Präsentismus: Definition, Ursachen, Folgen – und wie du ihm entgegenwirkst

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 18.12.2024 | Lesezeit ca. Min.

Präsentismus ist ein Phänomen, das in vielen Unternehmen unterschätzt wird. Es beschreibt die Situation, in der Mitarbeiter trotz Krankheitsfall, Erschöpfung oder psychischer Belastungen zur Arbeit erscheinen und ihre Aufgaben nur eingeschränkt erfüllen können.

Dabei kann dieses Verhalten sowohl die Gesundheit der Mitarbeiter als auch die Produktivität eines Unternehmens langfristig negativ beeinflussen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Folgen und mögliche Maßnahmen, um Präsentismus gezielt entgegenzuwirken:

  • Verständnis von Präsentismus: Definition, Ursachen und Abgrenzung zum Absentismus
  • Kosten und Folgen des Präsentismus für Mitarbeiter und Unternehmen
  • Präventive Maßnahmen und Lösungsansätze zur Reduzierung des Präsentismus

Legen wir los!

Präsentismus: ein weit verbreitetes Phänomen

Präsentismus beschreibt das Verhalten von Arbeitnehmern, die trotz Krankheit arbeiten, obwohl sie die Möglichkeit hätten, sich krank zu melden oder krankschreiben zu lassen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) identifiziert Präsentismus als ein Phänomen der modernen Arbeitswelt. Es steht dabei im Gegensatz zum Absentismus.

Präsentismus und Absentismus: Der Unterschied

Absentismus beschreibt das Verhalten von Arbeitnehmern, die regelmäßig nicht zur Arbeit kommen, obwohl sie eigentlich gesund sind. Der Hauptunterschied zwischen Präsentismus und Absentismus liegt also darin, ob Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit oder ohne gesundheitliche Gründe fernbleiben. Beide Phänomene verursachen jedoch erhebliche Kosten für Unternehmen und können negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten haben.

Zu unserem ausführlichen Artikel über den Absentismus geht es hier: Absentismus: Definition, Ursachen und Maßnahmen, um ihm entgegenzuwirken. Schau mal rein!

Die vielschichtige Natur des Präsentismus

Präsentismus ist ein vielschichtiges und komplexes Problem, das durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Eine Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) und der Techniker Krankenkasse hat ergeben, dass jeder zweite Angestellte manchmal, häufig oder sehr häufig krank zur Arbeit geht. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Präsentismus sowohl als individuelles als auch strukturelles Problem auftreten kann, bei dem persönliche Motivationen und organisatorische Rahmenbedingungen eine Rolle spielen.

Krankheitsarten, die häufig zu Präsentismus führen

Einige Krankheitsarten begünstigen den Präsentismus:

  • Erkältungen und grippale Infekte
  • Rücken- und Gelenkschmerzen
  • Kopfschmerzen und Migräne
  • Chronische Erkrankungen

Die betroffenen Arbeitnehmer werden durch diese Krankheitsarten häufig nicht komplett arbeitsunfähig, jedoch beeinträchtigt deren Zustand die Leistungsfähigkeit und Produktivität. Zudem erhöht das Arbeiten trotz Krankheit das Ansteckungsrisiko für Kollegen und steigert die Wahrscheinlichkeit für Folgeerkrankungen und längere Genesungszeiten. Die daraus resultierenden Kosten werden sowohl von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern oftmals unterschätzt.

Ursachen für Präsentismus: Warum Menschen trotz Krankheit arbeiten

Im Folgenden erforschen wir die unterschiedlichen Ursachen des Phänomens Präsentismus.

1. Arbeitsplatzbezogene Faktoren

  • Arbeitsverdichtung und Zeitdruck: Hohe Arbeitsbelastung und enge Zeitpläne können Mitarbeiter dazu veranlassen, trotz Krankheit zu arbeiten, um Arbeitsrückstände zu vermeiden.
  • Kulturelle Erwartungen: In einigen Unternehmen existiert eine unausgesprochene Erwartung, dass Mitarbeiter auch bei Krankheitsfall präsent sein sollten, was den Präsentismus fördert.
  • Angst vor Arbeitsplatzverlust: Die Sorge, bei Abwesenheit als weniger engagiert wahrgenommen zu werden oder den Arbeitsplatz zu gefährden, kann dazu führen, dass Mitarbeiter krank zur Arbeit erscheinen.

2. Persönliche Faktoren

  • Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein: Ein starkes Verantwortungsgefühl gegenüber Kollegen und dem Unternehmen kann Mitarbeiter dazu bewegen, trotz gesundheitlicher Beschwerden zu arbeiten.
  • Unterschätzung der eigenen Erkrankung: Manche Mitarbeiter nehmen ihre Krankheitssymptome nicht ernst genug und entscheiden sich daher, zur Arbeit zu gehen.
  • Finanzielle Anreize: In leistungsabhängigen Vergütungssystemen kann der finanzielle Druck dazu führen, dass Mitarbeiter auch bei Krankheit arbeiten, um Einkommenseinbußen zu vermeiden.

Die Auswirkungen von Präsentismus auf Unternehmen und Mitarbeiter

Die Auswirkungen des Präsentismus auf Unternehmen und Mitarbeiter sind vielfältig und lassen sich in unterschiedliche Kategorien unterteilen. Dazu zählen wirtschaftliche Verluste, gesundheitliche Beschwerden sowie vermehrte Fehler und Unfälle am Arbeitsplatz.

Wirtschaftliche Verluste und Produktivitätseinbußen

Präsentismus ist oft ursächlich für einen Produktivitätsverlust, der höher ausfallen kann als bei herkömmlichen Fehlzeiten oder temporärer Arbeitsunfähigkeit. Folglich entstehen beträchtliche wirtschaftliche Kosten für Betriebe.

Diese Situation führt zu einer Verschlechterung der Arbeitsproduktivität und der allgemeinen Arbeitsleistung, die durch unzureichende Arbeitsbedingungen und erhöhte Krankheitsanfälligkeit der Beschäftigten unterstützt wird.

Gesundheitliche Folgeschäden

Präsentismus begünstigt das Entstehen oder Verstärken von chronischen Krankheiten, ein Vorgang, der auch als Chronifizierung bekannt ist. Arbeitnehmer mit einem schlechteren Gesundheitszustand tragen ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Dies wiederum kann längere Krankenstände und erhöhte Fehlzeiten nach sich ziehen.

Ansteckungsgefahr für Kollegen

Wenn kranke Mitarbeiter trotz Symptomen zur Arbeit erscheinen, steigt die Ansteckungsgefahr für Kollegen, da sich Erreger in der Arbeitsumgebung ausbreiten. Nicht nur die Arbeitszufriedenheit leidet darunter, sondern auch Fehlzeiten und gesundheitliche Belastungen des gesamten Teams nehmen zu.

Höheres Risiko für Fehler und Unfälle am Arbeitsplatz

Der Präsentismus beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit von Arbeitnehmern. Das Risiko für Arbeitsunfälle und Fehler in der Tätigkeit erhöht sich aufgrund der daraus resultierenden reduzierten Arbeitsqualität. Besonders in sicherheitsrelevanten Bereichen sind solche Fehlerpotenziale kritisch – Unkonzentriertheit kann schwerwiegende Folgen haben.

Präsentismus kostet: Verborgene Ausgaben für Unternehmen

Neben den offensichtlichen wirtschaftlichen Verlusten durch Produktivitätseinbußen führt Präsentismus auch zu versteckten Ausgaben für Unternehmen. Beispiele dafür sind:

  • Die langfristige Überforderung und Erschöpfung der Mitarbeiter.
  • Die Notwendigkeit, zusätzliche Ressourcen bereitzustellen, um die fehlende Arbeitsleistung auszugleichen.
  • Die Belastung des Betriebsklimas und der Arbeitszufriedenheit, die zu einer höheren Mitarbeiterfluktuation beitragen kann.
  • Das erhöhte Risiko, dass ein Mitarbeiter dauerhaft ausfällt und somit ein Arbeitsplatzverlust eintritt, der wiederum weitere Kosten verursacht.

Strategien für die Präsentismus-Prävention

Um den Präsentismus erfolgreich zu bekämpfen und seine negativen Folgen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter sowie die betriebliche Effizienz zu verhindern, können Arbeitgeber verschiedene präventive Maßnahmen und Umgangsstrategien anwenden. Hierzu zählen:

Eine mitarbeiterfreundliche Unternehmenskultur schaffen

Studien zeigen, dass eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur maßgeblich dazu beiträgt, den Präsentismus zu reduzieren. Dazu sollten Arbeitgeber folgende Aspekte berücksichtigen:

  • die Wertschätzung der Mitarbeiter fördern
  • über die Risiken von Präsentismus aufklären
  • offene Kommunikation und Dialoge mit häufig kranken Mitarbeitern führen
  • Aufklärungskampagnen und Seminare zur Prävention und zum Umgang mit Präsentismus durchführen

Es ist ebenfalls wichtig, ausreichend personelle und zeitliche Ressourcen bereitzustellen, um die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter zu reduzieren. Ein gesundes Arbeitsumfeld hilft, die Angst vor übermäßiger Arbeitsbelastung und den daraus resultierenden Präsentismus bei Kollegen abzubauen.

Führungsrollen als Vorbilder nutzen

Um den Präsentismus erfolgreich zu bekämpfen, sollten Führungskräfte als Vorbild agieren und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter in den Vordergrund stellen. Dazu sollten sie folgende Punkte berücksichtigen:

  1. die eigene Arbeitsumgebung und das eigene Verhalten kritisch reflektieren
  2. ideale Arbeitsbedingungen schaffen, sodass die Mitarbeiter keine Angst vor dem Zusammentreffen mit Vorgesetzten haben
  3. offen und transparent mit den Mitarbeitern über gesundheitliche Anliegen kommunizieren
  4. eine konstruktive Feedbackkultur etablieren
  5. den Fokus auf Ergebnisse legen, anstatt auf ständige Anwesenheit zu bestehen

Flexible Arbeitsmodelle fördern

Die Etablierung flexibler Arbeitsmodelle und die Anpassung von Zielvorgaben in Bonusmodellen können dazu beitragen, Präsentismus in Unternehmen zu reduzieren. Beispielsweise können Arbeitgeber:

  • Telearbeit oder Homeoffice ermöglichen
  • Flexible Arbeitszeiten oder Gleitzeit einführen
  • Work-Life-Balance unterstützen und fördern
  • die Anpassung der Arbeitsbelastung an die individuellen Fähigkeiten und gesundheitlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter ermöglichen

Durch diese Maßnahmen können Arbeitgeber eine gesunde und nachhaltige Arbeitsumgebung schaffen, in welcher der Präsentismus reduziert wird. Gleichzeitig können sie so die Zufriedenheit und Produktivität ihrer Mitarbeiter erhöhen.

Präsentismus: 4 Tipps für erfolgreiches Gegensteuern

Betriebliches Gesundheitsmanagement und gesundheitsfördernde Maßnahmen

Ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) kann das Fortschreiten von Krankheiten eindämmen und Präsentismus reduzieren. Zu den wirkungsvollsten Maßnahmen gehören:

  • Gesundheitstage zur Sensibilisierung und Information
  • Sportangebote für körperliche Fitness
  • Kooperationen mit Fitnessstudios
  • Kurse zur Stressbewältigung und Rückengesundheit

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat festgestellt, dass die Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit und Fehlzeiten in der Arbeitsumgebung, der Ernährung und der Arbeitszeit liegen. Durch betriebliches Gesundheitsmanagement und entsprechende Maßnahmen können Unternehmen die Geschlechtergleichstellung fördern und die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter steigern.

Aufklärung über Präsentismus und seine Folgen

Um Präsentismus effektiv zu bekämpfen, ist es wichtig, die Belegschaft über dessen negative Folgen aufzuklären. Informationsmaterial und Schulungen schärfen das Bewusstsein für die Auswirkungen von Präsentismus und motivieren Mitarbeiter, bei Krankheit eher zu Hause zu bleiben und sich auszukurieren, statt unter Zwang zur Arbeit zu gehen.

Regelmäßige Mitarbeitergespräche und offene Kommunikation fördern

Eine offene und konstruktive Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten hilft dabei, Präsentismus entgegenzuwirken. Regelmäßige Mitarbeitergespräche bieten Gelegenheit, über persönliche Anliegen und gesundheitliche Probleme zu sprechen. Auf diese Weise können Führungskräfte früh geeignete Maßnahmen ergreifen, um den physischen und psychischen Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter zu erhalten.

Stressmanagement-Methoden für Mitarbeiter bereitstellen

Da der Arbeitsalltag häufig Stress beinhaltet, ist es von Vorteil, wenn Betriebe im Rahmen des BGM ihren Mitarbeitern Methoden zur Stressbewältigung anbieten. Hier einige Empfehlungen:

  • Achtsamkeitstraining zur Entspannung und Förderung der Konzentration
  • Progressive Muskelentspannung zur Reduzierung stressbedingter Anspannung
  • Kurse, um Work-Life-Balance zu verbessern
  • Workshops zur Entwicklung von individuellen Stressbewältigungsstrategien

Durch die gezielte Einführung solcher gesundheitsfördernder Maßnahmen können Unternehmen sowohl die Arbeitsunfähigkeit als auch die Präsentismusquote senken, ohne dass Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit darunter leiden.

Fazit

Präsentismus, also das Erscheinen von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz trotz Krankheit, kann sowohl individuelle als auch strukturelle Ursachen haben und führt zu wirtschaftlichen Verlusten sowie gesundheitlichen Schäden. Um dieses Phänomen erfolgreich zu bekämpfen, sind präventive Maßnahmen und betriebliches Gesundheitsmanagement unerlässlich.

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

  • Ursachen: Eine Kombination aus arbeitsbezogenen, personenbezogenen und organisationsbezogenen Faktoren liegt dem Präsentismus zugrunde.
  • Folgen: Präsentismus verursacht nicht nur wirtschaftliche Einbußen, sondern auch gesundheitliche Folgeschäden, ein erhöhtes Ansteckungs- und Unfallrisiko am Arbeitsplatz.
  • Prävention: Mit einer mitarbeiterfreundlichen Unternehmenskultur, flexiblen Arbeitsmodellen und betrieblichem Gesundheitsmanagement lässt sich Präsentismus eindämmen.

Nutze als Arbeitnehmer oder Führungskraft diese Erkenntnisse, um die Arbeitsumgebung und das betriebliche Miteinander zu optimieren. Eine gesündere und produktivere Arbeitswelt ist möglich, wenn du aktiv dazu beiträgst, das Problem des Präsentismus zu lösen.

FAQ

Im Folgenden sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Quellen:

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