Ralf Dümmel, geboren 1966 in Bad Segeberg, ist Geschäftsführer von DS Produkte. Das Unternehmen produziert, importiert und vertreibt rund 4.000 Non-Food-Produkte und beliefert damit 40.000 Handelsfilialen in ganz Europa. Eines der Erkennungsmerkmale von Waren aus dem DS Produkte-Sortiment ist das TV-Logo, welches Artikel kennzeichnet, die im Teleshopping und im POS-Video erklärt werden. Seit 2016 ist Dümmel Juror bei Die Höhle der Löwen und schloss bislang knapp 100 Deals ab – mehr als jeder andere Löwe.
Ralf, welche Eigenschaften muss ein Startup – neben einem tollen Produkt – für dich unbedingt aufweisen, damit du investieren möchtest?
Am Anfang von jedem erfolgreichen Startup steht natürlich eine gute Idee. Doch alles, was danach kommt, baut auf mindestens drei Dingen auf: Respekt, Disziplin und Fleiß. Wer das nicht mitbringt, wird es, meiner Meinung nach, sehr schwer haben. Denn nur, wer sich von Rückschlägen nicht unterkriegen lässt und kontinuierlich an seinen Träumen arbeitet, hat das Zeug zum langfristigen Erfolg.
Meine Eltern haben mir das vorgelebt und heute bin ich sehr dankbar dafür, dass mir die richtigen Werte im Leben vermittelt worden sind. Dann kommen noch Dinge dazu, die man selbst nicht zwingend beeinflussen kann, z. B. der Wettbewerb, der richtige Zeitpunkt und manchmal auch ein bisschen Glück.
Bislang hältst du dich in Die Höhle der Löwen von Investitionen in Apps fern. Woran liegt das?
Das ist ganz einfach: Ich wäre einfach nicht der richtige Investor für das Startup. Ich bin nicht nur ein Finanzinvestor, sondern ein strategischer Partner. Ich möchte gemeinsam mit dem Startup wachsen, Erfolge feiern, Probleme lösen, Ziele verfolgen, meine Expertise einfließen lassen und natürlich auch mein Netzwerk mit meinen Gründerinnen und Gründern teilen. Da muss man zu sich selbst auch ehrlich sein und sagen, dass Apps einfach nicht mein Spezialgebiet sind.
Bei DS Produkte konzentrierst du dich auf Waren, die sich auf dem Massenmarkt durchsetzen können. Wie hat sich deiner Einschätzung nach dieser Massenmarkt in den letzten 20, 30 Jahren verändert?
Der Massenmarkt hat sich in den letzten 30 Jahren enorm verändert. Die großen Veränderungen sind im Einkaufsverhalten der Kunden natürlich bemerkbar. Grund dafür sind unter anderem die Digitalisierung, die Globalisierung und das Entstehen völlig neuer Vertriebsformen. Vor 20 Jahren kam Teleshopping nach Deutschland, heute schielen wir nach China, ob Live-Shopping durch sogenannte Key Opinion Leader das nächste Ding wird.
Das Verhalten am Massenmarkt hat natürlich auch den stationären Handel verändert und vor große Herausforderungen gestellt. Als stationärer Handel ist man immer auch mindestens Onlinehandel. Es gibt auch einige alte Player, die jahrelang das Bild unserer Innenstädte geprägt haben und heute nicht mehr da sind. Insgesamt hat es eine unglaubliche Entwicklung und ein Umdenken gegeben in Bezug auf Warengruppen. Vergleiche mal einen Baumarkt und sein Sortiment heute und vor 20 Jahren. Die Bereitschaft, innovative und neuartige Produkte zu verkaufen, ist heute sehr viel höher. Eine Riesenchance für Startups.
Wir setzen ganz grundsätzlich bewusst auf den Multichannel-Ansatz, um möglichst breit und flexibel aufgestellt zu sein. Wenn ein Bereich einbricht, dann wächst ein anderer.
Gerade bei jungen Gründern ist eher eine Spezialisierung auf Nischenprodukte statt eine Ausrichtung auf die breite Masse zu beobachten. Wie können kleine Spezialisten neben großen Generalisten dauerhaft bestehen?
Die Nische hat absolut ihre Daseinsberechtigung. Nische kann ganz hervorragend funktionieren. Mit einer Einschränkung: Es kommt darauf an, ob man in der Nische einen großen Wettbewerb hat, sprich mit sehr vielen um wenig Platz kämpft. Wenn man es schafft, zum Marktführer in einer Nische zu werden, dann kann das die Königsdisziplin sein.
Grundsätzlich gibt es auch durchaus einen Trend zu individuellen Produkten, die Standardsortimente nicht immer abdecken. Gerade die Startups sind es, die heute die neuen Trends setzen. Allerdings können die Großen schnell nachziehen und dann gilt es, dauerhaft zu bestehen. Es gibt einige Startups, die das dauerhaft geschafft haben, wie z. B. fritz-kola unter anderem über eine authentische Story und mutiges Marketing.
DS Produkte setzt nach wie vor stark auf das Teleshopping. Mit welchen Entwicklungen rechnest du, die dafür sorgen, dass das Teleshopping zukunftsträchtig bleibt?
Wir setzen ganz bewusst auf einen Multichannel-Vertrieb. Teleshopping macht etwa fünf Prozent unseres Umsatzes aus. Corona war (nicht nur) für Teleshopping ein Wachstumstreiber. Auch wenn das Image verstaubt ist, unterschätzen viele, wie modern die Unternehmen sind und dass man diese inzwischen schon eher als digitale Handelskonzerne bezeichnen könnte. Und hier gibt es noch Luft oben. Es wird sicherlich spannend zu sehen, ob und wie sich Live-Shopping bei uns durchsetzen wird und welche Rolle die klassischen Teleshopping-Sender dann einnehmen.
Kann ein Produkt aus deiner Sicht Erfolg haben, wenn es auf einen Vertrieb über den Einzelhandel komplett verzichtet?
Ja, klar! Grundsätzlich gibt es ja nicht nur die eine Strategie. Es kann Sinn machen, nur auf einen oder wenige Verkaufskanäle zu setzen. Genauso kann es sinnvoll sein, auf Multichannel zu setzen. Nimmt man erklärungsbedürftige Produkte als Beispiel, dann sieht man hier schnell, dass ein “Regal nicht spricht“. Verkaufen über die Verpackung reicht da manchmal nicht aus und da kann es klug sein, dass man mit Teleshopping, eigenem Shop und Marketplaces startet.
Sobald man sich etabliert hat, kann es dann spannend sein, seine Vertriebswege zum Einzelhandel zu erweitern, weil dann die Chancen steigen, dass man einen gewissen Mindestumsatz pro Fläche garantieren kann. Es ist auch möglich, dass Produkte mit einem geringen Verkaufspreis kalkulatorisch im Distanzhandel schwierig bleiben und der stationäre Handel der bessere Kanal ist. Man sollte also immer genau überlegen, was strategisch die beste Idee ist.
Gibt es Produkte, die keinen Platz auf dem Markt haben, weil dieser mittlerweile schlichtweg übersättigt ist?
Ja, klar. Jeder Markt ist begrenzt und hat eine bestimmte Größe. Je mehr Lieferanten es gibt, umso weniger Platz für Produkte gibt es und umso schwieriger ist es, sich hier durchsetzen. Quasi der sprichwörtliche Kuchen, der nicht größer wird, sondern entweder in mehrere Stücke geteilt wird oder in große Stücke und ein paar Krümel. Und natürlich gibt es Märkte, die überflüssig werden, und neue Märkte, die sich auftun.
Du bist seit über 30 Jahren bei DS Produkte und konntest den Umsatz seither vervielfachen. Was waren und sind die wichtigsten Wachstumstreiber für das Unternehmen?
Das größte Kapital sind unsere motivierten und engagierten Mitarbeiter. Flexibilität und Innovation. Erfolge muss man feiern, aber man darf sich dann eben nicht ausruhen, sondern sollte besonders dann die Ärmel hochkrempeln und weitermachen. Bayern München trainiert ja auch jeden Tag.
Was hast du aus den vergangenen Staffeln Die Höhle der Löwen über die deutsche Startup-Szene gelernt?
Unendlich viel und ich lerne jeden Tag dazu. Inzwischen haben wir über 97 Investments mit den verschiedensten Gründern – von ganz jung bis alt, von Einzelkämpfern und One-Woman-Show bis hin zu Teams, von Erfindern und echten Unternehmerpersönlichkeiten. Ein Investment ist keine Einbahnstraße – beide Seiten lernen ganz viel dazu.
Mich beeindruckt besonders, dass Die Höhle der Löwen alle Zuschauergruppen bedient und alle Altersgruppen abdeckt. Die VOX-Gründershow hat eine Menge für die deutsche Gründerszene getan und das Thema Gründen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es ist natürlich trotzdem eine Szene, die immer noch wenig in klassischen Medien gesehen wird. Da geht also noch ein bisschen mehr.
Ebenso brauchen wir noch deutlich mehr Investoren und mehr Gründerinnen. Unternehmertum und ein positiver Umgang mit dem Scheitern sollte in Schulen und an Universitäten noch viel mehr Thema werden. Es ist in den letzten Jahren einiges passiert und es ist immer noch Luft nach oben. Ich bin trotzdem ganz positiv gestimmt.
Vielen Dank für das Interview!
Bildquelle: © Rieka Anscheit