Nachhaltigkeit im E-Commerce: Konkrete Maßnahmen, damit dein Unternehmen grüner wird

Von Casjen Klosterhuis
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Das Thema Nachhaltigkeit wird auch und gerade im E-Commerce immer wichtiger. Der Verbraucher legt immer mehr Wert auf nachhaltige Produkte und bewusstes Einkaufen. Das lässt er sich durchaus mehr kosten. Und auch immer mehr Unternehmer erkennen, dass sie Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit tragen müssen.

Als Fachbegriff dafür hat sich CSR (Corporate Social Responsibility) durchgesetzt. Gerade Themen wie Klimawandel, Artensterben, Waldrodung und Ausbeutung in Drittweltländern spielen hier eine zunehmend große Rolle. Als Unternehmen heißt es, hier nicht nur Verantwortung zu übernehmen, sondern auch mit Blick auf die Zukunft seine Firma so zu gestalten, dass sie mit dem immer schneller werdenden Wandel mithalten kann – und das eben auch beim Thema Nachhaltigkeit. Denn sei es durch drastische Änderungen durch die Natur, den Gesetzgeber oder die Nachfrage – die Welt, die Wirtschaft und damit auch der Handel werden sich in den nächsten Jahren dramatisch wandeln.

Nachhaltigkeitsaspekte im E-Commerce: Was bedeutet nachhaltig?

Unterhält man sich über Nachhaltigkeit im E-Commerce, wird schnell klar, dass der Bereich sehr vielseitig ist und je nach Branche andere Themen im Fokus stehen. Die einen reden vom Klimaschutz, von CO2-Reduktion, aber auch von der Überwachung der Produktionsstätten und Lieferketten. Andere sprechen über ökonomische Faktoren wie die Korruptionsbekämpfung.

Bei Rankings der nachhaltigsten Firmen sind die vorderen Plätze von Unternehmen belegt, die man nicht intuitiv als “grün” bezeichnen würde, die aber offensichtlich zumindest einige Aspekte der Nachhaltigkeit sehr gut anpacken.

All diese Elemente sind Teil der CSR. Diese umfasst im Wesentlichen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte der Unternehmensführung. Sie lassen sich grob in folgende vier Punkte einteilen, die sich teilweise auch überschneiden können:

  • Umwelt- und Ressourcenschutz: Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt und ihren natürlichen Ressourcen, die Verringerung negativer Auswirkungen der Geschäftstätigkeit und der Ausbau der positiven Auswirkungen.
  • Menschen- und Arbeitnehmerrechte: Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Mitarbeitern, z. B. durch bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz, aber auch mit Menschen entlang der Supply Chain oder Personen, die anders durch die eigenen Geschäftstätigkeiten betroffen sein könnten.
  • Integrität und Korruptionsprävention: Gezieltes Vorgehen gegen Korruption und übermäßige Lobbyarbeit, Transparenz gegenüber Stakeholdern.
  • Gesellschaftliches Engagement: Engagement in und für Vereine und Initiativen, um negative Auswirkungen abzumildern und auch andere Themen mitzugestalten.

Mit welchen Aspekten der Nachhaltigkeit ein Unternehmen sich näher befassen sollte, hängt vor allem von der Branche und dem Geschäftsfeld ab. Im Folgenden beschäftigen wir uns in erster Linie (aber nicht nur) mit dem Umwelt- und Ressourcenschutz im E-Commerce.

Warum Nachhaltigkeit?

Oftmals gibt es Bedenken, wenn das Thema CSR beim eigenen Unternehmen auf den Tisch kommt. Wird das nicht viel zu teuer? Gibt es nicht andere Probleme, um die man sich gerade kümmern muss?

Das sind sicherlich begründete Fragen und Bedenken. Wir wollen versuchen, genauer zu beleuchten, warum sich Nachhaltigkeit auch für KMU durchaus lohnt bzw. sogar dringend angegangen werden sollte. Denn neben dem guten Gewissen gibt es auch wirtschaftliche Vorteile.

  • Nachfrage: Die Nachfrage durch den Verbraucher geht immer häufiger in Richtung biologischer oder fair gehandelter Produkte. Es wird eine erhöhte Transparenz der Inhalte bzw. Materialien und der Lieferkette verlangt, während der Aufbau einer Kundenbeziehung immer wichtiger wird. Daher müssen sich Firmen die Frage gefallen lassen, was sie eigentlich gegen den Klimawandel oder die Ausbeutung von Arbeitern in Produktionsländern tun.
  • Effizienz: Die Schonung von Ressourcen hängt oft direkt mit Effizienz zusammen. So kann es in entscheidenden Bereichen zu Kosteneinsparungen kommen.
  • Innovationen: Durch die Umsetzung neuer Ideen und Technologien können Synergieeffekte entstehen. Nicht nur durch gesteigerte Effizienz, auch durch das Entdecken neuer Geschäftsfelder. Zudem kann das zu motivierten Mitarbeitern führen, die Weiterentwicklung gutheißen und stolz darauf sind, in einer Firma zu arbeiten, die Verantwortung übernimmt. Nicht zuletzt kann so auch die Attraktivität für Bewerber gesteigert werden.
  • Verbesserte Beziehungen: Die Motivation der eigenen Mitarbeiter kann durch Stolz und Innovationen erhöht werden. Die Beziehungen zu anderen Stakeholdern können durch eine gute und transparente Kommunikation, überarbeitete Prozesse und das Herausstellen der Mehrwerte verbessert werden.
  • Risikominimierung Risiken durch Gesetzesänderungen oder öffentliche Diskussionen zu fehlender Verantwortung werden gemindert. Jetzt besteht noch die Chance, durch CSR einen echten USP zu generieren, bevor diese bald zur Grundvoraussetzung wird.
  • Steigerung des Marktwerts Nicht zuletzt wird die Marke gestärkt, der Marktwert des Unternehmens gesteigert und die Attraktivität für Kapitalanleger erhöht.

Nachhaltigkeit im E-Commerce: Wie gehe ich das an?

Willst du das Thema Nachhaltigkeit nun für deine Firma angehen, stellt sich zunächst die Frage, wie du am besten vorgehst. Klar ist: ohne Strategie klappt es nicht. Doch wie wird diese erstellt und durchgesetzt?

  1. Beginnen solltest du mit der Organisation und der Ernennung eines Verantwortlichen. Dieser stellt dann zunächst ein Team zusammen, das die ersten Schritte der Bestandsaufnahme und Strategieentwicklung angeht. Das Thema sollte klar und eindeutig in allen Geschäftsbereichen und Prozessen verankert werden und muss fester Bestandteil der Unternehmensstruktur sein. Es braucht klare Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse über alle Führungsebenen hinweg. Daher wird auch ein Verantwortlicher in der Geschäftsführung und eventuell im Vorstand benötigt.
  2. Bei der Bestandsaufnahme werden alle Geschäftstätigkeiten und ihre Auswirkungen auf Umwelt und Menschen erfasst. Der gesamte Produktzyklus von den Rohstoffen bis zum Ende der Lebensdauer sollte dabei dokumentiert werden. Da nicht alles in der Zuständigkeit des eigenen Unternehmens liegt, ist es wichtig, sich auch mit den relevanten Stakeholdern in der Supply Chain abzustimmen und sie dabei von dem Vorhaben zu begeistern. Die Auswirkungen und der Einfluss des eigenen Unternehmens sollten möglichst messbar sein.
  3. Nun geht es an die Erarbeitung einer Strategie: Bei der Priorisierung der Themen gilt es, auf die Wesentlichkeit zu achten. Wo ist der negative Einfluss besonders groß und wo kann viel bewirkt werden? Auf der anderen Seite können Bereiche ausgeklammert werden, auf die man keinen oder kaum Einfluss ausüben kann (auch nicht durch Gespräche) oder wo der negative Einfluss bereits sehr gering ist. Für die übrigen Themen werden Verantwortliche benannt.
  4. Für die wichtigsten Bereiche werden nun Ziele festgelegt. Idealerweise gibt es Kennzahlen, die gemessen und optimiert werden können. Sinnvoll ist es, die SMART-Regel zu verwenden (Spezifisch, Messbar, Anspruchsvoll, Realistisch, Terminiert). Die Zahlen und die Ziele sollten nun in einen regelmäßigen Report für die Verantwortlichen in der Geschäftsführung gepackt sowie regelmäßig besprochen und angepasst werden.        
  5. Jetzt werden konkrete Maßnahmen erarbeitet, die zur Zielerreichung führen sollen. Dabei sollte neben den wichtigsten Themen auch auf sogenannte Quick Wins geachtet werden, die ohne viel Aufwand zu Verbesserungen führen, sowie auf Win-Win-Maßnahmen, die nicht nur zur Optimierung der Nachhaltigkeit, sondern auch zur Kosten- oder Aufwandsersparnis beitragen.
  6. Auch ein Reporting für die Kommunikation der Maßnahmen, Ziele und Zielerreichung sollte erarbeitet werden. Hier ist nicht nur die interne Kommunikation gemeint, sondern auch die mit allen Stakeholdern, dem Kunden und einer interessierten Öffentlichkeit. Es gilt, hier eine ehrliche Transparenz zu schaffen, die nichts beschönigt und nicht nur Erreichtes, sondern auch Schwächen aufzeigt. Eine regelmäßige Evaluation der Kennzahlen, Maßnahmen, Ziele, Organisation und des Reportings ist nötig, damit durchgehende Optimierung stattfinden kann.
  7. Dann kann es mit der Umsetzung der Maßnahmen losgehen. Der Startschuss sollte wieder von transparenter Kommunikation gegenüber allen Stakeholdern begleitet werden.

Konkrete Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit im E-Commerce

Welche Maßnahmen am sinnvollsten sind, wird sich je nach Geschäftsfeld stark unterscheiden. Im E-Commerce stehen vor allem vier Punkte im Fokus: Verpackung, Logistik, CO2-Ausstoß und Retourenmanagement. Aber auch allgemeine Themen, die praktisch jedes Unternehmen betreffen, können angegangen werden.

Wir haben ein paar Maßnahmen zusammengestellt:

Produkte

Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Produkte selbst. Welche Rohstoffe werden eingesetzt? Wo findet die Fertigung statt? Wie transparent ist die Lieferkette? Bist du selbst Hersteller, hast du hier mehr Möglichkeiten, aber natürlich auch weit mehr Verantwortung. Bist du Händler, bleiben Gespräche und das Einfordern von Transparenz beim Lieferanten, aber auch eine Auswahl der Produkte nach bestimmten Vorgaben wie z. B. Siegeln ist eine Möglichkeit. Diese Vorgaben können direkt auf der Produktdetailseite kommuniziert werden.

Was mit dem Produkt nach dem Kauf geschieht, sollte ebenfalls bedacht werden. Eine Rücknahme von defekten und aussortierten Produkten könnte eine Option sein, aber auch das Einstellen von gebrauchten Produkten zum Weiterverkauf durch den Kunden. Zumindest sollte sichergestellt sein, dass das Produkt sauber entsorgt und recycelt werden kann. Unter Umständen kann auch das Aussortieren von Einweg- oder Billigprodukten ein gangbarer Weg sein.

Office

In jedem Office gibt es zahlreiche Ansätze, um CO2 einzusparen oder anderweitig für Nachhaltigkeit zu sorgen. Der radikalste und effizienteste Ansatz ist sicherlich, das eigene Büro komplett durch das Home-Office zu ersetzen. Denn der meiste CO2-Ausstoß entsteht durch die Anfahrten der Mitarbeiter.

Ist das keine Option, können durch Jobticket, Jobrad und andere Belohnungen Anreize gesetzt werden, damit Mitarbeiter mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit kommen. Falls eine Dienstwagenflotte nötig ist, kann hier die Art der Fahrzeuge angepasst werden. Dienstreisen sollten möglichst vermieden werden oder mit der Bahn stattfinden.

Im Office sollte man sich zunächst Heizung, Dämmung und Strom genauer ansehen. Bist du Eigentümer, können sich Verbesserungen an Heizung und Dämmung nach ein paar Jahren bereits rechnen; derzeit wird eine Umstellung sogar gefördert. Bist du Mieter, solltest du das mit deinem Vermieter besprechen und ihn frühzeitig als Stakeholder mit an Bord holen. Beim Strom ist der Königsweg Photovoltaik, zumindest kann aber zu einem Ökostromanbieter gewechselt werden.

Auch die Nachhaltigkeit der Büroausstattung spielt eine wichtige Rolle. Für Müllvermeidung und -trennung sollte gesorgt werden. Bei der Versorgung mit Getränken und sonstiger Verpflegung wird auf wenig Verpackungsmüll, Fairtrade und Bio-Qualität geachtet. Eventuell ergibt es Sinn, statt wöchentlicher Anlieferung von Wasserkästen auf Leitungswasser mit professioneller Aufbereitung durch Wasserspender zu setzen. Und das papierlose Büro ist ja schon länger im Gespräch.

Damit die Mitarbeiter für ihr Mittagessen nicht unnötig Auto fahren oder wenig nachhaltige Nahrung zu sich nehmen, lohnt sich die Investition in Mitarbeiteressen, z. B. in Form einer eigenen Kantine, eines nachhaltigen Lieferservices oder eines eigenen Kochs. Das sorgt neben der CO2-Reduktion und hochwertigen Lebensmitteln zudem für zufriedenere und gesündere Mitarbeiter. Hinsichtlich der Finanzen kann der Wechsel zu einer nachhaltigen Bank in Betracht gezogen werden.

Logistik

Verpackung

Je nach Branche, Produkten und dem durchschnittlichen Warenkorbwert kann die Verpackung eine große Rolle bei der Nachhaltigkeit spielen. Zuerst muss es hier um bestmögliche Vermeidung bzw. Verringerung gehen.

  1. Diese kann z. B. durch Weglassen von Einzelsendungen erreicht werden. Das kann im Vorfeld sauber und transparent so kommuniziert werden, dass der Kunde von den Vorteilen für die Umwelt überzeugt wird und sich dann selbst dafür entscheiden kann.
  2. Auch die Menge der Verpackung kann reduziert werden, indem immer die passende Größe gewählt und damit auch das Füllmaterial weniger wird. In einigen Fällen kann sogar die Lieferantenverpackung verwendet werden.
  3. Die Verpackung sollte aus nachhaltigen und recyclebaren Materialien, die fair hergestellt wurden, bestehen.
  4. Wiederverwendbare Verpackungen können z. B. für die Retoure genutzt werden. Das erfreut zudem den Kunden.

Versand

Hier findet wohl der meiste CO2-Ausstoß statt. Vielleicht bietet bereits die Lieferkette Optimierungsmöglichkeiten. Beim Versand vom eigenen Lager zum Kunden kannst du z. B. auf DHL GoGreen setzen. Außerdem lohnt sich der Blick auf aktuelle Entwicklungen, gerade in Bezug auf die Letzte Meile.

Retouren bzw. Retourenmanagement

Ein Dauerthema – die Retourenquote liegt in manchen Bereichen dauerhaft bei weit über 50 Prozent. Natürlich führt das zu mehr CO2-Ausstoß und mehr Verpackungsmüll. Retourenvermeidung ist also ein großer Hebel für mehr Klimafreundlichkeit.

Neben dem üblichen Vorgehen wie guten Produktbeschreibungen, Bildern und Größenberatung kannst du hier auch auf kostenpflichtige Retouren zurückgreifen. Zudem ist es sinnvoll, den Kunden zum Zusammenhang von Retouren und CO2-Emissionen zu sensibilisieren.

Server

Im E-Commerce werden immer mehr Daten erfasst und vorgehalten. Diese werden auf Servern gespeichert, die auch wieder Unmengen an Energie benötigen. Zwar haben viele Hoster das Problem erkannt und vertrauen auf Ökostrom und ähnliche Maßnahmen, doch es kann sich lohnen, hier beim jeweiligen Provider genauer nachzufragen und eventuell zu einem nachhaltigeren Anbieter zu wechseln.

CO2-Kompensation

Eine weitere Möglichkeit für mehr Nachhaltigkeit ist die Kompensation des eigenen und durch die Geschäftstätigkeit entstandenen CO2-Ausstoßes. Diese Kompensation besteht im Wesentlichen aus zwei Schritten:

  1. Berechnung der CO2-Emissionen
  2. Ausgleichszahlung an einen geeigneten Anbieter

Hier kannst du dich von einer Agentur unterstützen lassen, die sich auf dieses Thema spezialisiert hat. So kann sogar rückwirkende Kompensation betrieben werden. Hier gilt es aber auch, Greenwashing zu vermeiden. Wer z. B. anstatt von Weihnachtsgeschenken ein paar Bäume pflanzt, hat damit noch nicht seine CO2-Emissionen kompensiert. Klar ist auch, dass die tatsächliche Reduzierung der eigenen Emissionen Vorrang haben muss.

Mit gutem Beispiel vorangehen

Eine gute CSR-Strategie beinhaltet immer gute Kommunikation. Und mit dieser hängt die Motivation der Stakeholder zusammen. Die Mitarbeiter sollten nicht nur stolz auf die nachhaltigen Optimierungen ihres Unternehmens sein können, sondern von sich aus an weiteren Verbesserungen arbeiten wollen.

Der Kunde möchte ein gutes Gefühl und die Gewissheit haben, bei einem nachhaltigen Händler zu kaufen. Aber auch Partner und Lieferanten können dazu motiviert werden, ihrerseits Nachhaltigkeit stärker zu fokussieren. Und wenn deine Mitbewerber auf einmal ebenfalls auf CSR setzen, dann hast du definitiv etwas richtig gemacht.

Fazit

Nachhaltigkeit im E-Commerce hat viele Facetten und wird zunehmend wichtiger. Mit einer geeigneten Strategie stellst du sicher, dass die relevanten Themen angegangen und klar kommuniziert werden. Das bedeutet Arbeit und sicherlich auch Kosten, doch langfristig kann sich dieser Invest sogar wirtschaftlich lohnen – durch gesteigerte Effektivität, motivierte Mitarbeiter und zufriedene Kunden.

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