Der Marketing Funnel: Warum er 2024 nicht mehr aktuell ist – und du ihn trotzdem kennen musst

Von Sabine Genau
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Jedes Unternehmen, das mit Marketing zu tun hat, kennt ihn: den Marketing Funnel. Das altbewährte Modell in Form eines Trichters galt lange Zeit als optimale visuelle Darstellung der Customer Journey.

Allerdings hat sich das Reiseverhalten des Käufers in der digitalen Ära grundlegend verändert – das über 120 Jahre alte Werkzeug Marketing Funnel will da nicht mehr so recht in die Zeit passen.

Wie kann man den Funnel an die heutige Buyer's Journey anpassen? Oder ist der Trichter bereits Schnee von gestern und nicht mehr zu gebrauchen? Diese und weitere Fragen zum Thema Marketing Funnel wollen wir in diesem Artikel beleuchten.

Wie funktioniert der Marketing Funnel?

Der Marketing Funnel ist die grafische Darstellung eines typischen Kaufprozesses. Um den schematischen Ablauf zu veranschaulichen, wird zur Visualisierung das Modell eines Trichters verwendet. 

Vereinfacht gesagt, kommt eine größere Menge an Interessenten von oben in die breite Öffnung des Trichters hinein. Aus der schmalen Spitze des Trichters gehen dann die wenigen, übriggebliebenen Käufer hervor. Dazwischen findet der Kaufprozess statt, also die Customer Journey. Damit aus dem Customer am Ende ein Buyer wird, braucht es eine Marketingstrategie. Der Funnel dient als Werkzeug, diese zu erstellen und in die Tat umzusetzen.

Im Verkaufstrichter kommt der Kunde auf seinem Weg von der Öffnung bis zur Spitze an einigen entscheidenden Touchpoints vorbei und durchläuft verschiedene Phasen des Kaufprozesses.

Der Marketing Funnel visualisiert diesen Prozess mit seinen einzelnen Schritten in einer vereinfachten und dadurch besonders anschaulichen Form – der des Trichters. Das Modell soll dazu dienen, den Weg des Interessenten zum Käufer besser zu verstehen und dadurch auch lenken zu können.

Phasen und passende Content-Formate

Die Unterteilung in Phasen erleichtert dem Marketer, die Verhaltensweisen seines Kunden nachzuvollziehen.

Der altbekannte Marketing Funnel unterscheidet drei grundlegende Schritte im Prozess der Customer Journey:

Die Wahrnehmung – Top of Funnel oder TOFU

In der Wahrnehmungsphase geht es darum, erstens Aufmerksamkeit und zweitens ein Bedürfnis zu wecken. Die Zielgruppe hat ein bestimmtes Problem, für das der Verkäufer eine Lösung bereitstellt. In dieser ersten Phase möchte der Marketer zunächst die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden auf seine Lösung lenken und beim User ein Problembewusstsein etablieren.

Die Abwägung – Middle of Funnel oder MOFU

In der Abwägungsphase ist sich der potenzielle Kunde seines Problems bewusst geworden und hat die Lösung als solche erkannt. Nun muss er sich entscheiden, ob diese Lösung zu ihm und seinem Problem passt. Der Verkäufer hat sein Angebot kommuniziert und will dem Interessenten nun sein Produkt beziehungsweise seine Dienstleistung und seine Marke konkret vorstellen.

Die Conversion – Bottom of Funnel oder BOFU

In der Konversionsphase soll der potenzielle Kunde davon überzeugt werden, dass die dargebotene Lösung die beste für sein Problem ist. In dieser dritten Phase geschieht also der Wandel vom Interessenten zum Käufer (Conversion) – die Kaufentscheidung findet statt.

An dieser Stelle muss der Verkäufer es dem Kunden möglichst einfach machen und möglichst alle Hürden im Kaufprozess beseitigen. Nur so kann die Conversion reibungslos verlaufen.

Die verschiedenen Phasen und ihre Content-Formate auf einen Blick:

Ziel Geeigneter Content
TOFU Der User wird sich eines Bedürfnisses bewusst. Er hat ein Problem, für das er eine Lösung sucht. Der Verkäufer lenkt die Aufmerksamkeit auf seine Lösung, die zur jeweiligen Zielgruppe passt. Blogartikel, Social-Media-Postings, Newsletter, Landingpages oder Advertorials
MOFU Der Interessent kennt sein Bedürfnis und sucht nach einer Lösung. Das Angebot des Verkäufers kommt als passende Lösung in Betracht. Whitepapers, eBooks, Case Studies oder Webinare
BOFU Der Kunde identifiziert das Angebot als beste Lösung für sein Problem und trifft eine Kaufentscheidung – die Conversion findet statt. Produktbeschreibungen (Datenblätter, Factsheets), Events oder Demos

An den jeweiligen Touchpoints, wo der Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt tritt, müssen entsprechende Marketingmaßnahmen darauf abzielen, den Kaufprozess zu begleiten. Dort müssen adäquate Informationen zur Verfügung stehen, die den User in die gewünschte Richtung lenken und eine positive Kaufentscheidung befördern.

Deshalb ist es von größter Bedeutung, wo welche Inhalte bereitgestellt werden. Durchdachtes Content Marketing spielt im Sales Funnel eine entscheidende Rolle. Die am besten geeigneten Formate können sich von Produkt zu Dienstleistung sehr stark unterscheiden. Denn auch die Customer Journey ist keine immergleiche Route, verschiedene Käufer reagieren individuell auf ein und dasselbe Angebot.

Ebenso individuell muss die Marketingstrategie auf die jeweiligen Personas abgestimmt werden. Je präziser diese Personas vorab definiert wurden, desto besser gelingt die Fokussierung.

Über den Marketing Funnel hinaus

Der Begriff Marketing Funnel wurde bereits im Jahre 1898 durch den amerikanischen Marketer Elmo Lewis begründet. Er führte eine Methode ein, mit der Interessenten in Käufer umgewandelt werden sollten.

Als deren Basis ist die AIDA-Formel (Awareness / Interest / Desire / Action) bekannt geworden. Diese Formel bildet die Grundlage aller Sales Funnels.

Marketing Funnel mit der AIDA-Formel

Die Schwäche dieses Modells besteht darin, dass es den Kunden nur bis zum Kauf begleitet. Moderne Darstellungen der Buyer's Journey verlängern die Marketingstrategie weit über die erste Kaufentscheidung hinaus.

Den drei Phasen des ursprünglichen Marketing Funnels werden in weiterentwickelten Sales Funnels üblicherweise zwei Kriterien hinzugefügt:

  • Der Erhalt: Mit dem englischen Begriff Retention ist die Kundenzufriedenheit nach dem Kauf gemeint. Im besten Fall kauft der Kunde noch einmal und wird auf lange Sicht zum Stammkunden.
  • Die Befürwortung: Der englische Begriff Advocacy geht nochmal einen Schritt über die Zufriedenheit hinaus. Der Kunde ist so begeistert von seinem Kauf, dass er anderen davon erzählt und Empfehlungen ausspricht.

Aus dem Trichtermodell des Marketing Funnels ist heutzutage ein kundenzentrierter Kreislauf namens Flywheel geworden. Im Funnel geht die Kundenreise mit dem Kauf zu Ende. Es geht also allein um die Gewinnung neuer Käufer – die Pflege bestehender Kundenbeziehungen spielt keine Rolle.

In modernen Strategien fängt das Marketing nach dem intialen Kauf aber erst so richtig an. After Sales Marketing heißt das Stichwort nachhaltigen Kundenmanagements. Der Erstkäufer soll wieder kaufen und sich vom Bestandskunden langfristig zum verlässlichen Stammkunden entwickeln. Bei dieser gewünschten Bindung spielt die Kundenzentrierung eine entscheidende Rolle.

Der klassische Marketing Funnel betrachtet die Customer Journey aus der Sicht des Verkäufers. Im modernen Marketing will man ein tieferes Verständnis des Kunden erreichen, indem man die Journey aus seiner Sicht nachverfolgt – mit dem Ziel zufriedener Käufer, die weitere Male auf den Kaufbutton klicken und das Produkt auch weiterempfehlen.

Bestandteile eines modernen Sales Funnels

Um den Anforderungen der Onlinewelt zu genügen, muss der ursprüngliche Marketing Funnel um einige wichtige Features erweitert werden.

Eine digitale Marketingstrategie verlangt folgende Inhalte:

Buyer Persona Du musst nicht nur deine Zielgruppe deines Unternehmens genau kennen, sondern auch einzelne Personas definieren, die ein tiefes Verständnis deiner potenziellen Kunden erlauben.
Mehrwert Verdeutliche deinen Interessenten den Mehrwert, den du zu bieten hast. Wie profitieren deine Kunden von Produkt und Marke? Welche Probleme löst du für sie?
Customer Journey Definiere die Customer Journey, die der User von Touchpoint zu Touchpoint auf deiner Seite durchlaufen soll. Nur so kannst du Interessenten aktiv zum Kaufabschluss führen.
Content Um deine Zielgruppe wirklich zufriedenstellen zu können, brauchst du eine fokussierte Content-Strategie. Nur wenn du die richtigen Inhalte an den passenden Stellen veröffentlichst, erreichst du damit die anvisierte Personengruppe.
Kontrolle Auch die besten Marketingmaßnahmen laufen mitunter ins Leere, wenn du keine Erfolgskontrolle betreibst. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten und Tools, den Erfolg deiner Aktivitäten zu messen und zu testen. Und die Gelegenheit, Stellschrauben immer wieder optimal zu justieren.

Warum ist der Marketing Funnel nicht mehr zeitgemäß?

Der althergebrachte Marketing Funnel gibt den Ablauf des klassischen Kaufprozesses auch heute noch treffend wieder. Er taugt noch immer als vereinfachte schematische Visualisierung des typischen Verlaufs einer Kaufentscheidung. Die Dynamik des Verhaltens digitaler Kunden kann dieses Bild jedoch nicht darstellen.

Das offene Kreismodell namens Flywheel leistet da wesentlich bessere Dienste, wenn es um Online-Kaufprozesse geht. Hier werden die digitalen Möglichkeiten heutiger Kunden berücksichtigt. Denn moderne User nutzen für ihre Kaufentscheidung die Informationsmöglichkeiten des World Wide Web und die zahlreichen Produkt- und Preisvergleiche, die ihnen online zur Verfügung stehen. Diese Aspekte kann der Marketing Funnel nicht mehr abbilden.

Die lineare Darstellung des Kaufprozesses, wie der Marketing Funnel sie bietet, ist also tatsächlich nicht mehr zeitgemäß. Der Funnel muss heute durch einen dynamischen Marketing Circle ersetzt werden.

Fazit: Der Marketing Funnel hat nicht ausgedient – ist aber auch nicht mehr zeitgemäß

Der Marketing Funnel hat, so wie er ist, auch nach mehr als 120 Jahren noch Gültigkeit. Erstaunlich, dass sich die wesentlichen Grundzüge des menschlichen Kaufverhaltens seit 1898 nicht wirklich verändert haben.

Allerdings sind im digitalen Zeitalter etliche Aspekte hinzugekommen, die eine gut durchdachte Marketingstrategie zu berücksichtigen hat. Hier stößt der Funnel mit dem linearen Trichtermodell an seine Grenzen.

Um modernes Online-Kaufverhalten adäquat abzubilden, braucht es eine Kreisdarstellung wie im Flywheel. Der wesentliche Unterschied zum Marketing Funnel besteht zum einen in der Sichtweise, zum anderen aber auch in der Nachbetrachtung des Kaufes.

Die Kundenzentrierung im Flywheel betrachtet den Prozess aus der Käuferperspektive, während der Funnel sich auf die Sicht des Unternehmens, des Verkäufers konzentriert. Und während Elmo Lewis seine Darstellung mit dem Kaufabschluss enden lässt, behalten moderne Marketingstrategien den Käufer auch danach weiterhin im Auge und streben mit After Sales-Maßnahmen eine langfristige Kundenbindung an. Wenn das Prinzip auch gleich geblieben ist, hat sich die Visualisierung von Kaufprozessen also entscheidend weiterentwickelt.

Der ursprüngliche Marketing Funnel taugt daher nicht mehr zur nachhaltigen Betrachtung der Kundengewinnung in unserer Zeit. Denn dazu gehört beispielsweise auch die Generierung von Leads, die Elmo Lewis natürlich noch kein Begriff war.

icon

Lesetipp: Leads generieren mit Inbound-Marketing

Wenn du mehr über das Generieren und Pflegen von Leads erfahren möchtest, haben wir einen ausführlichen Artikel zum Thema für dich: Neukunden gewinnen mit Inbound-Leadgenerierung – so klappt's. Die Idee dahinter: Nicht du suchst dir Leads, sondern die Leads kommen zu dir.

FAQ

An dieser Stelle möchten wir häufig gestellte Fragen zum Marketing Funnel beantworten.

Weitere Artikel