Scrum-Velocity: Was beschreibt die Velocity und wie kann ich sie berechnen?

Von Thomas Sesli, geprüft durch Anne Lorenz (zertifiziert von Hubspot)
Aktualisiert am 13.10.2024 | Lesezeit ca. Min.

Scrum ist ein angesagtes Framework. Einige Unternehmen oder Teams greifen allerdings auf Scrum zurück, ohne die Methode wirklich zu verstehen oder korrekt anzuwenden. Dass eine tatsächliche Umsetzung von Scrum die Leistungsfähigkeit von Teams messbar und damit nachweislich verbessern kann, zeigt die Scrum-Velocity. In diesem Artikel widmen wir uns intensiv den kritischen Fragen und Herausforderungen rund um das Thema Scrum-Velocity. Wir präsentieren dir:

  • Eine präzise Erklärung der Scrum-Velocity und deren Bedeutung im agilen Kontext
  • Die Berechnung der Velocity und deren praktische Anwendung für die Planung von Projekten
  • Strategische Tipps zur Steigerung der Team-Velocity und zur Interpretation der Ergebnisse

Lass uns gemeinsam herausfinden, wie du diese Erkenntnisse optimal für dein Projektmanagement nutzen kannst.

Die Scrum-Velocity: Bedeutung und Berechnung

Im agilen Umfeld, etwa bei Scrum, kommt es auf die Leistungsfähigkeit von Entwicklerteams an – und diese ist messbar. Die sogenannte Scrum-Velocity misst, wie viel Arbeit ein Team pro Sprint abschließt. Dabei meint ein Sprint einen festgelegten Zeitraum, in dem eine bestimmte Arbeitsleistung erledigt wird.

Scrum-Velocity gibt demnach einen konkreten Aufschluss über die Planung und das Leistungsvermögen. Mithilfe der Velocity können auch Kunden realistische Erwartungen an ein Projekt setzen, Missverständnissen vorbauen und effektiver zusammenarbeiten. Doch wie genau lässt sie sich berechnen?

Der Stellenwert der Velocity im agilen Kontext

Konkreter dient die Velocity als Maßeinheit in agilen Frameworks (etwa Scrum), um die Menge an Arbeit zu bestimmen, die ein Team innerhalb eines festgelegten Zeitraums erledigen kann, beispielsweise pro Sprint oder pro Monat. Dabei gilt es, den Arbeitsaufwand mithilfe eines Wertesystems abzuschätzen, das diesen relativiert und vergleichbar macht.

Im Scrum-Prozess werden Aufgaben oder Elemente meist in einer Einheit namens "Punkte" bewertet. Die Velocity eines Teams wird auf Grundlage dieser Punkte ermittelt und gibt an, wie viele Punkte einem Element zugewiesen werden. Da dies subjektiv ist, kann es von Team zu Team Unterschiede geben. Ein solches Punktesystem bietet dennoch einen hilfreichen Anhaltspunkt, um den Fortschritt und die Effizienz verschiedener Teams zu vergleichen.

Sprint Planning: Velocity als Entscheidungsgrundlage

Ein zentraler Bestandteil des Scrum-Prozesses ist das Sprint Planning. Hier greift man auf die Velocity zurück, um realistische Zielsetzungen und Zeitpläne für zukünftige Projekte zu erstellen. Das Planen der Sprints mithilfe korrekter Velocity-Werte trägt dazu bei, eine optimale Auslastung der Entwicklungsteams zu gewährleisten.

Die Velocity kann auf verschiedene Weise betrachtet werden:

  • Die durchschnittliche Velocity eines Teams zeigt auf, wie viel Arbeit das Team gewöhnlich in einem bestimmten Zeitrahmen bewältigen kann.
  • Individuelle Velocity-Werte können hingegen verdeutlichen, welche Teammitglieder besonders effektiv arbeiten und wo ihre jeweiligen Stärken oder Schwächen liegen.

Indem die Velocity in Planungs- und Entscheidungsprozesse integriert wird, können Scrum-Teams potenzielle Enttäuschungen von Kunden und Kollegen minimieren. Gleichzeitig ermöglicht es eine kontinuierliche Verbesserung des Workflows und der eigenen eingespielten Abläufe, womit sich langfristig die Gesamtleistung steigern lässt.

Die Berechnung der Scrum-Velocity: Schritt für Schritt

Wir fassen zusammen: Die Velocity ist ein zentrales Konzept im Scrum-Modell, das Auskunft über die Leistungsfähigkeit eines Teams innerhalb eines bestimmten Zeitraums gibt. In diesem Kapitel zeigen wir dir, wie man sie berechnet.

Arbeitsaufwand bestimmen: Was ist zu tun?

Um die Velocity eines Teams berechnen zu können, müssen wir zunächst den Arbeitsaufwand für die einzelnen User Stories im Backlog ermitteln. Dazu werden die Stories in sogenannte Story Points geschätzt. Story Points stellen den relativen Aufwand dar, den ein Team benötigt, um eine Story abzuschließen.

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Lesetipp

Ein Sprint-Backlog ist eine Liste von Aufgaben, die im nächsten Scrum-Sprint abgearbeitet werden sollen. Es wird zu Beginn des Sprints vom Scrum-Team erstellt und enthält alles, was zur Erreichung des Sprint-Ziels notwendig ist. basierend auf den Items des Scrum-Projekts, dem sogenannten Product-Backlog. Um den Aufwand zur Umsetzung eines Backlog-Items zu schätzen braucht es wiederum die Story Points. Die Artikel zum Sprint-Backlog und zu Story-Points findest du hier:

Das Sprint-Backlog: Profi-Tipps für die Optimierung deiner Scrum-Projekte

Story Points in Scrum: Wie du sie richtig einsetzt, um Aufwände zu schätzen

  • Im Sprint-Planning gibt das Team gemeinsam eine Prognose zum Arbeitsaufwand der einzelnen Stories.
  • Überprüft, ob die Schätzungen plausibel sind und passt sie gegebenenfalls an.
  • Tauscht sich untereinander aus und zieht Erfahrungswerte heran, um realistische Schätzungen abgeben zu können.

Ein Praxisbeispiel für die Berechnung der Velocity

Um die praktische Anwendung der Velocity-Berechnung zu veranschaulichen, betrachten wir ein fiktives Scrum-Team und seine Story Points über drei abgeschlossene Sprints:

  1. Sprint 1: Das Team hat 20 Story Points erledigt.
  2. Sprint 2: Das Team hat 29 Story Points erledigt.
  3. Sprint 3: Das Team hat 23 Story Points erledigt.

Zur Berechnung der durchschnittlichen Velocity addieren wir die erledigten Story Points der einzelnen Sprints und teilen das Ergebnis durch die Anzahl der Sprints:

(20 + 29 + 23) = 72 / 3 = 24

Das Ergebnis; Die durchschnittliche Velocity des Entwicklerteams liegt bei 24 Story Points pro Sprint. Mithilfe dieser Information kannst du nun abschätzen, wie viele Sprints das Team benötigt, um den gesamten Arbeitsaufwand im Backlog zu bewältigen. Angenommen, das Team hat 347 Story Points im Backlog:

347 / 24 = 14,5

Das Ergebnis: Das Team benötigt etwa 15 Sprints, um alle Aufgaben abzuarbeiten.

In einem weiteren Beispiel legen wir den Arbeitsaufwand für bestimmte Stories fest:

  • Story 1: 2 Punkte
  • Story 2: 9 Punkte
  • Story 3: 4 Punkte

Das Entwicklerteam schließt Story 2 und 3 erfolgreich ab, während Story 1 nur zu 70 Prozent fertiggestellt wird. Die Velocity für diesen Sprint beträgt demzufolge:

9 (Story 2) + 4 (Story 3) = 13

Das Ergebnis: Die Velocity für diesen Sprint liegt bei 13 Punkten. Dabei ist zu beachten, dass die unvollständig bearbeiteten Story Points von Story 1 in dieser Betrachtung nicht berücksichtigt werden.

Visualisierung und Nutzung der Velocity

Die Velocity ist einen zentraler Wert in der agilen Projektplanung. Daher ist ihre ansprechende grafische Darstellung und effektive Nutzung für ein erfolgreiches Projektmanagement unerlässlich. In diesem Kapitel erfährst du, wie du die Velocity optimal präsentierst und verwendest.

Darstellung der Velocity: Wie zeigt man sie anschaulich?

Die Visualisierung der Velocity erfolgt häufig mithilfe eines Burndown-Charts. Diese grafische Darstellung macht es möglich, den Fortschritt des Entwicklungsteams während des aktuellen Sprints nachzuvollziehen und die künftige Arbeit abzuschätzen.

Im Burndown-Chart werden auf der X-Achse die geplanten Arbeitstage und auf der Y-Achse der Arbeitsaufwand dargestellt. Ein wichtiger Aspekt der Darstellung liegt in der farblichen Unterscheidung von:

  • geplantem Zeit- und Arbeitsaufwand,
  • tatsächlichem Zeit- und Arbeitsaufwand und
  • Ideal-Linie der Velocity.

Scrum-Velocity als Leistungsfaktor im agilen Prozess

Die Anwendung der Velocity bringt verschiedene Vorteile für das agile Projektmanagement mit sich. Sie kommt insbesondere bei der Planung künftiger Sprints und der Identifikation von Verbesserungspotenzialen zum Einsatz:

  1. Einschätzung der Leistungsfähigkeit: Die regelmäßige Überprüfung der Velocity liefert dem Projektteam einen Überblick über die erbrachte Teamleistung in vergangenen Sprints.
  2. Vorhersagen für die Projektdauer: Mithilfe der Velocity können Projektverantwortliche abschätzen, wie lange es noch dauert, um alle Aufgaben im Backlog abzuschließen.
  3. Anpassungen und Optimierungen: Die Velocity ermöglicht es, das Entwicklungsteam und dessen Arbeitsweise im Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit zu optimieren. So können Anpassungen am geplanten Arbeitsumfang vorgenommen werden.
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Velocity in Kanban

Gut zu wissen: Neben Scrum findet die Velocity auch in Kanban Anwendung. Dabei kommen beliebige Timeboxen zum Einsatz.

Bei sogenannten Replenishment-Meetings kann ein Kanban-Team anhand der durchschnittlichen Velocity die Arbeit planen, die aus dem Backlog in die "To Do"-Spalte verschoben werden kann. Die Verwendung dieser Metrik ist somit auch in Kanban ein zentraler Aspekt für die Planung des Arbeitsaufwands.

Interpretation und Optimierung der Scrum-Velocity

Die Velocity im agilen Kontext kann sich von Sprint zu Sprint unterscheiden. Um das Teamverständnis zu vertiefen und Optimierungen vorzunehmen, ist das Analysieren dieser Veränderungen im Laufe der Zeit hilfreich. In diesem Kapitel untersuchen wir die Bedeutung von Velocity-Schwankungen und präsentieren dir drei Tipps, die zur Verbesserung der Team-Velocity beitragen.

Die Bedeutung von Velocity-Veränderungen im Zeitverlauf

Eine detaillierte Analyse der Velocity-Schwankungen über mehrere Sprints hinweg ermöglicht einen Einblick in die Faktoren, die die Produktivität des Entwicklerteams beeinflussen. Ist die Velocity steigend, ist das ein Indikator für eine verbesserte Arbeitsgeschwindigkeit und -effizienz des Teams.

Abnehmende Velocity-Werte deuten hingegen auf wachsende Herausforderungen oder Hindernisse bei der Erledigung von Aufgaben hin. Es ist wichtig zu betonen, dass die Velocity nicht herangezogen werden sollte, um die Leistung einzelner Teammitglieder zu beurteilen oder bei der Berechnung von Belohnungen oder Boni einzubeziehen.

Die Retrospektive am Ende eines Sprints stellt eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Diskussion und Reflexion über Veränderungen der Velocity dar. Dabei kann das Team die Ursachen für steigende oder fallende Velocity erkennen und dieses Wissen nutzen, um methodische Anpassungen im nächsten Sprint gezielt umzusetzen.

3 Tipps für die Verbesserung der Team-Velocity

  1. Arbeitsaufwand realistisch einschätzen: Eine präzise Einschätzung des Arbeitsaufwands stellt sicher, dass die im Sprint geplante Arbeit in einem realistischen Rahmen erfolgt. Eine Über- oder Unterschätzung der Aufgabenkomplexität erschwert eine kontinuierliche Steigerung der Velocity.
  2. Kommunikation und Zusammenarbeit fördern: Ein offenes und eng zusammenarbeitendes Team ist meist produktiver. Im Scrum-Prozess sollten regelmäßige Team-Meetings, Pair Programming sowie die gemeinschaftliche Weiterentwicklung von Lösungsansätzen gefördert werden. Dies trägt zur sicheren Lieferung von Arbeitspaketen bei.
  3. Impediment Management: Die aktive Identifikation und Beseitigung von Störungen, Missverständnissen oder anderen Hindernissen im Arbeitsprozess wirken sich positiv auf die Team-Velocity aus. Proaktive Kommunikation innerhalb des Teams und die Unterstützung durch Scrum-Master oder Management sind dabei essenziell.

Bei der Optimierung der Team-Velocity ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass dieser Wert allein das Team nicht vollständig abbilden kann. Dennoch dient er als Grundlage, um Verbesserungspotenziale im agilen Prozess zu erkennen und zielführend anzugehen.

Scrum-Velocity: 4 Tipps für optimierte Planung
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Velocity und andere Metriken: Alternativen und Ergänzungen

In diesem Kapitel widmen wir uns einer Reihe von gängigen Metriken im agilen Umfeld, die in Ergänzung zu Velocity oder als Alternative dazu herangezogen werden können. Wir untersuchen dabei deren Anwendungsbereiche, um dir ihre Eignung sowohl für Scrum- als auch für Kanban-Projekte aufzuzeigen.

Alternative Metriken in agilen Vorhaben: Wann sind sie sinnvoll?

Obwohl die Velocity im Rahmen agiler Projekte zentral für die Planung und Abarbeitung des Product Backlogs ist, gibt es Umstände, unter denen andere Metriken besser geeignet oder hilfreicher sein können. Abhängig von den Eigenschaften und Anforderungen eines Projekts könnten die folgenden alternativen Metriken in Betracht gezogen werden:

  • Lead Time: Die Zeitspanne von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung einer Arbeitseinheit. Diese Metrik eignet sich besonders für Projekte mit hoher Priorität oder kurzen Entwicklungszyklen.
  • Cycle Time: Die Zeit, die ein Entwickler für die Abarbeitung einer bestimmten Arbeit benötigt. Diese Metrik kann dazu beitragen, die Geschwindigkeit zu optimieren und Engpässe zu identifizieren.
  • Throughput: Die Anzahl der Arbeitseinheiten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums abgeschlossen wurden. Der Throughput liefert eine aggregierte Darstellung der Produktivität eines Teams.
  • Work In Progress (WIP): Die Anzahl der unfertigen Aufgaben innerhalb eines Teams. Eine Begrenzung der WIP kann helfen, Engpässe zu verhindern und die Geschwindigkeit zu erhöhen.

Anders als die Velocity basieren diese Metriken auf dem, was tatsächlich geleistet werden kann – und nicht auf Prognosen. Daher können sie bei Bedarf mit der Velocity kombiniert werden, um ein umfassenderes Bild der Leistungsfähigkeit eines Teams zu erhalten.

Velocity und Kanban: Gibt es Gemeinsamkeiten?

Eine genauere Betrachtung von Velocity und Kanban offenbart enge Übereinstimmungen, die beide Managementprozesse zum Erfolg führen. Sowohl Scrum als auch Kanban konzentrieren sich auf die kontinuierliche Verbesserung von Arbeitsabläufen. Dies erfolgt durch das Erkennen von Engpässen und Potenzialen, die zu einer schnelleren Abarbeitung des Backlogs führen können.

Auch nutzen beide Systeme Story Points und schaffen so eine verlässliche Vergleichbarkeit. Dadurch wird es möglich, die Geschwindigkeit verschiedener Teams zu bewerten.

Ein grundlegender Unterschied besteht darin, dass Velocity in Scrum als zentrale Metrik zur Steuerung des Prozesses dient, während sich Kanban mehr auf WIP, Lead Time und Cycle Time fokussiert. Trotzdem können beide Ansätze kombiniert werden, um die kontinuierlichen Verbesserungs- und Selbstorganisationsprozesse zu fördern.

Fazit: Scrum-Velocity – Maßstab für agile Leistung

Die Scrum-Velocity gilt als entscheidende Metrik in agilen Entwicklerteams und dient als Bewertungsgrundlage für deren Entwicklungsgeschwindigkeit und -effizienz. Mithilfe von Velocity- und Punktesystemen lassen sich für deine Scrum-Projekte realistische Erwartungen definieren und gezielte Optimierungen einplanen.

Durch die Anwendung dieser Erkenntnisse hast du die Möglichkeit, deinen Arbeitsalltag besser zu strukturieren und kontinuierlich durch Punktesysteme und Velocity-Werte im Scrum-Umfeld zu optimieren. Nutze jetzt die Möglichkeit, dein agiles Team und deine Projektarbeit nachhaltig zu verbessern, um Kunden und Kollegen mit effizienten und realistischen Ergebnissen zu überzeugen.

FAQ

Häufig gestellte Fragen und die dazugehörigen Antworten sind nachfolgend aufgelistet.

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