Theorie des geplanten Verhaltens: Lassen sich Kundenreaktionen vorhersagen?

Von Steffen Grigori, geprüft durch Ekaterina Broska (Google- und Hubspot-zertifiziert)
Aktualisiert am 26.08.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wie effektiv kannst du Kundenreaktionen vorhersagen? Täglich stellen sich Unternehmen der anspruchsvollen Aufgabe, Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und darauf adäquat zu reagieren. Mit der Theorie des geplanten Verhaltens geht das – zumindest bis zu einem gewissen Grad.

In diesem Artikel erhältst du wertvolle Einblicke in die Theorie des geplanten Verhaltens und erfährst, wie sie zur Entwicklung kundenorientierter Strategien beiträgt. Im Folgenden behandeln wir drei zentrale Aspekte dieses Themas:

  • Grundlagen und historischer Hintergrund der Theorie des geplanten Verhaltens
  • Anwendung dieser Theorie in der Praxis, insbesondere im Bereich Marketing
  • Erörterung von Limitationen und Kritikpunkten der Theorie

Lass uns beginnen!

Grundlagen der Theorie des geplanten Verhaltens

Die renommierten Sozialpsychologen Icek Ajzen und Martin Fishbein sind die Begründer der Theorie des geplanten Verhaltens. Diese Theorie beruht auf der Annahme, dass menschliches Verhalten durch intentionales und planmäßiges Handeln bestimmt wird.

Entstehung und Entwicklungsprozess

Im Laufe der 1980er Jahre suchten Ajzen und Fishbein nach einer strukturierten Methode, die den Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten präziser darstellen könnte.

1985 veröffentlichte Ajzen seine Ideen zur Erweiterung der Theorie des überlegten Handelns, welche den Grundstein für die Theorie des geplanten Verhaltens legten. Dieser neuartige Ansatz führte zu zahlreichen Erkenntnissen in Bezug auf die Vorhersage und Beeinflussung von individuellem Verhalten in verschiedenerlei Bereichen wie Marketing, Gesundheitswesen und Umweltschutz.

Die drei Hauptkomponenten

Die Theorie des geplanten Verhaltens stützt sich auf drei zentrale Komponenten, welche entscheidend zur Vorhersage der Verhaltensabsicht beitragen. Aus diesen Verhaltensweisen wird dann eine Hypothese abgeleitet:

  1. Persönliche Einstellungen
  2. Subjektive Normen
  3. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle

In Kombination prägen sie die Verhaltensabsicht einer Person, die ihrerseits maßgeblich für das tatsächliche Handeln verantwortlich ist. Durch ein besseres Verständnis der Faktoren, die die drei Hauptkomponenten beeinflussen, lassen sich gezielte Strategien entwickeln, um damit Kundenreaktionen effektiver vorherzusagen und steuern zu können.

Persönliche Einstellungen

Die konkrete Einstellung einer Person gegenüber einem bestimmten Verhalten bildet die erste prädiktorische Komponente der Verhaltensabsicht. Hierbei geht es darum, wie positiv oder negativ jemand die Handlung einschätzt:

  • Einstellung: Die Bewertung eines Verhaltens auf einer Skala von positiv bis negativ, basierend auf potenziellen Ergebnissen und deren Gewichtung

Subjektive Normen

Die subjektiven Normen bilden die zweite Komponente, die die Verhaltensabsicht beeinflusst. Diese beziehen sich auf die wahrgenommenen Erwartungen und sozialen Druck von nahestehenden Personen. Diese nehmen Einfluss auf die Entscheidung, ein Verhalten auszuführen:

  • Normativer Einfluss: Die wahrgenommene Meinung von Bezugsgruppen und -personen, wie Familie, Freunden oder Kollegen
  • Subjektive Normen: Die Gesamtheit der normativen Überzeugungen, gewichtet nach ihrer Bedeutung und dem Einfluss der Bezugsgruppen

Wahrgenommene Verhaltenskontrolle

Die dritte und letzte Komponente ist die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Sie beschreibt die erwartete Schwierigkeit oder Einfachheit der Ausführung eines Verhaltens und beeinflusst somit die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensausführung:

  • Wahrgenommene Verhaltenskontrolle: Die Einschätzung der eigenen Fähigkeit, das beabsichtigte Verhalten auszuführen – basierend auf erlebten oder beobachteten Hindernissen und Ressourcen

Anwendung der Theorie des geplanten Verhaltens in der Praxis

Die Theorie des geplanten Verhaltens spielt im Marketing eine wichtige Rolle. Sie hilft dabei, Kundenreaktionen besser einzuschätzen und gezielte Strategien zu entwickeln, um das gewünschte Verhalten zu fördern.

Sie wird hier genutzt, um unter maximaler wahrgenommener Verhaltenskontrolle eine Vorhersage des Verhaltens zu treffen und entsprechende Hypothesen abzuleiten. Da zahlreiche interne und externe Faktoren wie

  • mangelndes Geld,
  • Zeitnot,
  • ungünstige Gelegenheit oder
  • fehlende Fähigkeiten

das intendierte Verhalten behindern können, unterstützt die Theorie Marketingexperten bei ihrer Arbeit.

Kundenreaktionen besser einschätzen

Die Theorie des geplanten Verhaltens ermöglicht es, Kundenverhalten zielgerichtet vorherzusagen. Hierzu wird auf das Zusammenspiel von persönlichen Einstellungen, subjektiven Normen und der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle geachtet.

Der prädiktorische Wert der Theorie ist dabei eng verknüpft mit der Fähigkeit, die drei Hauptkomponenten zu erfassen und zu interpretieren:

  • Die persönlichen Einstellungen und Überzeugungen der Kunden gegenüber einem Produkt oder einer Dienstleistung
  • Die sozialen Einflüsse oder Erwartungen, denen sie ausgesetzt sind
  • Die wahrgenommene Kontrolle über das Ausführen des beabsichtigten Verhaltens

Mithilfe von Marktforschungsinstrumenten wie Umfragen, Interviews und Beobachtungen ist es möglich, diesen Aspekten nachzugehen und Hypothesen über das beabsichtigte Konsumentenverhalten abzuleiten.

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Strategien zur Beeinflussung der Verhaltensabsicht

Marketingprofis setzen verschiedene Strategien ein, um gezielt das geplante Verhalten der Kunden zu beeinflussen. Dabei fokussieren sie sich auf die Hauptkomponenten der Theorie des geplanten Verhaltens und legen folgende Schwerpunkte:

  1. Fokussierung auf persönliche Einstellungen: Mit emotionalem oder informativem Werbematerial können positive Einstellungen zum Produkt gefördert werden, wodurch die Kunden motiviert sind, das beabsichtigte Verhalten auszuführen.
  2. Ausrichtung an subjektiven Normen: Social Media-Kampagnen und Influencer können soziale Normen etablieren, welche das beabsichtigte Verhalten positiv beeinflussen.
  3. Stärkung der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle: Kunden sollen das Gefühl erhalten, dass sie in der Lage sind, das beabsichtigte Verhalten auszuführen. Dies kann beispielsweise durch einfache Zahlungsoptionen oder technische Unterstützung erreicht werden.

Um die Theorie des geplanten Verhaltens erfolgreich in der Praxis anzuwenden, sind eine gute Kenntnis der Kundenbedürfnisse und die Fähigkeit, auf die relevanten Einflussfaktoren gezielt einzugehen, unerlässlich. Dadurch können präzise Maßnahmen getroffen, das beabsichtigte Kundenverhalten vorhergesagt und gefördert werden.

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Praxisbeispiele aus dem Marketing

Fallstudie 1: Kampagne zur Steigerung des Umweltbewusstseins

Die Theorie des geplanten Verhaltens kann dazu genutzt werden, den Erfolg einer Marketingkampagne zur Förderung des Umweltbewusstseins vorherzusagen. Die Analyse der Einstellungen einer Person gegenüber einem Unternehmen, dessen Produkten oder Dienstleistungen ermöglicht es, den Zusammenhang zwischen Umweltbewusstsein und Verhaltensintention zu untersuchen.

Hierbei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

  • Subjektive Normen können gezielt eingesetzt werden, um positives Verhalten zu fördern. Dies kann erreicht werden, indem Meinungen und Ansichten von normativen oder Bezugs-Personen einbezogen werden, welche für den Kunden als Vorbilder fungieren.
  • Positive Emotionen wie Freude und Entspannung können durch Werbemaßnahmen erzeugt werden, um ein positives Image der Marke oder des Produkts zu vermitteln und somit das Konsumentenverhalten zu beeinflussen.
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Fallstudie 2: Einführung eines neuen Produkts

Die Theorie des geplanten Verhaltens kann zur Analyse der Einführung eines neuen Fleischersatzprodukts auf dem Markt herangezogen werden. Um den Einfluss von persönlichen Einstellungen, subjektiven Normen und wahrgenommener Verhaltenskontrolle auf die Kaufabsicht zu untersuchen, wurden folgende Aspekte betrachtet:

  1. Die Einstellung gegenüber dem Kauf von Fleischersatzprodukten steht in positivem Zusammenhang mit der Intention, einen umweltbewussten Lebensstil zu pflegen.
  2. Die subjektive Norm wirkt sich positiv auf den Kauf eines Fleischersatzprodukts aus. Das bedeutet, dass die Meinungen und Einstellungen wichtiger normativer oder Bezugs- Personen die Verhaltensabsicht beeinflussen.
  3. Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle hat einen positiven Einfluss auf den Kauf eines Fleischersatzprodukts. Dies deutet darauf hin, dass die Selbstwahrnehmung der persönlichen Fähigkeiten, beispielsweise im Umgang mit Produktproben oder dem Entdecken neuer Geschmacksrichtungen, die Verhaltensintention prägt.
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Grenzen und Kritikpunkte der Theorie

Die Theorie des geplanten Verhaltens findet im Bereich der Kundenreaktionsvorhersage zwar Anwendung, jedoch stößt sie bei einigen Aspekten an ihre Grenzen und offenbart Kritikpunkte. Eine Person und ihre Handlungen sind komplex, weshalb die Theorie nicht alle Facetten des menschlichen Verhaltens vollständig erklären kann. Hierzu gehören:

  • Vernachlässigung externer Einflüsse
  • Ein Mangel an Rationalität
  • Unzureichende Flexibilität
  • Komplexität des menschlichen Verhaltens

Vorhersagbarkeit und Reichweite der Theorie

Obwohl die Theorie des geplanten Verhaltens Einstellungen, subjektive Normen und wahrgenommene Verhaltenskontrolle als zentrale Variablen ansieht, um Handlungsabsichten vorherzusagen, vernachlässigt sie andere bedeutsame Aspekte.

  • Dazu zählen zum Beispiel unbewusste Einflüsse und Emotionalität, welche ebenfalls das Verhalten einer Person prägen können.
  • Die Theorie stößt zudem an ihre Grenzen, wenn es darum geht, Möglichkeiten zur Beeinflussung von Kundenentscheidungen zu entwickeln. Sie geht von weitgehend rationalen Entscheidungen aus, obwohl Emotionen und spontane Impulse in der Realität oft eine wichtige Rolle spielen.

Kulturelle und individuelle Unterschiede

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Anwendung der Theorie auf unterschiedliche Kulturen und Personen mit diversen persönlichen Hintergründen.

  • Die Theorie nimmt an, dass die Kernvariablen in ähnlicher Weise für alle Menschen gelten. Hierbei wird jedoch vernachlässigt, dass kulturelle und individuelle Unterschiede die Bedeutung von Einstellungen, subjektiven Normen und wahrgenommener Verhaltenskontrolle beeinflussen können.
  • Außerdem kann die Theorie in ihrem Ansatz zu unflexibel sein, um auf Veränderungen im Laufe der Zeit angemessen zu reagieren. Die Dynamik und Anpassungsfähigkeit, die im realen Leben erforderlich sind, um sich an veränderte Bedingungen anzupassen, finden in der Theorie des geplanten Verhaltens nicht ausreichend Berücksichtigung.

Fazit

Die Theorie des geplanten Verhaltens dient dazu, durch bestimmte Prädiktoren das menschliche Verhalten als zielgerichtetes und durchdachtes Handeln zu begreifen. Sie stützt sich auf drei Hauptkomponenten: Einstellung, subjektive Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Im Marketing ermöglicht sie eine bessere Abschätzung von Kundenreaktionen und unterstützt so die Entwicklung maßgeschneiderter Strategien.

Die Theorie des geplanten Verhaltens liefert wertvolle Erkenntnisse für das Verständnis von Kundenreaktionen. Nutze dieses Wissen, um deine Marketingstrategien zu optimieren und eine stärkere Kundenbindung zu erreichen.

FAQ

Antworten zu häufig auftretenden Fragen sind im Folgenden aufgeführt.

Quellen:

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