Clubhouse im Marketing: 4 Strategien, die wirklich funktionieren

Von Sarah Kreilaus
Aktualisiert am 12.02.2024 | Lesezeit ca. Min.

Clubhouse ist ein spannendes Phänomen: Die Idee, Audio-Gruppenchats zur Verfügung zu stellen, ist alles andere als neu. Doch die Clubhouse-Marketingabteilung ist geschickt: künstliche Verknappung, die Arbeit mit Influencern und immer wieder Fear-of-Missing-Out (FOMO) haben der App einen wahren Hype beschert.

Doch Clubhouse-Marketing ist eine Herausforderung, denn die Möglichkeiten sind limitiert: Kein (Bewegt-)Bild, keine Möglichkeit des Nachrichtenaustauschs, live statt on-demand. Eignet sich Clubhouse überhaupt für Unternehmen oder ist Personal Branding die einzige Möglichkeit? Und lohnt es sich überhaupt, sich mit der App auseinanderzusetzen?

Clubhouse: Kurzfristiger Hype oder das nächste große Ding?

Für mich ist der Hype um Clubhouse eher paradox. Klar, das Marketing spielt durch die künstliche Verknappung der Einladungen mit FOMO. Aber unabhängig davon spricht viel dagegen, dass Clubhouse überhaupt für jemanden interessant ist. Letztlich ist Clubhouse ein Ort für linear abrufbare (ja, ich weiß – FOMO strikes again), je nach Host mehr oder weniger interaktive, oft laienhafte Gesprächsrunden.

Und: Die Idee ist nicht neu. Die Yalla-App existiert bereits seit 2016 und bietet Sprach-Gruppenchats an, besitzt allerdings kein deutsches Interface und richtet sich auf den arabisch-türkischen Raum aus. Dennoch kommt die App auf knapp 35 Millionen Nutzer.

Das Spannende ist also, dass Clubhouse dennoch Erfolg hat. Auf der einen Seite versucht die Marketing-/Startup-/Journalisten-Bubble, Clubhouse schon recht professionell zu nutzen. Auf der anderen Seite wird FOMO durch die Skandälchen noch stärker getriggert. Denn Hörer sind „dabei gewesen“, als Phillip Amthor Volkslieder schmetterte, Bodo Ramelow seine Candy-Crush-Eskapade auslöste oder sich Abou-Chaker mit Journalisten über die Berichterstattung von Clan-Kriminalität stritt.

Vermutlich liegt der Erfolg von Clubhouse neben dem geschickten Marketing genau darin, zwei Trendthemen zu vereinen: Podcasts und Social Media.

Sicherlich auch ein Faktor: Durch die Pandemie fehlt uns wohl allen die Möglichkeit, ungezwungen mit anderen Menschen zu plaudern. Auf Clubhouse ist das möglich. Und genauso wichtig: Hier hören die User (bislang) nicht zu, wie Tante Annegret mit Omi über das Wetter spricht, sondern wie Christian Lindner mit Frank Thelen über Gründungen fachsimpelt und Eko Fresh mit Moses Pelham über das Rap-Business diskutiert. Oder sie lauschen, während Sophie Passmann Nudeln isst.

Im Vergleich zu Yalla ist es Clubhouse vor allem gelungen, die richtigen Menschen anzusprechen und auf die Plattform zu holen. Denn erst durch bekannte Persönlichkeiten wird die App überhaupt in dieser Form relevant.

Von vielen Seiten wird Clubhouse das Potenzial zugesprochen, auch langfristig erfolgreich zu bleiben. Der kurzfristige Erfolg ist jedenfalls beeindruckend:

Clubhouse-Hype

Und er reißt nicht ab: Noch immer wird die App häufig downgeloadet. Mehr als 180 Investoren unterstützen sie inzwischen. Der Wert soll sich dadurch verzehnfacht haben.

Wie relevant wird Clubhouse für das Marketing von Unternehmen werden?

Erfolgversprechende Einsatzmöglichkeiten für Unternehmen sind begrenzt. Denn egal ob HR-Recruiting-Events mit Fragerunde, FAQ für die Verwendung von Produkten oder Produktvorstellungen: Sie alle profitieren von der Möglichkeit, ein zusätzliches Bild zu senden. Als vertrauensstiftende Maßnahme und visuelle Unterstützung ist dies reinem Audio weit überlegen. Wer unbedingt mit FOMO arbeiten möchte, kann den Zugang auch auf andere Art und Weise verknappen.

Natürlich schaffen es jetzt schon manche Unternehmen, ihre Bekanntheit mit einem neuen Format zu steigern. Das liegt aber nicht unwesentlich daran, dass sie early adopter sind und die ganze Marketingwelt nach Möglichkeiten sucht, Clubhouse strategisch zu nutzen. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, die diese Formate bekommen. Wenn man Clubhouse aus dieser Gleichung entfernt, ist es keine Neuigkeit mehr.

Obwohl Clubhouse als Audio-only-Social-Network neu erscheint, lässt es wenig Raum für Innovationen. Denn es bietet kaum andere Möglichkeiten als die, die Radio und Podcast bereits seit Jahrzehnten nutzen. Selbstverständlich ist es möglich, Menschen eine Plattform zu geben, Kunden so näher zu kommen. Aber es ist auch kein Zufall, dass viele Radio- und Podcastproramme damit auskommen, nicht ständig mit Hörern zu kommunizieren.

Denn dadurch, dass wahllos Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sich zu Wort zu melden, wird die Qualität bei Clubhouse zur Glückssache. Stattdessen werden im Radio oder Podcast Gesprächsrunden und Interviews mit Experten geführt, sorgsam vorbereitet und oft auch nachbereitet. Eine durchschnittliche Gesprächsrunde auf Clubhouse wird also qualitativ unterlegen sein (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Das bedeutet: Clubhouse als Marketinginstrument für Unternehmen zu nutzen, ist eine Herausforderung. Dennoch gibt es nach meiner Ansicht zwei Methoden, die funktionieren können.

Unternehmensmarketing über Influencer

Wenn sich Clubhouse dauerhaft etablieren kann, wird das Unternehmensmarketing in der „faulen“ Variante vor allem über Personal Branding von geeigneten Mitarbeitern und Influencer-Marketing gehen.

Hauptsächlich im Influencer-Marketing dürfte viel möglich werden, weil sich bereits jetzt eine Menge Influencer auf der Plattform tummeln. Die Intimität der Talks und die dadurch höhere Glaubwürdigkeit könnte die Effizienz erhöhen.

Clubhouse-Influencer-Marketing könnte gerade für Unternehmen relevant sein, die bislang unter Influencern nur schwer geeignete Partner finden. Beispielsweise, weil ihre Themen zu trocken für Instagram und Co. sind oder sie LinkedIn als nicht passend erachten. Clubhouse stellt bereits jetzt eine gute Quelle für meinungsstarke Personen dar, von denen einige sicherlich aufgeschlossen für Kooperationen sind.

Etwas Neues entwickeln: Clubhouse als Unternehmen nutzen

Wer jetzt in Clubhouse-Marketing als Unternehmen einsteigt und sich nicht auf Influencer verlässt, wagt etwas völlig Neues. Dementsprechend kann es hier keine erprobten Erfolgsrezepte geben. Sogar Best-Practice-Beispiele sind noch nicht etabliert. Unternehmen müssen also flexibel sein, wagemutig und im besten Fall auch innovativ.

Eine zentrale Herausforderung ist auf der einen Seite, dass hochwertiger, zu Interaktionen anregender Content immer recht fordernd bei Zeitaufwand und Konzeption ist. Auf der anderen Seite besteht aber das Problem der Schnelllebigkeit: Wenn der Talk vorbei ist, ist er vorbei und der Content streng genommen nicht wiederverwertbar. Klar könntest du gute Talks auch zweitverwerten. Nur wird es für deine Follower dann unwichtiger, beim nächsten Mal live dabei zu sein. Wenn du Clubhouse ernst nimmst, brauchst du also einen echten Mehrwert für diese Plattform.

Das bedeutet auch: Die Formate, die du auf Clubhouse anbietest, sollten möglichst neuartig sein. Doch die Möglichkeiten durch Audio-only sind begrenzt. Hier gilt es also, kreativ zu werden und ein Format zu schaffen, das im Optimalfall nur auf Clubhouse in dieser Form funktionieren kann. Und das ist eine große Herausforderung, denn es liegt nahe, Clubhouse vor allem für Formate zu nutzen, die als Podcast besser funktionieren würden.

Deswegen ist es sinnvoll, sich anzusehen, was bei Clubhouse besser oder zumindest anders ist als bei einem Podcast. Und das sind zwei Faktoren: Der Live-Charakter und die mögliche Interaktion mit deinen Hörern. Es wäre also sinnvoll, ein Format zu entwickeln, das deine Zuhörer einbindet. Die Durchlässigkeit zwischen Speaker und Hörer zu nutzen, ist ein Schlüssel zum Erfolg. Durch User Generated Content entfällt dann im Optimalfall auch ein Teil von sonst notwendigen Vorbereitungen. Die Voraussetzung ist natürlich ein gut geschulter Moderator, der auch mit schwierigen Situationen umzugehen weiß.

Wenn du diesen Ansatz weiterdenkst, gibt es viele Möglichkeiten, die die Interaktion und den Live-Charakter eines Talks unterstreichen und das Format für dein Unternehmensmarketing gut nutzbar machen könnten:

  • Rätsel und Gewinnspiele
  • Live-Rollenspiele/-Hörbücher
  • Auditive Schnitzeljagden oder Kriminalfälle
  • Interaktive Geschichten, bei denen die Zuhörer über den Fortgang bestimmen
  • Überraschungsgäste
  • Kundenmeinungen / Tipps von Kunden / Fragen von Kunden
  • FAQs mit Influencern und anders gesponsorten Personen

Bestimmt fallen dir mit etwas Brainstorming noch weitere Beispiele ein, wie du für deine Zuhörer ein spannendes Live-Erlebnis entwickelst, das zu deiner Brand passt.

Shitstorm-Alarm: Unternehmen müssen vorsichtig sein

Obwohl von Clubhouse selbst keine Aufzeichnungsfunktion vorgesehen ist, bleibt nicht auf Clubhouse, was auf Clubhouse geschieht. Denn es besteht die technische Möglichkeit, Talks extern aufzunehmen und zu transkribieren. Und die Gefahr, sich unbedacht zu äußern, ist immer präsent.

Dazu trägt gerade auch die Stimmung bei, wenn Bekannte „plaudern“ und dabei vergessen, dass sie nicht unter sich sind. Ein Beispiel dafür ist der Shitstorm um Idil Baydar, die in einem Talk auf Clubhouse einem holocaustrelativierenden Kommentar zustimmte und dafür von der WELT und dem Deutschen Journalistenverband kritisiert wurde.

In einem entschuldigenden Statement führt sie „die emotional geführte Debatte“ und „unbedachte Worte“ an. Idil Baydar ist nun kein Medien-Laie, sondern etablierte Kabarettistin und Schauspielerin und durchaus jemand, der häufiger zu kritischen Themen befragt wird und sensibilisiert für diese Thematik ist. Ähnliches gilt auch für Phillip Amthors Volkslieder-Einlage oder Bodo Ramelows Candy-Crush-Eskapade.

Dementsprechend müssen Menschen, die für Unternehmen sprechen, unbedingt geschult werden. Denn Clubhouse kann Chaos sein und negative Nutzererfahrungen fallen auf das veranstaltende Unternehmen zurück. Deswegen brauchen Sprecher Strategien, auf die sie in Abstimmung mit dem Unternehmen souverän zurückgreifen können.

Rassistische, sexistische oder auf andere Art und Weise diskriminierende Äußerungen müssen erkannt und eingeordnet werden. Auf keinen Fall darf eine Stimme des Unternehmens sogar zustimmen oder über solche Äußerungen hinweggehen.

Gleiches gilt für kritische Aussagen über Produkte oder Dienste des Unternehmens, Kollegen oder Konkurrenten, zu Privatem, Geheimem oder aus unternehmenspolitischer Sicht Gefährlichem. Es ist also keineswegs so, als könnte ein Unternehmen seinen redegewandtesten und unterhaltsamsten Mitarbeiter einfach in Talks platzieren und loslegen. Wie bei jedem sozialen Netzwerk müssen Verhaltensweisen definiert und kritische Ereignisse und die Reaktion darauf im Vorfeld besprochen werden, um Imageschäden abzuwenden. Dazu zählt beispielsweise auch, die Themen festzulegen, zu denen sich ein Mitarbeiter äußern darf und Talks, so gut es geht, im Vorfeld auf ihre Zusammensetzung zu untersuchen.

Clubhouse kapern: Talks stürmen – aber mit Stil

Wir kommen zum Personal Branding: Die einfachste Strategie, um auf Clubhouse Follower und Aufmerksamkeit zu generieren, ist natürlich, sich in relevante Gespräche einzuschalten, sich zu Wort zu melden und zu hoffen, als Speaker zugelassen zu werden. Dann gilt es, durch kompetente und kluge Beiträge Aufmerksamkeit zu erzeugen und Follower zu generieren. Wie in jedem sozialen Netzwerk kann diese Taktik zum Selbstläufer werden: Deine Bekanntheit steigt, du wirst eher von anderen gefragt, ob du gern bei Talks dabei wärst und du wirst als Experte wahrgenommen.

Doch du musst beachten: Die Nutzerzahl auf Clubhouse ist derzeit noch recht klein und vermutlich bleibt dies innerhalb von Nischen auch weiterhin der Fall. Wer keine Qualität liefert und sich immer meldet, wird irgendwann als Dampfplauderer bekannt. Durch den negativen Ruf wird er nicht mehr als Speaker zugelassen. Deswegen ist es wichtig, dass du dich als wertvoller Gesprächspartner erweist.

Damit diese Taktik funktionieren kann, beachte die folgenden Tipps:

  • Deine Wortbeiträge müssen Hand und Fuß haben und sich eng auf das Thema beziehen. 
  • Niemand mag es, wenn ein neuer Speaker hinzukommt und einfach nur sich selbst pitcht. 
  • Geh fundiert auf das Gesagte ein.
  • Bereite dich auf Talks im Vorfeld gut vor: Suche relevante Statistiken, Aussagen von Autoritäten oder, noch besser, Studien zum Thema heraus.
  • Bleib höflich, aber sprich lebhaft. 
  • Deine Wortbeiträge sollten kein minutenlanger Monolog sein, sondern den Dialog zum Ziel haben.
  • Sinnvoll kann es auch sein, wenn du weiterführende Informationen parat hältst und diese während des Talks im Instagram- oder X- (vormals Twitter) Profil verlinkst. So haben Zuhörer einen guten Grund, sich näher mit dir zu beschäftigen, und folgen dir vielleicht auf mehreren sozialen Netzwerken. Erwähne das aber nicht andauernd. Einmal reicht.

Clubhouse nicht im luftleeren Raum nutzen

Viele Marktbeobachter sprechen Clubhouse ein großes Marktpotenzial zu. Doch nach meiner Theorie wird das Audio-Netzwerk erst dann wirklich wertvoll für dich, wenn du es nicht für sich nutzt, sondern es mit deinen anderen Marketingaktivitäten kombinierst. Denn Clubhouse kann derzeit ein wichtiger Touchpoint auf einer Customer Journey sein.

Doch Clubhouse an sich ist bislang kein Ort, an dem ich eine große Menge an Conversions sehe. Die Aufmerksamkeit, die du dort erreichen kannst, solltest du so gut es geht auf Kanäle umlenken, die irgendwann zu Conversions führen können.

Doch es gibt auch andere Bereiche, in denen du von Clubhouse profitieren kannst. So ist die Plattform sehr gut dafür geeignet, sich weiter zu vernetzen. Nur sollte es nicht bei einer Vernetzung über Clubhouse bleiben. Da eine Nachrichtenfunktion fehlt, ist eine ergänzende Nutzung von LinkedIn und Co. sicherlich sehr sinnvoll und der gemeinsame Clubhouse-Talk ein guter Aufhänger, um sich auch dort zu vernetzen. Umgekehrt kann auch das bestehende Netzwerk genutzt werden, um auf Clubhouse selbst häufiger als Speaker eingeladen zu werden.

Clubhouse kann zudem ein sehr guter Ort sein, um sich für bestehende Contentprojekte inspirieren zu lassen. Hier findest du schnell heraus, für welche Themen sich die Bubble am meisten interessiert, an welchen Punkten sich die Diskussionen entfachen und in welchen Gebieten deine Expertise höher oder deine Erfahrungen andere sind.

Clubhouse kann also auch dazu beitragen, dass du besser weißt, mit welchem Content du punkten kannst. Du kannst diese Beobachtungen dann dafür nutzen, um Content zu veröffentlichen, der in die Tiefe geht, gut recherchiert ist und vielleicht auch Kontroversen aufgreift und entsprechend Buzz kreiert.

Umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn du an einem Talk teilnimmst, solltest du deiner Instagram- oder X-Gemeinde die Eckdaten mitteilen.

Fazit: Clubhouse ist eine spannende Möglichkeit für Unternehmen

Clubhouse ist perfekt für Brand-Awareness und bietet durch den Live-Charakter und die Interaktion mit den Zuhörern neue Möglichkeiten. Die Herausforderung ist es, passende Konzepte und Formate zu entwickeln, die rein auditiv funktionieren. Wer jetzt früh dabei ist und mit einer spannenden Idee aufwartet, kann als early adopter vom Hype profitieren.

Nur mit lockeren Talkrunden wird sich Clubhouse allerdings nicht halten können. Deswegen ist nur folgerichtig, dass Clubhouse ein Creator-Programm ins Leben gerufen hat, das hochwertigen Content fördern soll. Den Verantwortlichen traut die Branche viel zu, sodass es durchaus möglich ist, den kurzfristigen Hype in einen dauerhaften Erfolg zu wandeln.

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Quellen:

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