Marketing und Psychologie sind eng miteinander verknüpft. Es gibt die unterschiedlichsten Theorien und Ansätze dazu, wie du Interessenten von deinem Angebot überzeugen kannst. Eine beliebte Vorgehensweise ist das Nudging.
Was ist Nudging?
Nudging ist eine Strategie aus der Verhaltensökonomie, mit der das Verhalten von Individuen beeindlusst werden soll. Der Begriff wurde von Richard Thaler und Cass Sunstein eingeführt. Nudge lässt sich übersetzen mit Stupser oder Schubser. Es geht also darum, Menschen sanft in eine bestimmte Richtung zu weisen.

Im Rahmen von Nudge-Marketing bringst du Kunden durch leichtes Anstupsen dazu, dein Produkt zu kaufen, auf einen Link zu klicken oder deinen Newsletter zu abonnieren. In diesem Artikel zeigen wir dir, wie Nudging funktioniert, wie es im Marketing eingesetzt werden kann und welche Kritik es an der Methode gibt.
Thaler und Sunstein haben dieser Methode, mit der das Verhalten von Menschen beeinflusst werden soll, sogar ein eigenes Buch gewidmet. In diesem haben sie eine Definition von Nudging aufgestellt: Mithilfe von unterschwelligen Nudges könne das Kaufverhalten von Verbrauchern zum eigenen Vorteil verändert werden. Dieser Vorgang basiert auf der Annahme, dass Menschen nicht immer kluge Entscheidungen treffen und diese optimiert werden können (libertärer Paternalismus). Da der Mensch ein Gewohnheitstier sei, sei sein Verhalten vorhersagbar und könne gezielt beeinflusst werden.
3 Praxisbeispiele für Nudging im Alltag
Auch wenn das Prinzip des Nudging vielen Menschen nicht bekannt ist, wird es im Alltag sehr häufig angewandt. Dafür gibt es die verschiedensten Beispiele:
- Produkte werden gezielt platziert: Die Verhaltenswissenschaft hat gezeigt, dass Handlungen von Menschen oftmals schon durch kleine Handgriffe verändert werden können. Wird in einer Cafeteria das Obst auf Augenhöhe platziert, während ungesunde Snacks und Süßigkeiten in ein unteres Regal gestellt werden, kaufen Verbraucher eher das gut sichtbare Obst. Sie werden sanft dazu animiert, auf einen gesunden Snack zu setzen.
- Es werden Anreize geschaffen: In Kopenhagen wurde vor einigen Jahren ein Experiment gestartet. In der U-Bahn gibt es sowohl eine Rolltreppe als auch eine normale Treppe. Auf dieser wurden musikalische Stufen angebracht, die bei Berührung einen Ton von sich gaben. U-Bahn-Nutzer wurden dadurch dazu angestupst, sich mehr zu bewegen.
- Es werden Limits kommuniziert: Verhaltensänderungen von Menschen werden häufig durch bewusste Limitierungen geschaffen. Viele Hotels arbeiten dazu mit Sätzen wie „Nur noch zwei Zimmer verfügbar“, während Onlineshops häufig auf zeitlich begrenzte Rabattaktionen setzen. Durch diese Stupser werden Interessenten dazu gebracht, das Angebot in Kauf zu nehmen, bevor es nicht mehr verfügbar ist.
Diese drei Beispiele für Nudging zeigen, dass es oftmals kleine Aspekte sind, mit denen die Menschen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Wenn du bewusst durch den Alltag gehst, wird dir in Zukunft vielleicht auch auffallen, dass du an der ein oder anderen Stelle beeinflusst werden sollst.
Wieso eignet sich Nudging so gut für das Marketing?
Dieses Anstupsen begegnet uns tagtäglich – wir nehmen es nur nicht bewusst wahr. Genau darin liegt laut der Verhaltensökonomie der Erfolg von Nudging: Es handelt sich nicht um eine Bevormundung und auch nicht um Verbote. Darüber hinaus schränkt es auch die Entscheidungsfreiheit nicht ein, sondern regt vielmehr unterbewusste Verhaltensänderungen an.
Genau darin liegt das große Potenzial von Nudge-Marketing. Es ruft keine negativen Gefühle hervor, sondern eher positive. Dass es für Verbraucher auch mit Spaß verbunden sein kann, zeigt das Beispiel aus der Kopenhagener U-Bahn. Während viele Marketingkampagnen Verbraucher belehren möchten, setzt Nudging lieber auf sanfte Stupser in eine bestimmte Richtung.
Mit diesem Gestaltungsmittel kannst du dein Angebot noch attraktiver machen und den Erfolg deines Marketings steigern. Dafür gibt es die verschiedensten Strategien und Einsatzmöglichkeiten.
3 Einsatzmöglichkeiten für das Nudge-Marketing
Es gibt die unterschiedlichsten Beispiele für Nudging. Wichtig ist, dass du deine Nudges an deine individuelle Situation anpasst.
Platziere gezielte Angebote an Points of Sale
Nudging wird besonders häufig an Points of Sale (POS) eingesetzt. In einem Ladengeschäft handelt es sich dabei um die Kasse, wo gezielt Produkte platziert werden, die „mal eben“ mitgenommen werden können.
In einem Onlineshop wird Nudging ein wenig anders angewendet. Du kannst beispielsweise Produkte anzeigen lassen, die bestens zu den Artikeln im Warenkorb passen. Das Ganze kann auch schon früher stattfinden: Verlinke auf der Produktseite eines Artikels gezielt andere Angebote, die dazu passen. Das geht auch im Ladengeschäft: Da findest du im Sommer zum Beispiel häufig einen aufgebauten Grill mit den dazu passenden Getränken und Snacks.
Hebe besondere Produkte hervor
Ein weiteres Beispiel für die Einsatzmöglichkeiten von Nudging ist das gezielte Hervorheben bestimmter Produkte. In vielen Shops findest du Labels wie „Bestseller“ oder „Fast ausverkauft“. Mit solchen Hinweisen kannst du das Konsumverhalten eines Nutzers verändern – dass du ihn dabei anstößt, merkt er vermutlich gar nicht.
Ein gutes Beispiel für Nudging in Onlineshops ist zudem die Sortierung nach Topsellern. Wird ein Produkt häufig gekauft, suggerierst du damit, dass es gut ist und schon viele andere Kunden zufriedengestellt hat. Das wird die Entscheidung des Nutzers unterschwellig beeinflussen.
So baust du eine erfolgreiche Nudging-Kampagne in 6 Schritten auf
Laut der Definition von Nudging handelt es sich um eine Strategie, mit der du Menschen sanft in eine bestimmte Richtung schubsen kannst. Was in der Theorie leicht klingen mag, kann in der Praxis ganz schön schwierig sein. Nudge-Marketing sollte an deine individuelle Situation und auch an deine Zielgruppe angepasst werden.
Diese sechs einfachen Schritte helfen dir dabei, eine erfolgreiche Nudging Kampagne aufzubauen:
- Analysiere das aktuelle Kaufverhalten: Im ersten Schritt solltest du prüfen, wie deine Kunden sich derzeit verhalten und an welchen Punkten es Verbesserungen geben könnte. Wenn User den Kauf beispielsweise immer wieder an einer bestimmten Stelle abbrechen, kann es helfen, wenn du sie dort leicht anstößt.
- Lege notwendige Veränderungen fest: Nach deiner ersten Bestandsaufnahme solltest du definieren, an welchen Stellen das Kaufverhalten optimiert werden muss. Lege dabei am besten nicht zu viele Punkte fest, sondern fokussiere dich auf die wichtigsten Aspekte.
- Trage mögliche Nudges zusammen: Wenn du weißt, an welchen Stellen du deinen Kunden einen Stupser geben möchtest, kannst du damit beginnen, erste Ideen zu sammeln. Bei Nudges kann es sich beispielsweise um Labels, bestimmte Formulierungen oder Hinweise handeln. Suche Schubser, die zu deiner individuellen Situation passen.
- Entscheide dich für eine Nudging-Strategie: Wenn du mögliche Nudges gesammelt hast, solltest du wenig später eine finale Entscheidung treffen. Im Idealfall beschränkst du dich auf ein bis zwei Anstöße, denn diese sollten nach Möglichkeit unbemerkt bleiben.
- Setze das Nudging um: Sobald du dich für eine Nudging-Strategie entschieden hast, setzt du die Veränderungen um. Implementiere die ausgewählten Labels oder füge Produktvorschläge ein. Die Nudges sollten genau zu deiner Zielgruppe passen und dein ursprüngliches Problem lösen.
- Überprüfe den Erfolg deiner Maßnahmen: Ist dein Nudging umgesetzt, solltest du nach einiger Zeit prüfen, ob deine Maßnahmen erfolgreich sind. Analysiere das Kaufverhalten erneut und achte dabei besonders darauf, ob Nutzer den Kauf immer noch an derselben Stelle wie zuvor abbrechen. Nimm, wenn nötig Anpassungen vor, um dein Nudging zu optimieren.
Behalte dabei immer im Hinterkopf: Du möchtest deine Kunden nur leicht anschubsen – Bevormundung oder Verbote wirken sich laut der Verhaltensforschung negativ aus. Starte deshalb lieber mit unterschwelligen Nudges. Auch diese können einen großen Effekt haben.
Kritik an Nudge-Marketing: Ist die Methode ethisch vertretbar?
Die Definition von Nudging besagt, dass leichte Schubser ausreichen, um Individuen zu beeinflussen. Das Konzept von den Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlern Thaler und Sunstein wird genau dafür kritisiert. In der Verhaltensforschung fragt man sich, ob Nudging überhaupt ethisch vertretbar ist.
Schränkt Nudging die Wahlfreiheit ein?
Nudging basiert auf dem libertären Paternalismus. Dieses Menschenbild geht von der Annahme aus, dass wir nicht immer dazu in der Lage sind, gute und richtige Entscheidungen für uns zu treffen.
Kritiker sehen dies als Beleidigung an und bemängeln, dass Nudging die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher einschränkt. Sie argumentieren zudem, dass beim Nudging nicht die Nutzenmaximierung für den Kunden im Vordergrund steht, sondern der Umsatz eines Unternehmens.
Ist Nudging überhaupt wirksam?
Wirtschaftswissenschaftler stellen hingegen den Nutzen von Nudging infrage. Sie gehen davon aus, dass Menschen sich immer für die erste Option entscheiden, die ihre Bedürfnisse erfüllt. Das Verhalten ist somit vorhersagbar und folgt einem gleichbleibenden Muster.
Demnach wäre Nudging überflüssig, da die Kaufentscheidung dadurch gefällt wird, welches Produkt zuerst angesehen wird. Gestaltungsmittel, mit denen verschiedene Optionen beworben oder hervorgehoben werden, wären somit erfolglos.
Fällen Individuen ihre Kaufentscheidung nicht selbst?
Die Kritik an der Nudging-Methode wird von verhaltensökonomischen Forschern wie Richard Thaler zurückgewiesen. Sie argumentieren, dass Menschen in einer Entscheidungssituation die Kaufentscheidung letztendlich selbst fällen. Nudging beeinflusse diese zwar, böte aber auch andere Optionen. Es gäbe deshalb durchaus eine Wahlfreiheit: Auch wenn ein Produkt mit dem Label „Bestseller“ gekennzeichnet sei, könne der Nutzer sich für eine andere Option entscheiden.
Fazit: Setze Nudging gekonnt ein und leite deine Kunden sanft in eine bestimmte Richtung
Wenn du dein Angebot effektiver vermarkten möchtest, kann Nudging eine gute Methode sein, deine Kunden zu einer bestimmten Aktion zu verleiten.
Beschränke dich dabei auf ein dezentes Vorgehen, mit dem du Interessenten unterschwellig beeinflusst.
5 Key Takeaways zum Thema Nudging
👉 Das kann beispielsweise durch das gezielte Platzieren eines Produkts, die Einführung eines unterhaltsamen Anreizes oder eine Limitierung erreicht werden.
👉 Nudge-Marketing ist deshalb so erfolgreich, weil es unterbewusste Signale sendet und Menschen unterschwellig in eine bestimmte Richtung leitet.
👉 Eine Nudging-Kampagne führst du am besten ein, indem du das aktuelle Kaufverhalten analysierst und an passenden Stellen Nudges einbaust. Prüfe deinen Erfolg nach einer Weile und nimm bei Bedarf Optimierungen vor.
👉 An Nudging wird Kritik geübt, da es von der Annahme ausgeht, dass Menschen nicht immer die besten Entscheidungen für sich treffen können. Zudem wird kritisiert, dass Verbraucher manipuliert werden.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Nudging
An dieser Stelle möchten wir häufig gestellte Fragen zum Thema Nudging beantworten.
Was sind Beispiele für Nudging?
Bekannte Beispiele für Nudging sind Produktpositionierung in Geschäften, Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen, Fliegenaufkleber in Pissoirs oder Suggestivfragen.
Ist Nudging Manipulation?
Nudging soll Menschen dazu bewegen, etwas zu tun, dass sie sonst nicht machen würden. Deshalb kann es als Manipulation angesehen werden, da es Personen dazu bringen kann, bestimmte Entscheidungen zu treffen, die sie ohne die Einflussnahme nicht getroffen hätten.
Ist Werbung Nudging?
Werbung ist kein, aber nutzt oft Nudging. Konsumenten werden zwar dazu bewegt, ein Produkt zu kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Jedoch soll ein Mensch mit Nudging subtil beeinflusst werden. Bei den meisten Werbungen ist dem Kunden klar, dass er zum Kauf bewegt werden soll.
Was sind Vorteile von Nudging?
Einer der größten Vorteile ist, dass Nudging oft sehr günstig oder sogar kostenlos ist. Zusätzlich werden deine Kunden, anders als bei aufdringlicher Werbung, nicht unter Druck gesetzt etwas zu kaufen. Stattdessen nimmst du ihnen die Qual der Wahl und sie behalten trotzdem ihre Entscheidungsmacht.
Was ist Digital Nudging?
Digital Nudging ist der Einsatz von unmerklichen Signalen auf Websites und in Apps, um User zu beeinflussen, eine bestimmte Entscheidung zu treffen. Ein bekanntes Beispiel sind die Sprechblasen auf der IKEA-Website. Die beinhalten kurze Sprüche, die den Leser auf bestimmte Produkte besonders aufmerksam machen.