OEE: Definition, Anwendungsgebiete und wie du diese Kennzahl berechnest

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 07.08.2024 | Lesezeit ca. Min.

Maschinenstillstände, ineffiziente Prozesse und Qualitätsmängel – all diese Faktoren können Unternehmen viel Geld und Nerven kosten. Overall Equipment Effectiveness (OEE) liefert eine Lösung: Diese Kennzahl offenbart Schwachstellen im Produktionsprozess – damit du gezielt handeln kannst.

Unser Artikel behandelt die bedeutendsten Aspekte der OEE und lehrt dich, wie du diese Kennzahl ermittelst, einsetzt und optimierst:

  • Grundlagen und Anwendungsgebiete der Gesamtanlageneffektivität
  • Umfassende Anleitung zur Berechnung der OEE-Kennzahl
  • Tipps zur Verbesserung deiner OEE und Best Practices in unterschiedlichen Industriezweigen

Worauf wartest du? Mach dich ans Werk und finde heraus, wie OEE dein Produktionsmanagement optimieren kann!

OEE: Grundlagen und Bedeutung

Die Gesamtanlageneffektivität (OEE) ist eine Kennzahl zur Bewertung und Optimierung von Produktionsprozessen in Unternehmen. Sie beschreibt die Produktivität, Rentabilität und Gesamteffektivität von Produktionsanlagen.

Ursprünglich wurde sie 1988 vom Japan Institute of Plant Maintenance entwickelt und ist in Normen wie der ISO 22400-2:2014 und der VDI 3423:2011-08 definiert. Der Wertebereich der Gesamtanlageneffektivität liegt abgestuft zwischen 0 Prozent und 100 Prozent. Je nach Geschwindigkeit des Produktionsprozesses kann der Wert allerdings kurzzeitig auch über 100 Prozent liegen.

Begriffsklärung und Relevanz

Der Begriff Overall Equipment Effectiveness (OEE) lässt sich übersetzen in "Gesamtanlageneffektivität", ab und an wird auch "Gesamtanlageneffizienz" verwendet.

Mithilfe dieser Kennzahl können Unternehmen die Effektivität ihrer Produktionsprozesse beurteilen und optimieren, was wiederum ihre Produktivität und Profitabilität steigert. Die OEE bietet einen Überblick über die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Maschinen und dient zur Identifikation von Effizienzengpässen und Verbesserungspotenzialen.

Ziele der OEE-Analyse

Die Analyse der OEE-Indikatoren verfolgt das Hauptziel, die Effizienz von Produktionsanlagen systematisch zu messen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:

  • Erkennung und Beseitigung von Engpässen und Ineffizienzen in der Produktion
  • Reduzierung von Maschinenstillstandzeiten und Ausfallzeiten
  • Steigerung der Auslastung von Ereignissen und Anlagen
  • Optimierung der Produktqualität und Minimierung von Ausschuss
  • Fortlaufende Verbesserung der Prozesse und Effizienz
  • Unterstützung bei der Entscheidungsfindung und Investitionsplanung

Die OEE-Analyse liefert Unternehmen somit wertvolle Ansatzpunkte zur Verbesserung ihrer Produktionsprozesse und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Die drei Hauptfaktoren von OEE

Die Gesamtanlageneffektivität (OEE) setzt sich aus drei Faktoren zusammen: Verfügbarkeitsfaktor, Leistungsfaktor und Qualitätsfaktor.

Verfügbarkeitsfaktor

Der Verfügbarkeitsfaktor misst die Anlagenverfügbarkeit im Vergleich zur Betriebszeit. Eine hohe Anlagenverfügbarkeit bedeutet, dass die Maschine überwiegend einsatzbereit und effektiv ist, was zu einer besseren Gesamtanlageneffektivität führt.

Durch Minimierung der Rüstvorgänge, Vermeidung von Anlagenausfällen und Prozessfehlern sowie durch eine Optimierung der Rüstzeiten kannst du den Verfügbarkeitsfaktor verbessern und dadurch die OEE steigern.

Leistungsfaktor

Der Leistungsfaktor ist ein weiteres zentrales Element für die OEE-Berechnung und misst den Leistungsgrad der Maschine im Vergleich zur maximal möglichen Leistung. Leistungsverluste können durch eine Vielzahl von Gründen entstehen, beispielsweise aufgrund ineffizienter Zykluszeiten oder überproportionaler Rüstzeiten.

Dein Ziel ist es, durch die Optimierung der Zykluszeit und den Abbau von unnötigen Leistungsverlusten diesen Faktor zu erhöhen und somit die OEE zu verbessern.

Qualitätsfaktor

Der dritte Hauptfaktor innerhalb der OEE-Formel ist der Qualitätsfaktor. Die Qualitätsrate oder der Qualitätsfaktor misst den Einfluss von Ausschuss und Nacharbeiten auf die Gesamtanlageneffektivität, wobei eine höhere Qualitätsrate auf einen geringeren Ausschuss und weniger Nacharbeit hinweist.

Durch eine gezielte Reduzierung von Ausschuss und Nacharbeiten sowie durch eine stetige Verbesserung der Produktqualität wird der Qualitätsfaktor positiv beeinflusst, was zu einer höheren OEE führt.

OEE-Berechnung: Schritt für Schritt

Allgemeine Formeln

Die Berechnung der Gesamtanlageneffektivität (OEE) stützt sich auf die Multiplikation der oben erklärten Hauptfaktoren: Verfügbarkeitsfaktor (V), Leistungsgrad (L) und Qualitätsrate.

OEE = V × L × Q
  • Verfügbarkeitsfaktor: Dieser Faktor berechnet sich aus der Laufzeit bis zum Auftreten eines Anlagenausfalls (dA) und der Wiederherstellungszeit bzw. Stillstandszeit (dW). In der Praxis wird oft eine Erfassungsgrenze von einer Minute Anlagenausfall verwendet.
V = dA / (dA + dW)
  • Leistungsgrad: Hierbei handelt es sich um ein Maß für Verluste durch Abweichung von der geplanten Zykluszeit, kleinere Ausfälle und Leerläufe. Die Berechnung erfolgt wie folgt:
L = Ist-Leistung / Soll-Leistung
  • Qualitätsrate: Diese Rate berechnet den Verlust durch defekte und nachzuarbeitende Teile. Die Gutmenge meint dabei die Anzahl der produzierten Teile. Die Formel lautet:
Q = (Gutmenge – Ausschussteile – Nacharbeitsteile) / Gutmenge

Eine OEE von 85 Prozent gilt allgemein als "sehr gut" und variiert je nach Anlagentyp und Produktionsmechanismus.

OEE für mehrere Maschinen

Bei der Berechnung der OEE für mehrere Maschinen ist es wichtig, die Einzelwerte zu berücksichtigen und richtig zu kombinieren. Eine Möglichkeit besteht darin, die Gesamtanlageneffektivität für jede Maschine zuerst einzeln zu berechnen und die Ergebnisse dann zu einem Durchschnittswert zusammenzuführen.

Eine andere Methode ist die Multiplikation der Einzelwerte. Für drei verkettete Anlagen mit jeweils 90 Prozent wäre die OEE des Gesamtsystems = 0,9 × 0,9 × 0,9 = 0,729.

OEE von Produktionslinien

Die OEE von Produktionslinien unterscheidet sich von der Berechnung für einzelne Maschinen. Bei verketteten Anlagen wird die OEE durch Multiplikation der einzelnen Werte reduziert – wie im vorherigen Abschnitt beschrieben.

Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht die Rüstzeit der Anlagen. Daher sollte die Gesamtanlageneffektivität nicht mit der technischen Verfügbarkeit verwechselt werden.

Bei der Ermittlung der OEE von Produktionslinien sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Qualitätsgrad: Der Qualitätsfaktor wird berechnet als Verhältnis der gut produzierten Teile zur Summe von Gut- und Schlechtteilen, also Q = Gutteile / (Gutteile + Schlechtteile).
  • Prozessfehler: Die in der DIN EN 13306:2017 Norm definierte Größe MOTBF (Mean Operating Time Between Failures) kann in die OEE-Berechnung einfließen. Dieser Wert gibt an, wie lange durchschnittlich zwischen Anlagenausfällen gearbeitet wird.
  • Leerlaufzeiten: Der Leistungsgrad wird angepasst, um Verluste durch Maschinentaktzeit, kleinere Ausfälle und Leerlaufzeiten zu berücksichtigen: L = Ist-Leistung / Soll-Leistung.

Anwendungsgebiete und Best Practices

Die OEE-Kennzahl (Overall Equipment Effectiveness) findet in vielen Branchen Anwendung und unterstützt dabei, Prozessfehler zu identifizieren und zu eliminieren. Ihr Hauptziel besteht darin, die Produktivität von Anlagen und Maschinen zu erhöhen. Im Folgenden zeigen wir exemplarisch, wie du die OEE in verschiedenen Industriezweigen nutzen kannst und geben Optimierungstipps für den Einsatz in deinem Betrieb.

Branchenspezifische Beispiele

  • Automobilindustrie: Bei der Herstellung von Fahrzeugteilen ermöglicht die OEE-Kennzahl, Leistungsverluste und Stillstände entlang der Produktionskette aufzuspüren. So kann die Produktionseffizienz maßgeblich gesteigert werden.
  • Lebensmittelindustrie: In diesem Sektor unterstützt die OEE-Analyse dabei, die Produktionszeit optimal auszuschöpfen und beispielsweise Ausfallzeiten von Verpackungsmaschinen zu reduzieren, was zu einer höheren Durchlaufgeschwindigkeit bei konstant hoher Qualität führt.
  • Pharmaindustrie: In pharmazeutischen Betrieben kann mithilfe der OEE-Kennzahl die Qualität der hergestellten Arzneimittel kontinuierlich überwacht und auf einem hohen Niveau gehalten werden. Gleichzeitig trägt die Methode dazu bei, Produktionsausfälle auf ein Minimum zu reduzieren.

OEE-Optimierungstipps

Um die OEE in deinem Unternehmen zu optimieren, empfehlen wir die folgenden Strategien:

  1. Betriebsdatenerfassung: Sammle kontinuierlich Daten von Maschinen und Anlagen, um eine verlässliche Grundlage für die OEE-Berechnung zu schaffen.
  2. Teamarbeit: Beziehe dein gesamtes Team in die OEE-Analyse und Verbesserungsmaßnahmen mit ein. Dadurch entsteht ein gemeinsamer Fokus auf die Produktionsziele und die Mitarbeitermotivation wird gestärkt.
  3. Seiichi Nakajima-Prinzip: Berücksichtige das von Seiichi Nakajima entwickelte TPM-Konzept (Total Productive Maintenance), welches darauf abzielt, Verschwendung in jedem Fertigungsprozess zu minimieren und dadurch die Produktivität zu steigern.
  4. Regelmäßige Überprüfung: Setze dich nicht auf eine festgelegte OEE-Kennzahl fest, sondern analysiere regelmäßig die erreichten Werte, um kontinuierlich an der Verbesserung deiner Prozesse zu arbeiten.

Fazit: OEE meistern – Produktivität steigern

Das hast du gelernt: Die Gesamtanlageneffektivität (OEE) erfasst die Leistungsfähigkeit der Maschinen basierend auf den Hauptfaktoren Verfügbarkeitsfaktor, Leistungsfaktor und Qualitätsfaktor. Eine konsequente OEE-Analyse ermöglicht es Unternehmen, ihr Produktionsniveau zu optimieren und sogar branchenspezifisch anzupassen.

Nutze die vielfältigen Potenziale der Gesamtanlageneffektivität, um zukünftig sowohl die Produktivität als auch die Qualität zu erhöhen und damit die Wettbewerbsfähigkeit deines Unternehmens nachhaltig zu stärken.

FAQ

Nachstehend werden die am häufigsten gestellten Fragen beantwortet.

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