Verständnis für deine Teammitglieder entwickeln. So findest du heraus, welche Faktoren die Kommunikation unbewusst beeinflussen und wie du mit diesem Wissen die Zusammenarbeit im Team optimieren kannst.

In diesem Artikel werden wir folgende Aspekte beleuchten:

  • Informationen zum Ursprung des Eisbergmodells (Freud, Zimbardo/Ruch, Watzlawick)
  • Die Anwendung des Eisbergmodells in der Kommunikation
  • Den Einfluss von verbaler und nonverbaler Kommunikation auf das Verständnis in zwischenmenschlichen Beziehungen

Bist du bereit, dich auf eine Entdeckungsreise unter die Oberfläche der Kommunikation zu begeben? Dann lies weiter und erfahre, wie das Eisbergmodell dazu beitragen kann, deine Teamkommunikation nachhaltig zu verbessern.

Das Eisbergmodell: Grundlagen und Ursprung

Das Eisbergmodell beruht auf Sigmund Freuds Persönlichkeitstheorie. Obwohl der Psychoanalytiker selbst nie die Metapher des Eisbergs verwendete, hat sie sich dank Schriften von Floyd L. Ruch und Philip Zimbardo sowie von Paul Watzlawick als Darstellungsform für seine Theorie etabliert.

Freuds Persönlichkeitstheorie als Basis des Eisbergmodells

Freud fokussierte sich vor allem auf den unbewussten Teil der menschlichen Psyche und ihren Einfluss auf unsere täglichen Handlungen. Seine Theorie gliedert sich in die folgenden Ebenen des Bewusstseins:

  • Das Bewusste: Dies ist der Teil des Geistes, der direkt zugänglich ist. Hier befinden sich unsere Gedanken, Wahrnehmungen und alles, was wir aktiv erleben. Es entspricht dem sichtbaren Teil des Eisbergs über der Wasseroberfläche, quasi der Eisbergspitze.
  • Das Vorbewusste: Diese Ebene enthält Informationen, die nicht direkt im Bewusstsein sind, aber leicht ins Bewusstsein geholt werden können (z. B. Erinnerungen oder gelernte Inhalte). Es ist vergleichbar mit der Wasserlinie des Eisbergs – manchmal sichtbar, manchmal nicht.
  • Das Unbewusste: Darunter befindet sich der größte, tieferliegende Teil, der dem direkten Zugriff entzogen ist. Hier liegen verdrängte Wünsche, Ängste, Traumata und unbewusste Triebe. Freud sah das Unbewusste als den stärksten Einflussfaktor für unser Verhalten. Es entspricht dem unsichtbaren Teil des Eisbergs unter der Wasseroberfläche.

Diese drei Ebenen bilden die Grundlage für Freuds Strukturmodell der Psyche, das später um das Es, Über-Ich und Ich ergänzt wurde.

  • Das Es ist der älteste Teil der Psyche und von Geburt an vorhanden. Es umfasst unsere Triebe, Instinkte und unbewussten Wünsche (z. B. Sexualtrieb, Aggression). Es handelt nach dem Lustprinzip: Es strebt nach sofortiger Befriedigung der Bedürfnisse – ohne Rücksicht auf Moral oder Realität.
  • Das Über-Ich entwickelt sich in der Kindheit durch Erziehung, Gesellschaft und Normen. Es repräsentiert moralische Werte, Gewissen und Ideale. Es handelt nach dem Moralprinzip: Es bewertet unser Verhalten und erzeugt Schuldgefühle, wenn wir gegen Regeln verstoßen.
  • Das Ich entwickelt sich als Vermittler zwischen den Forderungen des Es, den Regeln des Über-Ichs und der Realität. Es handelt nach dem Realitätsprinzip: Es versucht, Wünsche des Es auf sozial akzeptable Weise zu erfüllen.

Konflikte zwischen den Instanzen sind hier vorprogrammiert: Das Es drängt auf die sofortige Befriedigung von Trieben und Wünschen, während das Über-Ich moralische und gesellschaftliche Regeln durchsetzt. Das Ich gerät dadurch in Konflikte und nutzt Abwehrmechanismen, um diese Spannungen zu reduzieren:

  • Ein Beispiel ist die Verdrängung, bei der unerwünschte Gedanken oder Erinnerungen ins Unbewusste geschoben werden, um Angst oder Schuldgefühle zu vermeiden.
  • Bei der Projektion werden eigene unangenehme Gefühle auf andere übertragen, z. B. wenn jemand seine eigenen Aggressionen anderen unterstellt.
  • Rationalisierung hilft, belastende Erlebnisse durch scheinbar logische Erklärungen zu entschärfen, während bei der Reaktionsbildung ein Mensch das Gegenteil seiner eigentlichen Gefühle zeigt, etwa übertrieben nett zu einer Person ist, die er eigentlich nicht mag.

Diese Mechanismen ermöglichen es dem Ich, das innere Gleichgewicht zwischen Trieben und moralischen Ansprüchen zu wahren, können aber bei übermäßiger Nutzung zu psychischen Problemen führen.

Du bist eher ein visueller Lerner? Dieses Video erklärt dir Freuds Modell ebenfalls:

Sachebene und Beziehungsebene

Das Eisbergmodell stellt ein bedeutendes Kommunikationsmodell dar, das zentrale zwischenmenschliche Aspekte in der Kommunikation berücksichtigt. Hierbei werden zwei Ebenen unterschieden: die Sachebene und die Beziehungsebene.

Während die Sachebene den sichtbaren und bewussten Teil des Eisbergs und der Kommunikation umfasst – bestehend aus Fakten, Argumenten und Informationen – bildet die Beziehungsebene den unsichtbaren und unbewussten Teil des Eisbergs. Sie dient als Grundlage für Emotionen, Stimmungen und Selbstoffenbarung.

Das Eisbergmodell: Infografik
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Entwicklung und Anwendungsbereiche

Im Laufe der Zeit wurde das Eisbergmodell für unterschiedliche Anwendungsbereiche adaptiert, um das Verständnis menschlicher Kommunikation im Alltag und im Berufsleben zu fördern. Das Modell kann dabei helfen, Kommunikationsprobleme auf sachlicher und emotionaler Ebene zu identifizieren und lösungsorientiert anzugehen.

Durch die Anwendung kannst du Einsichten in interpersonale Prozesse und persönliche Verhaltensmuster gewinnen, was zu einem besseren Verständnis für dich selbst und andere führt.

Die Rolle des Eisbergmodells in der Kommunikation

In der Kommunikation entfällt ein Großteil – etwa 80 Prozent – auf die nonverbale Kommunikation, wohingegen ein viel kleinerer Anteil (nur etwa 20 Prozent) der Kommunikation – die Eisbergspitze sozusagen – die verbale Kommunikation umfasst.

Nonverbale Kommunikation

Nonverbale Kommunikation umfasst sämtliche Elemente, die nicht explizit durch Worte ausgedrückt werden, sondern beispielsweise durch Mimik, Gestik oder Blickkontakt.

  • Mimik: Gesichtsausdrücke reflektieren Emotionen und Stimmungen und beeinflussen, wie eine Aussage verstanden wird.
  • Gestik: Handbewegungen und die Körperhaltung können entweder die verbale Kommunikation untermauern oder ihr widersprechen, was in manchen Fällen zu Fehlinterpretationen führen kann.
  • Blickkontakt: Sowohl die Intensität als auch die Dauer des Augenkontakts vermitteln Informationen wie Selbstbewusstsein, Interesse und Offenheit.

Die nonverbalen Aspekte der Kommunikation sind für das Verständnis zwischenmenschlicher Beziehungen besonders wichtig, da sie maßgeblich Einfluss auf die emotionale Ebene und das entstehende Vertrauen zwischen Gesprächspartnern nehmen. Das zeigt auch dieser Videobeitrag:

Lies mehr zum Thema in unserem ausführlichen Artikel Nonverbale Kommunikation: Definition und Beispiele, die deine Kommunikationsfähigkeiten verbessern.

Verbale und paraverbale Kommunikation

Die verbale Kommunikation konzentriert sich auf die inhaltliche Ebene und umfasst gesprochene oder geschriebene Worte sowie deren Bedeutung im jeweiligen Kontext. Du liest hier mehr dazu: Verbale Kommunikation: Definition und praxisnahe Beispiele für eine souveräne Gesprächsführung.

Da jedoch nicht nur die verbale Botschaft selbst, sondern auch die Art und Weise, wie etwas gesagt wird, von großer Bedeutung ist, kommt auch die paraverbale Kommunikation zum Tragen. Hiermit sind beispielsweise Tonfall, Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit und Sprachmelodie gemeint. Ins Detail gehen wir hier: Paraverbale Kommunikation: Die Bedeutung einer bewussten Stimmführung und Sprechweise im beruflichen Alltag.

Wir haben dir eine Tabelle zu den Unterschieden zwischen verbaler, nonverbaler und paraverbaler Kommunikation erstellt:

Verbale Kommunikation Nonverbale Kommunikation Paraverbale Kommunikation
Definition Die Kommunikation über Worte und Sprache Kommunikation ohne Worte (Gestik, Mimik, Körpersprache) Art und Weise, wie etwas gesagt wird (Tonfall, Lautstärke, Betonung)
Bestandteile Gesprochene oder geschriebene Worte, Wortwahl, Satzbau Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Gesten, Blickkontakt Stimmlage, Sprachtempo, Betonung, Pausen
Funktion Vermittlung von Inhalten, Gedanken und Informationen Ausdruck von Emotionen, Stimmungen und Absichten Verstärkung oder Veränderung der verbalen Botschaft
Bewusstheit Meist bewusst gesteuert Oft unbewusst oder intuitiv Teilweise unbewusst, aber beeinflussbar
Beispiel "Ich bin nicht wütend." (gesagt) Verschränkte Arme, finsterer Blick Laut und scharf gesagt vs. leise und zögerlich gesagt
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Lesetipp

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass auch die Distanz zu deinem Gesprächspartner Auswirkungen auf die Kommunikation hat? Tiefergehende Ausführungen findest du hier: Distanzzonen: Wie du sie nutzt, um deine nonverbale Kommunikation zu verbessern

Beispiele und Anwendungen des Eisbergmodells

Anwendung im Privatleben

Ein Beispiel für die Anwendung des Eisbergmodells im Privatleben zeigt sich in folgendem Szenario:

Zwei Freunde besuchen gemeinsam einen Pilateskurs. Person A hatte am Vorabend Streit mit ihrem Partner, was ihre Stimmung trübt. Person B holt Person A mit dem Auto ab und trifft zehn Minuten später ein als vereinbart. Als Person B anbietet, noch schnell ein Wasser zu kaufen, antwortet Person A mit finsterer Miene: "Nein".

Hier sind einige Faktoren, die die Kommunikation beeinflussen:

  • Die negativen Emotionen und Gefühle von Person A aufgrund des Streits
  • Die unglückliche Interpretation des Angebots von Person B, ein Wasser zu besorgen
  • Die nonverbale Kommunikation von Person A, die ihre missmutige Stimmung ausdrückt
  • Das Verständnis beider Kommunikationspartner ist entscheidend für den Erfolg dieses Gesprächs

Aktives Zuhören und der offene Umgang mit Gefühlen kann zu einer erfolgreichen Kommunikation beitragen. Eine verständnisvolle Haltung baut Vertrauen auf und hilft, Konflikte auf der Beziehungsebene zu lösen.

Anwendung im Berufsleben

Betrachten wir ein weiteres Beispiel aus dem Berufsumfeld:

Kollegen fordern das neueste Teammitglied auf, der Abteilungsleitung die Team-Ergebnisse zu präsentieren. Die betroffene Person empfindet sich als Sündenbock, obwohl die Kollegen nur eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung bieten wollten.

Hier einige Faktoren, die das Gespräch beeinflussen:

  • Die Kommunikationspartner wollen tatsächlich eine Chance zur Weiterentwicklung bieten, drücken das aber nicht klar aus.
  • Missverständnisse in der verbalen Kommunikation
  • Die Angst vor möglichen Konsequenzen oder Fehlinterpretationen
  • Nonverbale Kommunikation, die zu falschen Eindrücken führt

Für den Erfolg der Kommunikation im Unternehmen ist es wichtig, dass die Mitarbeiter einander verstehen. Lösungsansätze für Konflikte auf der Sachebene sind aktives Zuhören und sachliche Gespräche, bei denen Fakten und Kerninformationen im Vordergrund stehen. Um Konflikte auf der Beziehungsebene zu deeskalieren, ist der Aufbau einer Vertrauensbasis und die gegenseitige Wertschätzung als Basis der Unternehmenskultur unerlässlich.

Eisbergmodell: 4 Tipps für erfolgreiche Kommunikation
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Das Eisbergmodell in der Teamarbeit

Das Eisbergmodell ist ein grundlegendes Instrument, das für eine effektive Kommunikation in der Teamarbeit unerlässlich ist. Es trägt dazu bei, zwischenmenschliche Beziehungen besser zu verstehen und das eigene Kommunikationsverhalten kontinuierlich zu verbessern.

Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team

  • Schenke den Beiträgen deiner Teammitglieder volle Aufmerksamkeit und reges Feedback (z. B. bei regelmäßig stattfindenden Meetings).
  • Achte auf ein angemessenes Timing und den unterstützenden Einsatz von Körpersprache (z. B. keine Kommunikation über den Schreibtisch hinweg).
  • Drücke dich klar und präzise aus und wähle dabei vorzugsweise den Kommunikationskanal, der deinem Gesprächspartner am meisten zusagt.
  • Lege klare Verhaltensregeln für Kommunikationsprozesse fest (etwa wann, wie, und wo kommuniziert werden soll).

Wenn diese Tipps konsequent angewendet werden, verbessert sich das gesamte Kommunikationsklima im Team und begünstigt den Erfolg der gemeinsamen Arbeit.

Mitarbeitergespräche und Feedback-Kultur

Mitarbeitergespräche nehmen eine zentrale Stellung in der Teamarbeit ein. Sie fördern offene Kommunikation und ermöglichen es, Probleme oder Unstimmigkeiten rechtzeitig zu identifizieren und anzugehen. In diesem Zusammenhang sollten auch verbale wie nonverbale Signale des Kommunikationspartners aufmerksam beobachtet werden.

Eine funktionierende Feedback-Kultur fördert nicht nur die Zusammenarbeit innerhalb des Teams, sondern auch die Entwicklung jedes einzelnen Mitglieds. Emotionen und Stimmungen werden berücksichtigt, wodurch mögliche Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden können.

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Lesetipp

Lies mehr zu verschiedenen Kommunikationsmodellen – unter anderem zu denen von Paul Watzlawick, Friedemann Schulz von Thun sowie Claude E. Shannon und Warren Weaver – hier: Kommunikationsmodelle: Beispiele, Übersicht und Vergleich

Fazit: Teamkommunikation meistern mit dem Eisbergmodell

In diesem Artikel wurden sowohl die theoretischen Grundlagen des Eisbergmodells beleuchtet als auch praxisnahe Beispiele erläutert. Sigmund Freuds Persönlichkeitstheorie zeigt auf, wie vielschichtig menschliche Interaktionen auf der Sachebene und auf der Beziehungsebene gestaltet sind.

Folgende Erkenntnisse stehen im Fokus:

  • Nonverbale Kommunikation: Der Einfluss von Mimik, Gestik und Körpersprache auf die Wahrnehmung von Emotionen und Stimmungen sowie auf den Aufbau einer echten Verbindung darf nicht unterschätzt werden.
  • Anwendung im Beruf und Privatleben: Mithilfe des Eisbergmodells können Kommunikationsprobleme erkannt und zielführende Lösungsmöglichkeiten in verschiedenen Kontexten entwickelt werden.
  • Optimierung von Teamarbeit: Aktives Zuhören, konstruktives Feedback und eine empathische Haltung fördern das Vertrauen und die Zusammenarbeit innerhalb eines Teams.

Eigne dir ein tiefergehendes Verständnis menschlicher Kommunikation an, um dein Verständnis für dich selbst und andere zu vertiefen und dadurch mehr aus den zwischenmenschlichen Beziehungen in deiner beruflichen und privaten Umgebung herauszuholen.

FAQ

Nachfolgend sind einige Antworten auf häufig vorkommende Fragen zusammengestellt.

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