Marketingethik: Anleitung für ethisches Verhalten in Vertrieb & Marketing für 2024

Von Peter Harris
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Eine diverse Unternehmenskultur und der moralische Kompass rücken immer mehr in den Fokus, sind essenziell für ein erfolgreiches Unternehmen. Ethische Verhaltensweisen sind mehr als nur Vorbeugungsmaßnahmen für unethisches Verhalten; Verkaufsethik kann dein gesamtes Unternehmen auf die nächste Stufe heben.

Untersuchungen haben ergeben, dass eine stärkere Beachtung ethischer Grundsätze auch zu einem höheren Engagement der Mitarbeiter, einer gesteigerten betrieblichen Effizienz und einer besseren finanziellen Leistung führen. Um diesen Prozess zu verstehen und zu durchlaufen, gilt es jedoch einiges zu beachten: Was versteht man unter Verkaufsethik, wie baut man ethische Praktiken auf und welche Vorteile ergeben sich daraus?

Was ist Verkaufsethik?

Verkaufsethik bezieht sich auf eine Reihe von Verhaltensweisen, die sicherstellen, dass jedem Interessenten und Kunden Respekt, Fairness, Ehrlichkeit und Integrität entgegengebracht wird. Für handelnde Verkäufer oder Vermarkter sollte der potenzielle Kunde immer an erster Stelle stehen. Es ist nicht zielführend, dem Kunden die eigene Agenda aufzuzwingen; es gilt, ihn mit all seinen Entscheidungen und Meinungen zu respektieren.

Ethisches Verhalten sorgt für eine langfristige Kundenbindung, welche sich in Form von Loyalität und Vertrauen seitens des Kundens widerspiegelt. Es ist nicht selten das Bindeglied zwischen initialem Interesse und tatsächlichem Kaufabschluss. Mit einem ethischen Ansatz im Vertrieb gibst du ein klares Statement ab: Du verkaufst nur an Kunden, die dein Produkt wirklich wollen.

Ethisches Verhalten im Verkauf

Ehrlichkeit gegenüber dem Kunden ist das höchste Gebot. Beispielsweise bittet der Kunde in einem Verkaufsgespräch um mehr Informationen über die Besonderheiten deines Produkts, einschließlich der Funktionen, Möglichkeiten und Preisoptionen. Um den Verkauf abzuschließen, ist man vielleicht versucht, das zu sagen, was der Kunde hören möchte, auch wenn es nicht ganz der Wahrheit entspricht. Ergebnisse, die andere Kunden mit dem Produkt erzielt haben, werden überspitzt dargestellt, übertrieben oder komplett ausgedacht. Das führt im ersten Moment vielleicht zu einem Verkauf, hat aber langfristig negative Auswirkungen.

Sobald ein Kunde das Produkt verwendet, wird er nicht nur feststellen, dass du unehrlich warst; er wird, bewusst oder unbewusst, das Vertrauen in das gesamte Unternehmen verlieren. Viele Kunden arbeiten nach nur einer negativen Erfahrung nie wieder mit einem Unternehmen zusammen. Die Folgen enden nicht nur mit einem verlorenen Kunden. Ein Report von Zendesk aus dem Jahr 2020 ergab, dass bereits eine einzige schlechte Erfahrung mit einem Unternehmen etwa die Hälfte aller Verbraucher weltweit zur Konkurrenz überlaufen lässt. Anstatt einen zufriedenen Kunden zu gewinnen, verlierst du einen Kunden, der seine negativen Erfahrungen auch noch weiterträgt.

Ethisches Verhalten im Vertrieb: Der Umgang mit der Konkurrenz

Fairer Wettbewerb treibt unsere Wirtschaft an. Einen Konkurrenten jedoch per se als schlechter gegenüber dem Kunden dastehen zu lassen, ist kein ordentliches Geschäftsgebaren, vielmehr wirft es ein schlechtes Licht auf die eigene Reputation.

Nutze stattdessen die Gelegenheit, dein Wissen über die verfügbaren Optionen darzulegen und zu zeigen, warum dein Produkt sich von anderen abhebt, bessere Ergebnisse bringt und besser auf die Bedürfnisse des Interessenten zugeschnitten ist. Überzeuge deinen Kunden mit Einzigartigkeit und einer außergewöhnlichen Kauferfahrung in Form von Onboardings, Produktdokumentationen oder Walkthroughs. Einfach ausgedrückt: Dein Produkt ist etwas Besonderes, weil es gut ist. Nicht, weil deine Konkurrenten schlecht sind.

Eine ethische Kultur im Unternehmen aufbauen

Um ein Unternehmen auf ethische Weise zu führen, muss eine ethische Kultur in allen Bereichen des Unternehmens aufgebaut werden. Dies ist nicht immer einfach und muss bewusst erfolgen. In jedem Unternehmen müssen Ziele und Zahlen erreicht werden. Jedoch hat die Art und Weise, wie man diese Ziele erreicht, einen großen Einfluss auf das gesamte Unternehmen.

Verfolgt man bei der Festlegung von Zielen den SMART-Ansatz, das heißt Ziele, die spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitlich begrenzt sind, sind sie für Mitarbeiter greifbar und motivierend, während eine ehrgeizige Zielsetzung ohne soliden und greifbaren Plan schnell zu Misserfolg führen kann. Dass motivierte Mitarbeiter mehr leisten, ist kein Geheimnis.

Um Prozesse optimal und gewinnmaximierend zu gestalten, solltest du deinen Mitarbeitern jederzeit die Möglichkeit und den Raum geben, Gedanken, Feedback und Kritik zu äußern. Dies kann in persönlichen Gesprächen, durch schriftliches Feedback, regelmäßige Umfragen und auf jede andere Art und Weise geschehen, die Mitarbeitern eine Stimme verleiht und ihnen die Wertschätzung entgegenbringt, die sie verdienen.

icon

Zufriedene Mitarbeiter durch eine positive Fehlerkultur

Mitarbeiter bringen nur dann Höchstleistungen, wenn Fehltritte nicht unverzeihlich sind. Lies mehr dazu in unserem Artikel So implementierst du in deinem Unternehmen eine positive Fehlerkultur

Um ethisches Verhalten zum Standard für dein Verkaufsteam zu machen, ist es vorteilhaft, diesen Umstand bereits im Bewerbungsprozess mitzudenken. Dabei gilt es, die folgenden Faktoren zu evaluieren:

  • Ehrlichkeit: Wie würden die Bewerber mit einer "Grauzone" umgehen? Würden sie versuchen, mit einer Notlüge davonzukommen und die Zahlen selbst bei einem kleinen Geschäft zu manipulieren?
  • Hilfsbereitschaft: Wie würden sie einem potenziellen Kunden oder einem Kunden, der ein bestimmtes Problem hat, helfen?
  • Höflichkeit: Wie sind ihre Umgangsformen? Wie behandeln sie die Menschen, mit denen sie zu tun haben?
  • Bescheidenheit: Können sie ihr Ego vor der Tür lassen? Wie sprechen sie über ihre Leistungen, insbesondere, wenn sie über Gruppenleistungen sprechen?
  • Fürsorglichkeit: Zeigen sie Einfühlungsvermögen? Wie sprechen sie über Themen, die ihnen am Herzen liegen?
  • Widerstandsfähigkeit: Wie gehen sie mit Stress und Ablehnung um?

Ethisches Verhalten im Vertrieb: Einen Leitfaden für das Unternehmen und die Mitarbeiter festlegen

Jedes Unternehmen muss für sich selbst festlegen, was ethisches Verhalten bedeutet. Wenn du einen Verhaltenskodex für ethisches Verkaufen entwickelst, hast du einen konkreten Leitfaden, auf den sich deine Mitarbeiter jederzeit berufen können.

Ein gut ausformulierter Leitfaden lässt keinen Raum für Unklarheiten und erleichtert die Entscheidungsfindung während des Verkaufsprozesses. Dieser ethische Kodex kann Folgendes enthalten:

  • Unternehmenswerte
  • Gut durchdachte und angemessene Schritte bei der Akquise und Ansprache von potenziellen Kunden
  • Leitlinien für den Umgang mit Kundenbeschwerden und Konflikten
  • Unerwünschte und inakzeptable Praktiken bei der Akquise, Kontaktaufnahme, Verhandlung und mehr

Um ein anschauliches Bild der von dir angestrebten ethischen Kultur zu zeichnen, ist die Verwendung von realen und/oder fiktiven Beispielen sehr hilfreich. Dieser Kodex soll sich immer dynamisch weiterentwickeln und Raum für Verbesserungen zulassen. Um als zentraler Bestandteil der täglichen Arbeit eines Vertriebsteams stattzufinden, sollte dieser Leitfaden auch jedem Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

Praktische Anwendung in der Kundenakquise

Skripte für Kaltakquise und Vorlagen für Kaltakquise-E-Mails sind eine weitere Möglichkeit, den Vertrieb eines Unternehmens zu verbessern. Insbesondere, wenn diese zusammen mit dem Vertriebsteam geplant und entwickelt werden.

Der Zweck von diesen Skripten besteht allerdings nicht darin, sie blindlings zu befolgen. Vielmehr sind sie eine Orientierungshilfe, um dem Mitarbeiter einen Ausgangspunkt und einen Rahmen zu schaffen, den er an seine eigene Persönlichkeit anpassen kann. Somit liegt der Fokus auf dem Gespräch, ohne dass sich im Vorhinein schon Gedanken über dessen Ergebnis gemacht werden müssen. Kaltakquise-E-Mails haben dabei noch einen weiteren Vorteil: Sie helfen, die Vertriebsbemühungen des Teams zu skalieren.

Es ist deutlich realistischer, an einem Tag 100 E-Mails zu versenden, als 100 Anrufe zu tätigen. Bei einer vorher abgestimmten und auf die vereinbarten ethischen Werte angepassten E-Mail-Vorlage können Mitarbeiter sicherstellen, dass sie in ihrer Kommunikation auf Grundlage ihrer ethischen Standards handeln.

Überprüfung und Aktualität des Verhaltenskodex

Regelmäßige Schulungen mit dem Vertriebsteam helfen dabei, zu erkennen, ob dein Ansatz für ethisches Verkaufen funktioniert. Nutze wiederkehrende Termine, um mit deinem Team die jüngsten Szenarien und Situationen durchzusprechen, die in den Gesprächen mit potenziellen Kunden zur Sprache kamen.

Um die Aktualität und Bewährtheit deines Ethik-Kodex zu überprüfen, sollten folgende Fragen beantwortet werden können:

  • Ist mein Verhaltenskodex für ethisches Verkaufen klar und eindeutig?
  • Gibt es Szenarien für Verkaufsgespräche, die wir noch nicht angesprochen und behandelt haben?
  • Funktionieren die Skripte und Vorlagen noch?
  • Gibt es eine laufende ethische Herausforderung, die wir lösen müssen?
  • Ist es für die Vertriebsmitarbeiter einfach, Probleme mit den aktuellen Verkaufsquoten mitzuteilen?

Ethisches Verhalten im Vertrieb: Die Vorteile für dein Unternehmen

Zusammenfassend eröffnen sich ethisch korrekt handelnden Unternehmen folgende Vorteile, die unter anderem eine Studie des “Journal of Business Ethics” zutage förderte:

  1. Bindung an die Marke: Kunden haben eine stärkere emotionale Bindung an die Marken, die sie als "ethischer" ansehen, als an andere, schließt die “Brands in Motion 2021” Studie der Kommunikationsagentur WE Communications. Außerdem reagieren sie im Vergleich zur Konkurrenz weniger empfindlich auf Preisunterschiede. Kunden mit einer hohen Markenbindung neigen auch eher dazu, die Schuld für Dienstleistungsmängel auf externe Faktoren oder sogar auf sich selbst zu schieben und verzeihen daher eher schlechte Markenleistungen.
  2. Vom Kunden wahrgenommene Qualität: Ein Unternehmen, das ethisches Verhalten an den Tag legt, vermittelt den Kunden Vertrauen und fördert damit die Wahrnehmung gegenüber der Qualität der vom Unternehmen erbrachten Dienstleistungen. Zudem empfinden sie die Servicequalität der Marke im Vergleich zu ihren Konkurrenten als besser.
  3. Einfühlungsvermögen und Zufriedenheit: Kunden schätzen es, wenn sie von den Mitarbeitern eines Unternehmens zuvorkommend behandelt werden. Marken, deren Mitarbeiter Empathie zeigen, rufen bei den Kunden mehr positive Emotionen hervor, was die Zufriedenheit in der Beziehung und der Bindung an die Marke erhöht, schließt eine Studie der Harvard Business Review. Empathische Mitarbeiter zeigen ein gesondertes Verständnis für Kundenbedürfnisse und verstehen es, ihre Dienstleistungen für jeden Kunden individuell zu gestalten.
  4. Kundentreue: Im Vergleich zu ihren Konkurrenten profitieren ethische Marken von einem höheren Maß an Loyalität und einem starken Engagement der Kunden, die gewillt sind, Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens wieder zu kaufen, so die Ergebnisse einer Studie der Customer-Engagement-Plattform Emarsys. Eine emotionale Bindung gegenüber einem Unternehmen fördert die Kundenbindung und -treue und verhindert die Suche nach Alternativen unter konkurrierenden Marken.
  5. Positive Mundpropaganda: Ethisches Verhalten einer Marke fördert Loyalität. Eine stärkere Loyalität führt zu positiven Gesprächen über jene Marke. Wenn Kunden einer Marke gegenüber loyal sind, ist es wahrscheinlicher, dass sie ihre positiven Gefühle mit anderen teilen und somit Marketing für das Unternehmen und seine Produkte und Dienstleistungen betreiben, stellt die Marketingexpertin und Beraterin Anne M. Schüller fest.

Im Wandel der letzten Jahre haben sich Ansprüche verändert. Es reicht nicht mehr, nur noch ein gutes Produkt zu verkaufen. Die Herstellung, Mitarbeiterbedingungen und viele andere Faktoren nehmen Einfluss auf eine Kaufentscheidung. Fehlverhalten wird schneller aufgedeckt und kann einer Marke langfristigen Schaden zufügen.

Als Unternehmen für Werte einzustehen und sie nach außen zu tragen, ist schon lange keine “Trendbewegung” mehr. Es ist unabdingbar, um auf lange Sicht erfolgreich zu sein.

FAQ

Weitere Artikel