Humor im Social-Media-Marketing: So bringst du deine Follower zum Lachen

Von Felix Beilharz
Aktualisiert am 12.03.2024 | Lesezeit ca. Min.

„Niemand ist auf Facebook, um deine Werbung zu sehen“. Dieses Zitat von Nic Lecloux, Gründer von true fruits smoothies, auf einer meiner hashtag.business-Konferenzen vor einigen Jahren bringt es auf den Punkt. Nur haben die meisten Unternehmen das immer noch nicht verstanden.

Wenn sich jemand bei Facebook, Instagram oder TikTok einloggt und anfängt, durch den Feed zu scrollen, ist die Person nur äußerst selten in der Stimmung für platte Werbung. Aber auch sind Unternehmensnews insgesamt nicht das, wonach ihm gerade der Sinn steht. Stattdessen? Vermutlich will sich die Person ablenken, Zeit vertreiben. Oder schauen, was die Freunde so machen und was es generell so Neues gibt. Die Person freut sich über inspirierende, unterhaltsame, nützliche oder einfach schöne Inhalte, die ihr für ein paar Sekunden ein gutes Gefühl geben, bevor der Scrollfinger weiterwischt.

Keine guten Voraussetzungen, um deine neue Maschine vorzustellen, von deiner Firmenfeier zu erzählen oder über dein neues Angebot zu berichten. Du gehst im Newsfeed einfach unter – die Algorithmen verstehen sehr gut, dass dein Content wohl eher wenige Menschen interessieren wird.

Doch natürlich gibt es Lösungen. Um genau zu sein: zwei.

  • Die eine ist: Du nimmst Geld in die Hand und bezahlst für die Reichweite.
  • Und die andere ist: Du schaffst Inhalte, die die Menschen sehen wollen.

Dafür gibt es eine ganze Reihe von Methoden und Maßnahmen. Eine ganz besonders wirkungsvolle ist dabei Humor. Humor könnte auch als die ultimative Trumpfkarte im Social-Media-Marketing gelten. Und eignet sich nicht nur für Smoothies und andere Love Brands, sondern tatsächlich für jedes Unternehmen.

Warum Humor im Social-Media-Marketing einsetzen?

Humor ist einer der wirkungsvollsten Trigger im Social-Media-Marketing, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens erfüllt er genau das Bedürfnis der Menschen nach Ablenkung, nach einem kurzen Lächeln im tristen Alltag, einer kurzen Verschnaufpause. Das sind die Inhalte, die geklickt werden, die die Likes bekommen und die man sogar weiter teilt. Die also die organische Reichweite bringen, die Unternehmen so verzweifelt suchen.

Tatsächlich sind lustige Inhalte einer der Hauptgründe, warum Menschen Unternehmen im Social Web folgen. In einer Studie von Boston Digital von 2020 antworteten 21,3 Prozent der Menschen auf die Frage, warum sie Unternehmen oder Marken im Social Web abonnieren, mit „Lustige oder interessante Inhalte“, nur geschlagen von „Nützliche Informationen zu meinem Interessengebiet“ (26,34 Prozent) und „Produktinformationen“ (25,63 Prozent).

Gleichzeitig schafft Humor ideale Voraussetzungen für den Aufbau und die Stärkung der Marke. Ein guter Joke bringt nicht nur Reichweite, sondern lädt die Marke mit Sympathie auf, macht sie nahbar und „menschlich“. Es gibt kaum eine bessere Voraussetzung für eine gute Kundenbeziehung, als den Kunden zum Lachen zu bringen.

„Wer nicht lächeln kann, soll kein Geschäft eröffnen“, sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Hier könnte man sagen: „Wer die Kunden nicht zum Lächeln bringen kann, sollte ebenfalls keins eröffnen“

Humor verhilft aber nicht nur zu mehr Reichweite und stärkt die Marke, sondern kann auch konkret die Conversions steigern. Ich habe das mit vielen Cases selbst und mit Kunden getestet, sowohl organisch als auch paid. Hier ein Beispiel, um zu zeigen, wie einfach es manchmal ist:

Für einen Test habe ich einen organischen Facebook-Post mit der Facebook-eigenen A/B-Test-Funktion erstellt. Inhaltlich war es ein Post zur Promotion meines Buches als Gratis-Angebot. Das Ziel lag demnach in der Generierung einer Conversion, genauer gesagt: eines Leads. Die Kunden bezahlen eine Versandpauschale, erhalten das Buch aber gratis. Es handelt sich also nicht um einen reinen Spaß-Post, sondern um ein hart messbares Ziel.

Beide Testvarianten enthalten das gleiche Bild und den gleichen Text, mit einem Unterschied: Version A begann mit einem kleinen Witz („Warum fahren Social-Media-Manager keine Elektroautos? Zu wenig Reichweite …“), während Version B nur die Vorteile des Buches beschreibt. Der Test lief über eine bestimmte Anzahl von Stunden und wurde von Facebook erfolgreich beendet.

Das Ergebnis war eindeutig. Die Version mit Humor erzielte nicht nur die doppelte organische Reichweite, sondern auch fast zehnmal so viel Reaktionen, mehr Kommentare und vor allem mehr als doppelt so viele Link-Klicks – die Metrik, die im Test als Messvariable eingestellt war.

Humor Social Media Screenshot

Dieser Test war nur ein Ad-hoc-Experiment. Das Ergebnis zeigt sich aber auch in ausführlicheren Tests, sowohl organisch als auch paid – Humor schlägt trockene Information nicht nur in der Anzahl der Likes und in netten Kommentaren, sondern auch in harten Conversions. Und das in den unterschiedlichsten Branchen, auch im B2B. Vielleicht sogar gerade dort, weil die wenigsten Unternehmen sich „so etwas“ trauen und der Effekt dadurch umso größer ausfällt.

Natürlich geht es nicht darum, plumpe Witze zu posten. Humor kann auf viele unterschiedliche Arten eingesetzt werden. Genau darum geht es im Folgenden.

Welche Arten von Humor können im Social-Media-Marketing eingesetzt werden?

Humor kann auf ganz unterschiedliche Arten eingesetzt werden. Alle Formen zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen. Ich beschränke mich daher auf drei relativ leicht umzusetzende Formate, die in allen Branchen verwendet werden können.

Wortspiele

Wortspiele eignen sich hervorragend für viele Unternehmen. Dabei kann zum Beispiel einfach ein bekanntes Sprichwort oder eine gängige Floskel umgewandelt und auf die Marke angepasst werden. Zusammen mit einem passenden Bild lassen sich so ganz einfach Postings für zum Beispiel Instagram generieren.

Der sehr erfolgreiche Humor von true fruits smoothies, der dem Startup zur Marktführerschaft verholfen hat, basiert zu großen Teilen auf genau diesem Prinzip. Das Unternehmen postet regelmäßig kurze Sprüche, die aus zum jeweiligen Produkt passenden, abgewandelten bekannten Formulierungen bestehen.

Humor Social Media Screenshot

Für die Upcycling-Kampagne wurde beispielsweise eine Flasche mit einem Trinkaufsatz und dem Spruch „Absolute Saufempfehlung“ gepostet.

Solche Formulierungen zu finden, braucht etwas Übung, ist aber keine Hexerei. Vor allem im Team und mit dem Einsatz einiger Kreativitätstechniken lassen sich Wortspiele sehr gut erzeugen.

Möglich wären zum Beispiel:

  • „Morgenstund hat [Marke] im Mund“ – für einen Kaffee, einen Brotaufstrich oder ein Müsli, idealerweise mit einsilbigem Markennamen.
  • „Reden ist Silber, Heilen ist Gold“ – für einen Heilpraktiker oder eine Arztpraxis.
  • „Andere Länder, andere Fritten“ – für einen Burgerladen mit Pommes-Spezialangeboten.
  • „Wer zuerst kommt, strahlt zuerst“ – für eine neu eröff nete Zahnarztpraxis.

Am besten funktionieren Wortspiele natürlich, wenn sich das Originalzitat und die abgewandelte Version reimen. Der Witz muss unmittelbar erkennbar sein; wenn man erst lange nachdenken muss, zündet der Gag nicht, und der Post dürfte floppen.

Selbstironie

Selbstironie ist bei Menschen eine sympathische Eigenschaft und bei Unternehmen noch viel mehr. Gut eingesetzte Selbstironie macht sehr nahbar und verhindert, dass man arrogant oder abgehoben wirkt. Sie verleiht der Marke eine Persönlichkeit, die man gerne um sich hat. Kaum ein Wirkprinzip ist stärker als Selbstironie – und wird trotzdem so selten eingesetzt …

Die meisten Marken versuchen, ihre Schwächen totzuschweigen oder zu überspielen – in der Hoffnung, dass dann auch niemand darüber spricht. Das ist meistens ein Irrglaube. Die Kunden wissen sehr gut, was die Fehler und Makel eines Unternehmens sind. Statt also darum herumzureden, könnte eine Marke diese Schwächen offensiv und selbstironisch ansprechen und sich selbst „veräppeln“. Das wirkt sehr viel authentischer und sympathischer, als um jeden Preis etwas vorgaukeln zu wollen, was einfach nicht stimmt.

Die Marke, die das Prinzip der Selbstironie wohl mit am besten nutzt, sind die Berliner Verkehrsbetriebe mit ihrer Dauerkampagne Weil wir dich lieben. Es gibt kaum etwas, über das die BVG sich nicht schon selbst aufs Korn genommen hat:

  • Verspätungen
  • unangenehme Gerüche in den Zügen
  • ruppige Busfahrer
  • kuriose Fahrgäste
  • Ausfall von Bahnen
  • Fahrpreiserhöhungen

Die Liste an unvermeidbaren Unannehmlichkeiten eines Beförderungsbetriebs ist lang und wird grandios genutzt. Den Höhepunkt dieses Prinzips spielte die BVG in einem Facebook- und YouTube-Video vor ein paar Jahren aus, als sie einem fiktiven Fahrgast in einem fiktiven Untergrundlabor genau vorführten, welcher Aufwand hinter willkürlichen Verspätungen, unverständlichen Durchsagen oder sich direkt vor der Nase schließenden Bustüren steckt. Und natürlich, warum für all diesen Aufwand 66 Euro im Monat doch ein Spottpreis sind.

Auf beiden Kanälen verzeichnete das Video siebenstellige Aufrufzahlen und erntete viel Lob, sowohl von den Zielgruppen als auch von den Fachmedien.

Humor Social Media Screenshot

Newsjacking

Die dritte Möglichkeit, Humor im Social-Media-Marketing zu nutzen, bietet sich beim Aufspringen auf aktuelle Trends und Themen, dem sogenannten Newsjacking. Dabei versuchen Unternehmen, sich an Themen, die gerade entweder im Social Web oder in den Nachrichten kursieren, anzuhängen und dazu eigenen, passenden Content zu kreieren. Newsjacking ist damit eine Form des Echtzeitmarketings und erfordert etwas mehr Know-how und vor allem sehr effiziente Prozesse, um schnell reagieren zu können. Dann kann der Lohn aber in einer sehr hohen organischen Reichweite liegen.

Ein Unternehmen, das seit jeher stark auf Echtzeitmarketing und Newsjacking setzt, ist SIXT. Kaum hat ein Prominenter etwas Kurioses gesagt oder ist ein Politiker in ein Fettnäpfchen getreten, hat SIXT auch schon einen passenden Post am Start.

Als einige unmarkierte Zitate in Annalena Baerbocks Buch für einen Skandal sorgten, hängte sich SIXT sofort dran. Der Bezug zur Marke und zum Thema ist klar erkennbar, die Botschaft leicht verständlich und witzig aufgemacht. Über 14.000 Likes und über 5.000 Shares dürften dem Post auch einen guten organischen Reichweiten-Boost verschafft haben.

Humor Social Media Screenshot

Welche No-Gos gibt es bei Humor im Social-Media-Marketing?

Natürlich ist auch das erfolgreichste Prinzip nicht grenzenlos einsetzbar. Gerade größere Marken, die durch die Öffentlichkeit ohnehin schon angreifbar sind, sollten ein bisschen aufpassen, damit Scherze nicht nach hinten losgehen.

Prinzipiell sollten Themen wie

  • Sexismus,
  • Rassismus oder
  • Krankheiten

für Jokes tabu sein. Zwar gibt es auch hier erfolgreiche Beispiele, aber noch viel mehr, die zu einem gehörigen Shitstorm geführt haben. true fruits smoothies hat hier schon häufiger mit dem Feuer gespielt und sich auch schon mehrfach die Finger verbrannt.

Eigentlich gilt aber eher die Regel, dass sich der Humor innerhalb der Markengrenzen abspielen sollte. Wenn die Marke fundamental auf schlüpfrigem Humor aufgebaut ist (wie es bei true fruits der Fall ist), verzeihen die Nutzer auch mehr, als wenn die Marke ansonsten eher seriös, trocken und „anständig“ daherkommt. Die Marke bildet also den Rahmen für das gesamte Marketing – auch den Humor.

Und schließlich: Die Witze sollten sich niemals gegen die eigene Zielgruppe richten. Humor funktioniert wunderbar zur „Ingroup/Outgroup“-Abgrenzung, also „wir“ (die Marke und ihre Community) gegen „die“ (die Nutzer anderer Marken oder Produkte). Wichtig ist, dass sich die eigene Zielgruppe mit den Witzen identifizieren kann, sich darin wiederfindet. „Endlich sagt’s mal einer“ oder „Genau das erlebe ich ständig“ sollten Reaktionen sein – dann war ein Gag ein guter. Wer die eigene Zielgruppe verärgert, darf sich auf einen hübschen Shitstorm gefasst machen. Auch hierfür gibt es mehr Beispiele, als dieses Buch überhaupt aufnehmen könnte.

Fazit

Erfolgreiches Social-Media-Marketing sollte unterhalten, kurzweilig sein und Spaß machen. Dafür ist Humor das ideale Werkzeug. Mit einigen allgemeingültigen Prinzipien wie Selbstironie, Wortspielen oder Newsjacking können Marken aller Branchen und Größenklassen humorvolle Posts und Ads erzeugen, die deutlich besser ankommen werden als schnöde Selbstbeweihräucherung oder plumpe Werbung. Viel Spaß!

Quellen:

 

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