Quiet Firing: Bedeutung, Anzeichen und was du als Arbeitnehmer dagegen tun kannst

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 07.02.2025 | Lesezeit ca. Min.

Stell dir vor, du wirst in deinem Job ignoriert, bekommst keine spannenden Aufgaben mehr und jede Chance auf eine Gehaltserhöhung oder Beförderung bleibt aus – und das trotz hoher Leistungsbereitschaft deinerseits. Dein Chef spricht kaum mit dir, plötzlich fühlst du dich wie ein Geist im eigenen Unternehmen. Willkommen beim Quiet Firing – der leisen Art, Mitarbeiter loszuwerden, ohne sie offiziell zu entlassen.

Es kann schwierig sein, dieses Phänomen wahrzunehmen – geschweige denn dagegen vorzugehen. Doch keine Angst – wir sind hier, um wertvolle Informationen, Anzeichen und praxistaugliche Strategien vorzustellen, die dir helfen, Quiet Firing zu erkennen und entgegenzuwirken.

Los geht's!

Quiet Firing: Bedeutung und Anzeichen

Quiet Firing beschreibt eine Strategie, bei der Unternehmen versuchen, Mitarbeiter indirekt aus dem Unternehmen zu drängen, ohne sie offiziell zu kündigen.

Dabei werden Arbeitsbedingungen so gestaltet, dass betroffene Angestellte sich unwohl fühlen und letztlich von selbst gehen. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen geschehen, etwa durch das bewusste Zurückhalten von Beförderungen, die Verweigerung von Weiterbildungen oder das systematische Übergehen bei wichtigen Projekten. Oft wird auch der Kontakt zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern auf ein Minimum reduziert, Feedback bleibt aus, und die Betroffenen spüren, dass sie im Unternehmen nicht mehr erwünscht sind.

Klassische Gründe für das Vorgehen

Der Hauptgrund für Quiet Firing liegt oft darin, dass Unternehmen direkte Kündigungen vermeiden wollen, entweder aus Kostengründen (Stichwort Abfindung), um langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zu umgehen oder um ihren Ruf als fairer Arbeitgeber zu wahren. Statt eine klare Trennung auszusprechen, werden Mitarbeiter also so demotiviert, dass sie von selbst kündigen. Besonders in Unternehmen mit starren Hierarchien oder toxischer Unternehmenskultur kann diese Methode häufiger vorkommen.

Warnsignale für Quiet Firing

Warnsignale für Quiet Firing sind oft subtil, aber wenn du mehrere davon über einen längeren Zeitraum bemerkst, könnte dein Arbeitgeber versuchen, dich zum Gehen zu bewegen.

  • Ein häufiges Zeichen ist, dass du keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten mehr bekommst. Wenn du konsequent bei Beförderungen übergangen wirst, keine neuen Projekte oder Herausforderungen erhältst und dir Weiterbildungen oder Schulungen verweigert werden, könnte das ein Hinweis sein.
  • Ein weiteres Warnsignal ist fehlendes Feedback und Kommunikation. Wenn dein Vorgesetzter plötzlich kaum noch mit dir spricht, wichtige Meetings ohne dich stattfinden oder deine Arbeit nicht mehr gewürdigt wird, kann das darauf hindeuten, dass du schrittweise aus dem Team gedrängt werden sollst.
  • Auch bewusste Isolierung ist ein Indiz. Falls deine Aufgaben an andere verteilt werden, du von Teamaktivitäten ausgeschlossen wirst oder das Gefühl hast, nicht mehr in Entscheidungen einbezogen zu werden, könnte das Teil einer Strategie sein, dich zu demotivieren.
  • Ein weiteres Zeichen ist eine plötzliche Verschlechterung deiner Arbeitsbedingungen. Das kann sich in Form von unerwarteten Versetzungen, schlechteren Arbeitszeiten, erhöhter Arbeitslast oder fehlenden Ressourcen für deine Aufgaben äußern. Wenn dir systematisch Steine in den Weg gelegt werden, ist das oft kein Zufall.

Wenn du das Gefühl hast, dass dein Arbeitgeber dich loswerden will, solltest du aktiv das Gespräch suchen, klare Fragen zu deiner Zukunft stellen und gegebenenfalls nach neuen Karrieremöglichkeiten Ausschau halten.

Was Quiet Firing mit Betroffenen macht

Für die betroffenen Mitarbeiter kann Quiet Firing eine extrem belastende Erfahrung sein. Die ständige Unsicherheit und das Gefühl, unerwünscht zu sein, wirken sich nicht nur auf die Arbeitsleistung, sondern auch auf das persönliche Wohlbefinden aus. Da es sich um eine schleichende Strategie handelt, wird sie oft erst spät erkannt, wenn die Unzufriedenheit bereits sehr groß ist.

Quiet Firing kann bei den betroffenen Mitarbeitern psychische Narben hinterlassen und ihr Selbstwertgefühl schmälern. In Extremfällen kann dies sogar zu einem Burnout führen, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Auch finanziell kann Quiet Firing problematisch sein. Wer lange in einem toxischen Arbeitsumfeld verharrt, verpasst möglicherweise Karrierechancen oder Gehaltserhöhungen. Viele kündigen aus Verzweiflung selbst, oft ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben, was zu finanziellen Engpässen führen kann.

Quiet Firing: Folgen für Unternehmen sind nicht zu unterschätzen

Nicht nur die betroffenen Mitarbeiter leiden unter den negativen Auswirkungen des Quiet Firings, auch Unternehmen bekommen die langfristigen Folgen zu spüren. Dazu zählen:

  • Verschlechterung der Arbeitskultur und des betrieblichen Arbeitsklimas
  • Beeinträchtigung der Arbeitsleistung und der Produktivität insgesamt
  • Abbau des Vertrauens unter Kollegen
  • negative Auswirkungen auf das Arbeitgeberimage und erschwerte Gewinnung neuer Talente

Die allgemeine Stimmung im Team und das Vertrauen unter den Kollegen können durch Quiet Firing in Mitleidenschaft gezogen werden, was direkte negative Effekte auf die Arbeitskultur und das Gesamtklima hat.

Unterschied zu Mobbing, Bossing und Quiet Quitting

Diese Begriffe stehen oft in Verbindung, sind aber klar voneinander abzugrenzen. Während Quiet Firing, Mobbing und Bossing aus einer toxischen Unternehmenskultur resultieren, ist Quiet Quitting eine bewusste Reaktion von Arbeitnehmern auf schlechte Arbeitsbedingungen oder fehlende Anerkennung.

Quiet Firing Mobbing Bossing Quiet Quitting
Definition Arbeitgeber drängt Mitarbeiter indirekt zum Gehen, indem Entwicklungsmöglichkeiten und Anerkennung entzogen werden Systematische Schikane durch Kollegen oder Vorgesetzte, um jemanden auszugrenzen oder zu demütigen Mobbing durch Vorgesetzte, gezielt eingesetzt, um Mitarbeiter zu vertreiben oder zu unterdrücken Mitarbeiter reduziert bewusst sein Engagement auf das Minimum, ohne aktiv zu kündigen
Initiator Unternehmen oder Vorgesetzte Kollegen oder das gesamte Team Führungskräfte oder Vorgesetzte Der Mitarbeiter selbst
Ziel oder Absicht Mitarbeiter zur Eigenkündigung bewegen, um eine direkte Entlassung zu vermeiden Betroffene psychisch unter Druck setzen oder aus dem Unternehmen drängen Kontrolle über Mitarbeiter behalten oder diese bewusst aus dem Unternehmen drängen Arbeitspflichten erfüllen, aber keine zusätzlichen Anstrengungen unternehmen
Typische Anzeichen Keine Beförderungen, fehlendes Feedback, Isolation, Entzug von Aufgaben oder Ressourcen Lästern, Ausgrenzung, Demütigungen, absichtliche Fehlerzuweisungen Direkte Schikane, Demütigung, Drohungen oder übermäßige Kontrolle durch Vorgesetzte Keine Überstunden, keine freiwilligen Zusatzaufgaben, strikte Einhaltung des Arbeitsvertrags
Reaktion des Betroffenen Frustration, Unsicherheit, sinkende Motivation, oft schließlich Kündigung Psychische Belastung, Angst, Arbeitsunfähigkeit oder Kündigung Stress, Resignation oder Wechsel des Arbeitgebers Bewusstes Distanzieren, Vermeidung von Stress oder Überarbeitung
Langfristige Folgen Karriereeinschränkungen, sinkendes Selbstvertrauen, mögliche finanzielle Einbußen Psychische Schäden, Burnout, Jobverlust Hohe Fluktuation, negative Unternehmenskultur Geringere Produktivität, mögliche Konflikte mit Arbeitgebern

Strategien und Maßnahmen gegen Quiet Firing

Eine effektive Bekämpfung von Quiet Firing erfordert ein Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure im Unternehmen. Führungskräfte, die Personalabteilung und betroffene Arbeitnehmer müssen gemeinsam handeln.

Führungskräfte: Rolle und Verantwortung

Führungskräfte haben eine entscheidende Funktion im Umgang mit Quiet Firing. Es ist ihre Aufgabe, eine offene Kommunikationskultur zu etablieren und den Austausch von Feedback aktiv zu fördern. Sie sollten in der Lage sein, Warnsignale bei den Angestellten frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.

Kritik muss konstruktiv geäußert werden, um die Abhängigkeit der Arbeitnehmer von ihren Vorgesetzten zu minimieren. Im Einklang mit dem Personenschutzgesetz sind Führungskräfte verpflichtet, stets das Wohl ihrer Mitarbeiter im Auge zu behalten und ihnen bei Bedarf unterstützend zur Seite zu stehen.

Human Resources: Prävention und Reaktion

Die Personalabteilung ist ein zentraler Akteur im Kampf gegen Quiet Firing. Sie trägt maßgeblich dazu bei, solche Entlassungspraktiken zu verhindern und darauf angemessen zu reagieren. Dazu sollte die Personalabteilung:

  • ein respektvolles Miteinander im gesamten Unternehmen fördern,
  • proaktiv Gespräche mit potenziell betroffenen Mitarbeitern initiieren,
  • Fälle von Quiet Firing untersuchen, die von betroffenen Arbeitnehmern oder Beobachtern gemeldet wurden.

Durch derartige Maßnahmen kann die Personalabteilung effektiv zur Verhinderung von Quiet Firing beitragen und somit die mentale Gesundheit der Angestellten schützen.

Was du als Arbeitnehmer dagegen tun kannst

Als Arbeitnehmer hast du selbst ebenfalls Handlungsoptionen, um Quiet Firing entgegenzuwirken. Folgende Vorgehensweisen können dabei hilfreich sein:

  1. Offene Gespräche suchen: Der Dialog mit Vorgesetzten oder Kollegen kann helfen, Missverständnisse auszuräumen und eine Klärung der Situation herbeizuführen.
  2. Versetzung anstreben: Sofern das Arbeitsumfeld als problematisch empfunden wird, kann eine Versetzung in eine andere Abteilung oder ein anderes Team eine mögliche Lösung darstellen.
  3. Aufhebungsvertrag in Erwägung ziehen: In besonders belastenden Fällen kann ein Aufhebungsvertrag dazu beitragen, sich aus einer unbefriedigenden Arbeitsplatzsituation zu lösen.

Grenzen setzen: Warum 'Nein' sagen wichtig ist

Eine konstruktive Kommunikation bildet das Fundament erfolgreicher Beziehungen am Arbeitsplatz. Um eine respektvolle Kommunikationskultur zu unterstützen, sollten folgende Aspekte beachtet werden:

  • Offenheit: Teile Bedenken und Anliegen frühzeitig mit Vorgesetzten und Kollegen.
  • Aktives Zuhören: Zeige Einfühlungsvermögen und Interesse an den Sorgen anderer.
  • Konstruktives Feedback: Gebe und empfange Rückmeldungen, die auf Fakten basieren, und passe sie an individuelle Bedürfnisse an.

Der Zusammenhang zwischen 'Nein' sagen und Quiet Firing unterbinden

Um Quiet Firing entgegenzuwirken, ist auch Selbstbehauptung notwendig. Oftmals geschieht Quiet Firing, weil Arbeitnehmer ihre Grenzen nicht deutlich genug aufzeigen. Hier sind einige Beispiele, wie das rechtzeitige 'Nein' sagen Quiet Firing verhindern kann:

  1. Unangemessene Arbeitsbelastung abwehren: Sprich offen über Überlastung und erwäge, gegebenenfalls Aufgaben abzulehnen.
  2. Steh für deine Rechte ein: Erkenne und wehre dich gegen Mobbing, Bossing oder Quiet Firing.
  3. Rückendeckung suchen: Finde Unterstützung bei Kollegen, der Personalabteilung oder externen Beratern, um effektive Strategien im Umgang mit Quiet Firing zu entwickeln.

Unterstützung durch Führungskräfte und die Personalabteilung

Führungskräfte und die Personalabteilung sind wichtige Akteure, um Quiet Firing zu unterbinden und respektvolle Grenzen am Arbeitsplatz zu fördern. Dazu gehört:

  • Die Etablierung eines offenen Kommunikationsklimas, das den Austausch von Ideen und Bedenken erleichtert.
  • Aufklärungsarbeit über Quiet Firing, damit Mitarbeiter Warnsignale erkennen und angemessen handeln können.
  • Bereitstellung von Schulungen und Ressourcen zur Stärkung der individuellen Kompetenzen in der Bewältigung von Quiet Firing.
  • Implementierung von geeigneten Sanktionen oder Richtlinien, um Quiet Firing zu unterbinden und eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen.
Quiet Firing: 4 Strategien zur Bewältigung

Fazit

Quiet Firing, also das gezielte Drängen von Mitarbeitern zur Selbstkündigung ohne direkte Entlassungsgespräche, wird immer häufiger. Um dessen negative Folgen für das Arbeitsklima zu minimieren, ist es wichtig, Anzeichen rechtzeitig wahrzunehmen und effektive Gegenstrategien zu entwickeln. Die richtigen Maßnahmen können nicht nur das Wohlbefinden betroffener Mitarbeiter erhöhen, sondern auch den Teamgeist stärken.

  • Warnsignale erkennen: Zu den typischen Indikatoren für Quiet Firing zählen Entzug von Aufgaben und Verantwortlichkeiten, soziale Ausgrenzung sowie mangelnde Kommunikation.
  • Angemessenes Handeln: Führungskräfte, Personalabteilung und betroffene Arbeitnehmer sollten gemeinsam gegen Quiet Firing vorgehen, indem sie offen kommunizieren, sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten.
  • Mental Health im Fokus: Da Quiet Firing erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Betroffenen haben kann, gilt es, besonderes Augenmerk auf die mentale Stabilität der Mitarbeiter zu legen.

Als Arbeitnehmer bist du in der Verantwortung, deine persönlichen Grenzen zu erkennen und dich aktiv für ein offenes und respektvolles Arbeitsumfeld einzusetzen. Nur so kannst du Quiet Firing aufdecken und dessen negativen Folgen entgegenwirken. Nutze deine Möglichkeiten, um ein positives Arbeitsklima zu fördern und dich gegen heimliche Kündigungsversuche zu wehren.

FAQ

Hier finden sich die Antworten auf häufige Fragen.

Quellen:

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