Ist Kaltakquise verboten? Die Rechtslage für B2B und B2C in 2024

Von Sarah Kreilaus
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wie erreicht ein Unternehmen Neukunden, wenn es nicht mit ihnen in Kontakt treten darf? Die gesetzlichen Grundlagen für die Kaltakquise haben sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Das liegt auch daran, dass Spam-Mails und -Anrufe viel Ärger verursachen:

So allgegenwärtig ist Spam

Dennoch ist nicht jede Form der Kaltakquise verboten. Wir sagen dir, welche Arten der Erstansprache noch erlaubt sind und worauf du achten solltest.

Ist Kaltakquise verboten? Diese Rechtsgrundlage gilt

Die Kaltakquise ist gesetzlich nicht nur in einem Gesetz geregelt. Stattdessen sind die folgenden Gesetzestexte für dich relevant:

  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Die DSGVO schützt die Rechte der Verbraucher EU-weit in Bezug auf ihre Daten.
  • Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG): Das UWG soll verhindern, dass sich Unternehmen durch unseriöse und belästigende Kaltakquise einen Wettbewerbsvorteil vor fairen Marktteilnehmern verschaffen.
  • Telekommunikationsgesetz (TKG): Das TKG gibt im Wesentlichen vor, dass du den Absender und den werbenden Charakter offenlegen musst.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Auch im BGB ist laut § 13 vermerkt, dass Werbeanrufe im B2C unzulässig sind, wenn die Kontaktierten nicht eindeutig eingewilligt haben.
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Das BDSG reguliert den Datenschutz in Deutschland.
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Das ist der Unterschied von Kaltakquise und Werbung

Auch im Rahmen von TV- oder Radiospots, Anzeigen oder Plakatwerbung werden Kunden oft erstmals angesprochen. Der Unterschied ist jedoch die Zielgerichtetheit: Kaltakquise spricht einen Kunden relativ direkt an und nutzt dafür Informationen, die das Unternehmen bereits über diesen Kunden hat. Bei der Werbung sind Streuverluste deutlich größer und der Werbetreibende kennt nur eine ungefähre Zielgruppe.

Grundsätzlich gilt: Kaltakquise ist rechtlich gesehen völlig in Ordnung, solange der Kontaktierte einwilligt. Die besondere Herausforderung dabei ist natürlich, dass es sich fast ausschließt, dass jemand einer Kontaktaufnahme zugestimmt hat, den du noch nicht kontaktiert hast.

Es gibt aber aufgrund von Werbenetzen oder Akquise-Unternehmen durchaus Möglichkeiten, an Kontaktdaten von Menschen zu kommen, die einer Kontaktaufnahme aufgrund von Werbemaßnahmen zugestimmt haben.

Allerdings könnte der sogenannte „Adresshandel“ kurz vor seinem Ende stehen, denn Datenschützer sehen dieses Vorgehen kritisch. Betroffene sollen zukünftig vorab konkret informiert werden, welche Daten an wen verkauft werden und was der Käufer damit tun darf. Das ist jedoch in der Praxis kaum durchführbar.

Außerdem besteht auch die Möglichkeit, Zielkunden über verschiedene Werbemaßnahmen dennoch mehr oder weniger direkt zu kontaktieren.

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Eine Einwilligung muss immer VOR dem Telefonat eingeholt werden

Übrigens: Nachträglich um Erlaubnis zu bitten, reicht nicht aus. Eine Einwilligung wird immer im Vorfeld erteilt. Im Nachhinein erhältst du hingegen nur eine Genehmigung. Beide gelten zwar als Zustimmung, aber nur eine Einwilligung ist im Einklang mit den Gesetzen.

Kaltakquise im B2B: Was ist verboten und was erlaubt?

Kaltakquise im B2B ist grundsätzlich leichter möglich als im B2C. Der Grund dafür liegt im UWG begründet: Während es bei Verbrauchern eine ausdrückliche Einwilligung vorschreibt, reicht bei Marktteilnehmern teilweise die mutmaßliche Einwilligung.

Das bedeutet für dich, dass du B2B-Kontakte grundsätzlich per Telefon und Werbebrief kontaktieren darfst, wenn du dir sicher bist, dass deine Dienstleistung oder dein Produkt für dein Gegenüber von Interesse ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn:

  • Ein Branchenbezug gegeben ist
  • Ein zeitlicher Zusammenhang besteht (wie beispielsweise bei Gärtnern im Frühjahr oder bei Steuerberatern vor Fristen)
  • Dein Angebot einen konkreten Personenbezug hat
  • Anlässe wie Ausschreibungen gegeben sind

Allerdings ist das UWG an anderer Stelle ebenfalls sehr strikt: „Bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt“, liegt nach diesem Gesetz eine unzumutbare Belästigung vor.

Das bedeutet, dass du deine potenziellen B2B-Kunden nur per E-Mail kontaktieren darfst, wenn diese dir die Erlaubnis dazu erteilen. Ungefragtes Kontaktieren ist einer der wichtigsten Fehler bei der B2B-Akquise und wird oftmals nicht gern gesehen.

In Hinblick auf elektronische Post gibt es auch Abweichungen, bei denen eine explizite Zustimmung nicht zwangsweise vorliegen muss. Dies gilt dann,

  • wenn du die E-Mail-Adresse mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hast,
  • wenn du den Kunden mit ähnlichen Produkten oder Dienstleistungen ansprichst,
  • wenn dein Kunde dem Empfang von E-Mails nicht widersprochen hat und
  • du bei der Erhebung der Adresse und jeder Verwendung deutlich machst, dass der Kunde jederzeit kostenfrei widersprechen kann.

Streng genommen ist dieser Fall jedoch eher Warmakquise und keine Kaltakquise mehr, weil du einen Kunden dabei erneut ansprichst.

Außerdem musst du vorsichtig sein, wenn sich B2B und B2C vermischen. Sobald du Waren anbietest, die für Verbraucher nutzbar sind, wird selbst ein B2B-Gespräch rechtlich zu einem B2C-Gespräch und unterliegt dann den strengeren Richtlinien der B2C-Kaltakquise.

Kaltakquise im B2C: Das ist verboten

Wenn du Kaltakquise unter Verbrauchern machen möchtest, ist diese durch die DSGVO deutlich schwerer geworden. Sie regelt, wie Daten verarbeitet und gespeichert werden. Das Sammeln von Daten ist deswegen mit einigen Ausnahmen nur dann möglich, wenn die Personen dafür ihre Einwilligung erteilen.

Zu den personenbezogenen Daten gehören alle Daten, die du bräuchtest, um einen Kontakt kalt zu akquirieren: Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummer und Adresse fallen allesamt darunter. Das bedeutet, dass du diese Daten auch nicht einfach so ohne Einwilligung nutzen kannst.

Verbotene Arten der Kaltakquise sind:

  • Telefonkontakt ohne Zustimmung oder nach Widerspruch
  • E-Mail-Kontakt ohne Zustimmung und Bestätigung (Double-Opt-in)
  • SMS oder WhatsApp-Nachrichten ohne Zustimmung
  • Flyer ohne Genehmigung von Stadt oder Eigentümer verteilen
  • Flyer ohne Genehmigung an Fahrräder oder Autos anbringen
  • Telefonakquise ist verboten, wenn der Kontakt nicht zuvor einwilligt
  • Anrufe mit Rufnummerunterdrückung

Die Möglichkeiten sind im Vergleich zu früher deutlich eingeschränkt. Es gibt aber immer noch Adresslisten und Co., die prinzipiell derzeit noch genutzt werden können. Hier gilt allerdings, dass diese wahrscheinlich nicht mehr lange den gesetzlichen Vorschriften entsprechen werden.

Kaltakquise im B2C: Das ist erlaubt

Auch wenn es bei der strikten Grundlage kaum möglich scheint, legal Kaltakquise im B2C-Bereich zu tätigen, täuscht dies. So gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten, Kunden kalt anzusprechen:

  • Flyer verteilen: Mit Erlaubnis der Stadt auf öffentlichen Flächen oder des Inhabers bei Privateigentum ist das Verteilen von Flyern erlaubt.
  • Werbebriefe und Flyer einwerfen: Solange Mieter nicht kennzeichnen, dass sie keine Werbung erhalten wollen, können Flyer in Briefkästen eingeworfen werden.
  • Telefonakquise, wenn der Angesprochene dieser Kontaktaufnahme eindeutig zugestimmt hat.
  • Marktschreier in belebten Orten, die ihre Ware lauthals anpreisen.
  • Kontakt per E-Mail, WhatsApp oder SMS, wenn der Angesprochene in diese Kontaktaufnahme eingewilligt hat.
  • Ansprechen einer eng definierten Zielgruppe über Suchmaschinenwerbung oder Social Media Ads.
  • „Haustürgeschäfte", bei denen Vertreter von Tür zu Tür tingeln und Verträge oder Gegenstände verkaufen.
  • Ansprechen in Fußgängerzonen und anderen belebten Orten mit entsprechender Genehmigung.
  • Ansprechen von Besuchern einer Messe, bei der dein Unternehmen einen Stand gemietet hat.
  • Versenden von Postwurfsendungen, solange eindeutig ist, dass sie werblich sind und die Empfänger nicht ausdrücklich ihre Einwilligung gegen das Empfangen von Werbung widerrufen haben.

Worauf sollte ich bei der B2C-Kaltakquise achten?

Wenn du Kunden kalt akquirieren möchtest, solltest du den Datenschutz besonders im Blick behalten. Denn selbst dann, wenn du die eindeutige Einwilligung hast, musst du so mit deinen Daten umgehen, dass sie sicher und vor dem Zugriff Dritter geschützt sind. Dazu zählt:

  • Keine Daten auf unsicheren Wegen wie E-Mail versenden
  • Mitarbeiter hinsichtlich DSGVO und Schutz vor Cyberkriminalität schulen
  • PCs beim Verlassen des Arbeitsplatzes sperren
  • Keine externen Speichermedien einstecken
  • Büros nur für Mitarbeiter zugänglich machen

Außerdem solltest du noch einige grundsätzliche Hinweise beachten, die für ein seriöses Unternehmen aber eine Selbstverständlichkeit sein sollten:

  • Kennzeichne immer eindeutig, dass dein Werbematerial werblich ist.
  • Gib immer deine Kontaktdaten und Adresse an.
  • Wenn du Flyer verteilst und dadurch Müll verursachst, räume ihn weg.
  • Belästige Menschen nicht, die offensichtlich nicht offen für dein Angebot sind.
  • Nimm Telefonate (mit Einwilligung) auf, um sie zu dokumentieren.

Ist Kaltakquise über soziale Medien erlaubt?

Soziale Medien werden gerne und häufig zur Akquise genutzt. Gerade in beruflichen Netzwerken wie LinkedIn und XING sind private Nachrichten oft eher Werbemails als Kontaktaufnahme. Auch wenn es gang und gäbe zu sein scheint: Diese Art der Erstansprache ist ebenfalls von UWG und DSGVO gedeckt und nicht zulässig.

Das passiert, wenn du dich über die Verbote hinwegsetzt

Die Bundesnetzagentur kann im Falle eines Verstoßes gegen das UWG ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro verhängen. Außerdem können Wettbewerber wie auch der betroffene Verbraucher dein Unternehmen wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens abmahnen oder sogar klagen. Einige tausend Euro Strafe sind also schnell möglich.

Und die Bundesnetzagentur greift in den letzten Jahren entschiedener durch: 2021 hat sie rund 64.000 schriftliche Beschwerden erhalten. Im Jahr zuvor waren es rund 79.000. Um die Anzahl an Verstößen weiter zu senken, verfolgt sie die Beschwerden konsequenter als noch in den letzten Jahren. 2021 führte dies dazu, dass sie Bußgelder in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro verhängte. 2020 waren es 1,35 Millionen Euro.

2020 wurde zudem auch erstmals ein Rekordbußgeld in Höhe von 3260.000 Euro gegen das Call-Center KiKxxl verhängt.

Außerdem droht dir neben einem Bußgeld ein Imageschaden: Unlauterer Wettbewerb und unseriöses Geschäftsgebaren sind nichts, für was dein Unternehmen stehen sollte.

Fazit: Kaltakquise eingeschränkt, aber möglich

Kaltakquise ist heute durch Datenschutzgesetze gerade im B2C-Bereich deutlich schwieriger, weil eine vorherige Werbeeinwilligung Pflicht ist. Diese liegt aber bei der Kaltakquise üblicherweise nicht vor.

Bestimmte Formen sind jedoch erlaubt. Im B2B-Bereich lässt der Gesetzgeber die Zügel zwar etwas lockerer, dennoch sind nicht alle Arten, Zielkunden zu kontaktieren, zulässig.

Es ist nicht zuletzt aufgrund der vielen Unterschiede und Voraussetzungen sinnvoll, sich mit einem Rechtsanwalt abzusprechen oder auf Firmen zurückzugreifen, die für das Unternehmen Direktansprachen vornehmen.

Auch wenn die Kaltakquise heute immer noch erfolgreich sein kann, solltest du gerade auch im B2B-Marketing neue Kanäle und Innovationen im Blick behalten, um Kontaktdaten einzuwerben. Die Warmakquise ist angenehmer für alle Beteiligten und hat bessere Erfolgsquoten.

Disclaimer

Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zusammengestellt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte gestellt. Die in diesem Beitrag zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich, ersetzen keine juristische Beratung und stellen keine Rechtsauskunft dar.

FAQ

An dieser Stelle möchten wir auf einige Fragen, die im Zusammenhang mit der Kaltakquise häufig gestellt werden, eingehen.

Quellen:

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