TikTok Marketing: Der ultimative Leitfaden

Von Sarah Kreilaus
Aktualisiert am 11.03.2024 | Lesezeit ca. Min.

Dieser Artikel hat ungefähr drei Stunden länger gedauert, weil ich immer wieder auf TikTok hängen geblieben bin. Nur kurz einen Link raussuchen — zack, halbe Stunde später. TikTok ist ja ein bisschen verschrien als Plattform, auf der Jugendliche Tänze oder Lipsyncs aufführen, aber tatsächlich gibt es schon jetzt Content, der ältere User in seinen Bann zieht.

Wenn du eine junge Zielgruppe erreichen möchtest, ist TikTok optimal. Doch die Plattform „altert“, wie es bei den meisten sozialen Netzwerken früher oder später der Fall ist. Dein Vorteil: Jetzt sind die großen Brands noch nicht vertreten, die Konkurrenz ist entsprechend klein und die Reichweite, die du dir als neuer Account von der ersten Sekunde an aufbauen kannst, enorm.

Das liegt daran, dass TikTok zum einen bei einer recht hohen Nutzungsdauer enorm viel Content durchläuft. In Deutschland waren es laut futurebiz 2019 täglich rund 39 Minuten, in den USA ganze 82 Minuten.

Gleichzeitig ist die durchschnittliche Dauer eines Videos auf TikTok kurz. In dieser kurzen Zeit kann ein Deutscher dementsprechend 50 bis 100 Videos ansehen. Diese entdeckt er nicht nur durch das Folgen, sondern durch einen Algorithmus, der ihm auf ihn zugeschnittene Videos präsentiert. Im Gegensatz zu vielen anderen sozialen Netzwerken steht hier nicht im Vordergrund, wem du folgst oder wer dir folgt.

Sollte dein Unternehmen auf TikTok vertreten sein?

Wenn du eine junge Zielgruppe hast, gibt es kein besseres soziales Netzwerk für dein Unternehmen. Derzeit ist es immer noch so, dass ein Großteil der Nutzer sehr jung ist: Ungefähr drei Viertel der Nutzer sind unter 24 Jahre alt. Wenn du eine junge Zielgruppe hast, kommst du an TikTok kaum vorbei. Denn gleichzeitig verbreitet sich das soziale Netzwerk rasend.

Etwas komplizierter dürfte dir die Entscheidung fallen, wenn deine Zielgruppe älter ist. Bei einer langfristigen strategischen Denkweise kann sich eine Präsenz auf TikTok lohnen. Schließlich zahlt es sich für dich aus, wenn zukünftige Interessenten dein Unternehmen so früh wie möglich kennenlernen. Und TikTok ist für Branding hervorragend geeignet. Du kannst hier die ersten Sympathie-Touchpoints setzen, die dir später dabei helfen, dass ehemalige TikTok-Fans zu deinen Produkten greifen.

Allerdings musst du möglicherweise einige Jahre warten, bis sich deine Bemühungen in deinen harten Kennzahlen niederschlagen – wenn du oder deine Vorgesetzten nicht genügend Geduld haben, ist TikTok für dich nicht der richtige Kanal. TikTok ist zudem nicht unbedingt als reiner Sales-Kanal geeignet, zumindest fehlen hierzu noch erfolgreiche Case Studies. Eine direkte Verkaufsmöglichkeit wie Instagram Shopping gibt es genauso wenig.

Die Entscheidung hängt auch vom Mehraufwand ab. Wenn du ohnehin häufig Videomaterial produzierst und Instagram Stories veröffentlichst, ist es bis zu stimmigen TikTok-Videos nicht mehr weit. Wenn du mit Video bislang noch nicht arbeitest und deine Zielgruppe nicht auf TikTok siehst, ist der Aufwand wahrscheinlich zu groß.

Grundsätzlich solltest du ein bis zwei Videos täglich einplanen, um tatsächlich das meiste aus der Plattform rauszuholen. Weniger ist denkbar, aber dann sollte dein Content besonders hochwertig oder dein Unternehmen sehr bekannt sein. Mehr Videos sollten es hingegen nicht sein, denn sonst konkurrieren sie miteinander um Aufmerksamkeit.

Ist TikTok nur für Unterhaltung geeignet?

Auf den ersten Blick könntest du vermuten, dass zu ernste Themen nicht zu TikTok passen. Tatsächlich beweisen viele Accounts, dass TikTok vielseitig ist. Bekannte Beispiele hierfür sind die Tagesschau, HerrAnwalt oder der 71-jährige FDP-Politiker Thomas Sattelberger. Wichtig ist gerade bei eher trockenen Themen und Branchen, dass sich dein Unternehmen nicht zu ernst nimmt. Was auf den ersten Blick aus Sicht der Unternehmenskommunikation ungewohnt ist, ist der Erfolgsgarant auf TikTok.

TikTok Marketing Screenshot Tagesschau

Accounts mit (selbst erteiltem) Bildungsauftrag werden häufiger und TikTok fördert diese in anderen Ländern sogar finanziell. TikTok will also Weiterbildungsmöglichkeiten auf der Plattform sehen. Das bedeutet: auch wenn eine humorvolle Seite auf TikTok sicherlich nicht fehl am Platze ist, muss dein Unternehmen auf TikTok nicht den größten Quatsch veranstalten. Gut gemachte, kurze Erklärvideos können für deine Sichtbarkeit ebenso viel leisten wie Comedy-Content. Wichtig ist nur, dass du deine Follower ernst nimmst und nicht zu steif wirkst. Damit wirst du vielleicht nicht viral gehen, doch deine Reichweite solltest du so dennoch steigern können.

Was ist die Besonderheit bei TikTok?

Bei TikTok ist das Besondere, dass du nicht bekannt sein musst, um eine große Reichweite zu erzielen. Bislang musst du für deine Reichweite nicht zahlen. Das macht TikTok für kleinere und mittelständische Unternehmen besonders interessant.

Anders als bei Facebook oder X (vormals Twitter) handelt es sich nicht um eine Plattform, bei der Nutzer zuerst aktiv auf interessante Accounts zugehen müssen und nur deren Inhalte abonnieren. Im Gegenteil stehen bei TikTok die Inhalte im Vordergrund. Wenn der Content gut ist und viele Menschen anspricht, spielt TikTok diese vielen Menschen aus.

Das bedeutet im Endeffekt, dass es vor allem darauf ankommt, wie gut dein TikTok-Marketing ist, nicht, wie bekannt deine Firma ist. Deswegen ist TikTok gerade für kleinere Unternehmen oder Personenmarken eine große Chance.

So funktioniert die Reichweite bei TikTok

Das gilt umso mehr, da guter Content auf TikTok schnell viral gehen kann. Nicht zuletzt deswegen finden sich auf TikTok viele große Accounts, die vor allem durch ihre Kreativität überzeugen und nicht nur deswegen, weil sie sich besser verkaufen können als andere.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass Challenges auf TikTok besonders beliebt sind. Auf der einen Seite kannst du das nutzen, um dich an funktionierende Trends dranzuhängen, auf der anderen Seite kannst du eigene Challenges und Trends kreieren. Wenn dir das gelingt, kannst du auf TikTok deine eigene kleine Marketing-Armee nutzen, die deine Werbebotschaften weiterträgt. User Generated Content könntest du kaum effektiver und zielgerichteter erstellen lassen.

Diese Funktionen auf TikTok solltest du kennen

TikTok hat gegenüber anderen sozialen Netzwerken ein paar interessante Funktionen.

Wenn du dich bei TikTok für dein Unternehmen angemeldet hast, solltest du zuallererst einen Pro-Account einrichten. Das ist unkompliziert mit ein paar Klicks möglich. Als Belohnung erhältst du Zugriff auf Statistiken zu deinem Konto und den Videos. 

Du erfährst dort beispielsweise, wie lange deine Videos angesehen werden und kannst daraus ableiten, ob sie zu lang oder langweilig sind und du in der Zukunft mehr Geschwindigkeit oder Spannungsaufbau nutzen solltest. Außerdem erfährst du, wie ein Zuschauer auf dein Video gestoßen ist und kannst diese Daten nutzen, um in Zukunft mehr Reichweite zu erzielen. Außerdem erfährst du, welche demografische Verteilung deine Zuschauer haben.

Challenges helfen dir ebenfalls, Reichweite zu generieren. TikTok besteht aus einer Menge Insider-Challenges, die jeweils ihren eigenen Hashtag haben. TikTok-Nutzer fordern sich mit ihnen gegenseitig heraus oder finden Nutzer, die eine bestimmte Choreo tanzen, einen Witz abwandeln oder einfach ein Statement über ein bestimmtes Thema abgeben.

Bekanntere Challenges trenden, wie du es von anderen Plattformen kennen wirst.  Es werden also auch andere Nutzer darauf aufmerksam und Teilnehmer sehen sich an, wie andere die Challenge gemeistert haben. Auf diese Weise kannst du ganz leicht dafür sorgen, dass dich mehr Nutzer wahrnehmen.

Ein doppelter Effekt: Weil Teilnehmer von Challenges besonders gerne auf der „For you“-Page landen, also ebenfalls deinen Nicht-Followern angezeigt werden, kannst du so User auf dich aufmerksam machen, die nicht gezielt nach der Challenge suchen.

Eine weitere wichtige Funktion auf TikTok sind die sogenannten Duets. Hier kannst du ein Video eines befreundeten Accounts in dein Video integrieren und im Split-Screen die andere Seite beisteuern. Alternativ kannst du als Unternehmen deine Fans zu Duetten auffordern. Diese Möglichkeit kannst du nutzen, um auf bekannte TikToks zu reagieren, mit Influencern zusammenzuarbeiten oder eben Fans zu User generated Content zu animieren. So gut diese Option funktionieren kann, ist hier natürlich besondere Vorsicht geboten, weil du dich schnell unsympathisch machen kannst. Gerade als Unternehmen solltest du anderen Usern immer mit Respekt begegnen.

Branded Lenses und Effekte sind aus TikToks Video-Editor nicht wegzudenken. Sie ermöglichen einen kreativen Umgang mit den aufgenommen Videos. Oftmals liegen neue Effekte eine Zeit lang besonders im Trend und können dir helfen, Reichweite zu erzielen.

Das Besondere an den Effekten: Sie mögen nicht immer so professionell sein wie mit einer hochwertigen Schnittsoftware, doch sie sind leicht zu bedienen und erfüllen ihren Zweck allemal. Als Unternehmen kannst du sogar eigene Effekte entwickeln lassen und dort bereitstellen. Die Filter sind zudem nicht nur auf 2D beschränkt, sondern ermöglichen dir sogar, 3D und AR-Effekte zu verwenden.

Was du von Oreo lernen kannst

Es gibt einige Unternehmen, die das Spiel mit TikTok sehr gut beherrschen. Eine der besten TikTok Marketing-Experten ist die amerikanische Keksmarke Oreo. So gehört die Oreo-Challenge zu den bekanntesten Challenges bislang. Mehr als 3,1 Milliarden Aufrufe konnte die Challenge erzielen.

Die Challenge: Teilnehmer legen sich einen Oreo-Keks auf die Stirn und versuchen, ihn ohne Hände in den Mund zu bekommen.

TikTok Marketing Screenshot Oreo Challenge

Der Hashtag #CookieWithACause kam in Zeiten der StayAtHome-Phase genau zum richtigen Zeitpunkt und Oreo soll mehrere Millionen Teilnehmer erreicht haben. Die Challenge ist aus verschiedenen Gründen perfekt: Sie wird erst vergleichbar, wenn alle wirklich Oreo-Kekse nutzen, die Menschen sehen dabei ein bisschen albern aus und sie freuen sich sehr, wenn sie einen Oreo-Keks in den Mund bekommen. Damit konnte Oreo mehr Spaß transportieren als in jeder anderen Werbung.

Für TikTok war diese Challenge perfekt, weil die Versuche in der Regel nur ein paar Sekunden dauerten. Und: die Teilnehmer taten dies für einen guten Zweck, denn für jedes Video (bis zu einer Grenze von einer Million Videos) spendete Oreo an die Organisation Save the Children.

Doch das ist nicht alles: Auch mit Influencern arbeitet der Konzern auf TikTok erfolgreich und sinnvoll zusammen. Die Kollaborationen gehen dabei oft über das reine Promoten eines Produktes heraus. Ein Beispiel ist der Beatboxer Spencer X.

TikTok Marketing Screenshot Spencer X

Oreo nutzt die Möglichkeiten der Plattform außergewöhnlich geschickt. Für gute deutsche Beispiele empfehle ich einen Blick auf die Aktivitäten des Versandhändlers Otto. Dieser hat zwei größere Challenges gestartet und verrät auch, wie erfolgreich diese waren. Hörenswert ist auch der OTTO-Podcast zum Thema TikTok. Die interviewte Social Media-Expertin Sahra Al-Dujaili ist übrigens inzwischen von TikTok selbst abgeworben worden.

Erfolgsfaktor Nische: Tu dem Algorithmus einen Gefallen

Der TikTok-Algorithmus ist der Alptraum eines jeden Soziologen, der Filterbubbles für gefährlich hält: TikTok versucht, jedem User Inhalte zu zeigen, die denen ähneln, mit denen er zuvor positiv interagiert hat.

Wenn ich mich beispielsweise für Autos interessiere und dort viel kommentiere, Creators folge oder gezielt Hashtags suche, wird TikTok mir in der Zukunft mehr Inhalte zeigen, die für Autofans relevant sind. Das bedeutet für ein Unternehmen, dass es sich vor seiner Aktivität auf TikTok genau überlegen muss, wofür es stehen möchte.

Wenn ich mir beispielsweise einen Kanal aufbaue, bei dem ich zeige, wie ich Autos tune, wäre es verwirrend für den Algorithmus und meine Fans, wenn ich plötzlich meine besten Backrezepte verrate. Bei TikTok ist der Algorithmus jedoch sehr wichtig für meine Reichweite. Ich will ihn deswegen als Marketer auf keinen Fall verwirren. Dafür sollte ich mich eng an mein Hauptthema halten. So stelle ich sicher, dass meine Videos weiterhin bei den Menschen ankommen, die sich für mein Thema interessieren und mir meine Reichweite aufbauen und erhalten.

Wenn ich zu weit von dem abweichen möchte, was ich mir ursprünglich vorgenommen habe, sollte ich einen zweiten Account anlegen oder versuchen, langsam zu dem anderen Thema oder Stil zu wechseln, damit der Algorithmus weiterhin mein Freund bleibt.

Best Practices bei der Erstellung von Videos

Grundsätzlich gibt es bei TikTok viele, viele Freiheiten. Es gibt jedoch drei Merkmale, die du auf jeden Fall beachten solltest, wenn du auf TikTok aktiv bist:

  • Format
  • Dauer
  • Größe

Du solltest ein vertikales Bildformat wählen, am besten ist 9:16. Bei TikTok ist das der Standard und niemand will einen kleineres Bild sehen oder sein Smartphone drehen. TikTok ist vertikal. Deine Videos sollten es auch sein. Das ist eines der Hindernisse, wegen denen du deinen vorhandenen Video-Content nicht einfach so für TikTok übernehmen solltest.

Die Qualität muss hingegen nicht überragend sein. Im Gegenteil lebt TikTok von „Authentizität“ – oder das, was Zuschauer dafür halten. Deswegen reicht ein Smartphone mit einer guten Kamera völlig aus. Wichtig ist jedoch die Ausleuchtung: TikToks Algorithmen können nur bei guten Lichtverhältnissen zuverlässig arbeiten.

Bei Android-Smartphones gelten 72 MB Videogröße als Grenze. Du solltest also darauf achten, dass deine Videos diese Größe nicht überschreiten, damit deine Videos problemlos auf allen Geräten abgespielt werden können.

Die zweite wichtige Beschränkung ist die Länge. Du kannst bei TikTok inzwischen Videos hochladen, die länger als eine Minute sind. TikTok selbst empfiehlt, unter 15 Sekunden zu bleiben. Zu lange sollte dein Video auf keinen Fall sein, denn die Nutzer sind extrem kurze Videos gewöhnt.

Unkomplizierteres Influencer-Marketing mit TikTok

Wenn du Influencer Marketing magst, wirst du TikTok lieben. Die Plattform ermöglicht es über den Creator Marketplace, direkt mit Influencern in Kontakt zu treten, die sich für eine Zusammenarbeit mit Unternehmen interessieren. Das bedeutet nicht nur, dass du eine höhere Trefferquote bei der Kontaktaufnahme hast, sondern auch, dass du in Frage kommende Influencer nach vielen Parametern sortieren kannst.

TikTok sortiert für dich vor. Nicht jeder, der sich bewirbt, wird aufgenommen. Stattdessen muss ein Influencer für die Teilnahme am Creator Marketplace derzeit die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Pro-Account
  • Je nach Nische mindestens 10.000 oder 100.000 Follower
  • 5 Videos auf TikTok innerhalb der letzten 28 Tage veröffentlicht
  • Mindestens 100.000 Likes innerhalb der letzten 28 Tage erhalten.
  • Mindestens 18 Jahre alt

Deswegen kannst du davon ausgehen, dass der Influencer bestrebt ist, gute Videos zu posten und immer noch aktiv ist. Zudem ist die Reichweite zwar nicht garantiert, aber wahrscheinlich.

Dein letzter YouTube-Influencer hat einen Großteil seiner Follower und Likes gekauft und eure Kampagne wurde zum Rohrkrepierer? Bei TikTok kannst du einsehen, wie viele Follower eines Influencers tatsächlich aktiv sind und wie das Engagement in den letzten 30 Tagen war. Noch besser: du erhältst zuverlässige Statistiken über den Erfolg einer Kampagne, die du mit dem Influencer realisierst.

Influencer-Marketing wird bei TikTok nicht nur zeitsparend, sondern ebenso transparenter für dich als Marketer. Natürlich hat sich TikTok hier ein bisschen etwas bei Instagram abgeguckt, Unternehmen und Influencer werden sich darüber jedoch wohl kaum beschweren.

Doch zumindest derzeit gibt es einige Nachteile beim Influencer-Marketing auf TikTok. Da es vergleichsweise wenige deutsche Influencer auf TikTok zu einer entsprechenden Größe gebracht haben, treten die gleichen Personen immer wieder für verschiedene Brands in Erscheinung. Im Juli 2020 waren es laut HypeAuditor nur 0,48 % aller deutschen TikTok-Nutzer, die mehr als 100.000 Follower vorzeigen konnten.

Du musst die vergangenen Partnerschaften und Aktivitäten genau untersuchen, um festzustellen, ob diese mit deinen Unternehmenszielen in Einklang stehen. Natürlich solltest du außerdem darauf achten, ob der Creator deine Zielgruppe bedient.

TikTok-Ads: Günstiges Branding bei großer Reichweite

TikTok-Ads sind seit Sommer 2020 für deutsche Kunden im Self-Service buchbar. Damit hat TikTok die Werbemöglichkeiten für kleinere Unternehmen mit geringerem Budget geöffnet. Der größte Vorteil ist derzeit, dass du wenig Konkurrenz hast. Selbst in den USA sind nur 5 % der großen Brands auf TikTok vertreten. Entsprechend weniger Gebühren zahlst du derzeit noch bei der Plattform. Der TKP ist deswegen genauso wie der CPC im Vergleich zu anderen sozialen Medien gering.

Die Social Marketing Nerds haben hierzu eine Folge veröffentlicht, die ich spannend fand, auch wenn sie aus Juli 2020 stammt und sich seitdem wieder einiges geändert hat.

Der Ad-Manager auf TikTok ist übrigens bislang nicht unbedingt übermäßig komplex. Im Gegenteil sind die Funktionen recht einfach gehalten und deine Optionen entsprechend beschränkt. Das wird auf längere Sicht vermutlich nicht so bleiben, weil TikTok die Werbemöglichkeiten weiterentwickelt. Wenn du bereits Erfahrungen mit Facebook- oder Instagram-Ads hast, wirst du sicherlich keine Probleme damit haben, hier eine erfolgreiche Kampagne aufzusetzen.

Wenn du über TikTok Werbung schalten möchtest, musst du einiges beachten. Du kannst nicht einfach deine Spots aus anderen Kanälen übernehmen, wenn du erfolgreich sein willst. Es ist wichtig, dass die Werbung nahe an dem Content ist, der üblicherweise auf TikTok ausgespielt wird. Nur dann ist der Medienbruch so gering, dass deine Zuschauer es dir verzeihen. Derzeit ist das bei TikTok-Ads die beste Strategie. Es kann sein, dass in Zukunft Videos hohe Conversion Rates haben, die sich bewusst absetzen. Derzeit müssen sich die User von TikTok aber erst an die Werbung gewöhnen.

Deine Ads an den üblichen Content anzupassen, ermöglicht es dir, subtiler zu werben und das positive Spaß-Image der Plattform für dein Branding nutzen zu können. Einen klaren Cut wie bei der Werbung gibt es schon allein deswegen nicht, weil in schneller Folge neue Videos folgen und es keine Ankündigung oder Werbeblöcke gibt.

Ein weiterer Vorteil der TikTok-Ads ist, dass du kein eigenes Konto mit Reichweite benötigst. Du kannst dich im Gegensatz zu Facebook und Instagram ohne bestehenden Account für die Werbung anmelden. Das bedeutet, dass du deutlich schneller mit Werbung auf diesem Kanal aktiv sein kannst. Du musst nicht erst deine Facebook-Seite vorzeigbar machen, sondern kannst direkt loslegen und die Werbewirkung unabhängig davon nutzen.

Diese 4 Stolpersteine musst du beachten

TikTok ist nicht über jeden Zweifel erhaben. Um Shitstorms und Co. zu vermeiden, musst du dir über die Schwächen der Plattform im Klaren sein. Die vier wichtigsten Schwachstellen:

1) Datenschutz

TikTok gilt als sehr umstrittene App in Bezug auf den Datenschutz. Dieses Thema gewinnt dadurch an Brisanz, dass so viele Jugendliche und Kinder auf der App aktiv sind. Unter anderem bemängeln Kritiker, dass die App ihre eigenen Altersbeschränkungen nicht durchsetzt und die Privatsphäre von Kindern nicht ausreichend geschützt wird. Außerdem ist nicht ganz klar, wie viele Infos an die chinesische Regierung weitergeleitet werden.

TikTok möchte deswegen nach Irland umziehen, es ist jedoch unklar, ob die irische Regierung das erlauben wird. Aktuelle Infos zur Entwicklung von TikTok und seinen Konflikten mit Gesetzen findest du auf Netzpolitik.

2) Diskriminierende Algorithmen und Moderation

Unabhängig von der Region, in der sich ein User aufhält, muss er mit fragwürdiger Moderation rechnen, die sogar in Richtung Zensur gehen. So hat TikTok weltweit Hashtags zensiert, die LGBTQI-Themen betrafen. Betroffen waren acht Sprachen, darunter Russisch und Arabisch. Die Videos werden zwar nicht gelöscht, allerdings in der Suche unterdrückt. Wer danach sucht, erhält eine Fehlermeldung. Dieses Verfahren wird als „Shadowbanning“ bezeichnet.

Auf der anderen Seite hat TikTok im Juni den Pride Month gefeiert, zu Spenden aufgerufen und die entsprechenden Banner für Profilfotos und Co. bereitgestellt. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass die App die Beiträge von LGBTQI-Personen weniger häufig anzeigt, vorgeblich, um sie vor Mobbing zu schützen. Von einer Obergrenze sollen auch Menschen mit Behinderungen betroffen gewesen sein. Moderatoren teilen demnach Posts nach uneindeutigen Merkmalen in bestimmte Risikokategorien ein, die die Reichweite stark begrenzen können.

3) Shitstormgefahr ist durchaus vorhanden

TikTok hat bis zu einem gewissen Grad eigene Regeln und nicht immer ist ein Witz für Menschen verständlich, die TikTok nicht kennen. Auf der anderen Seite neigen einige Unternehmen dazu, über das Ziel hinauszuschießen. Ein richtig großer Skandal ist bislang zwar ausgeblieben, ein paar kleinere Shitstorms gab es jedoch durchaus.

So musste sich beispielsweise der FC Schalke im Oktober 2020 für ein TikTok-Video rechtfertigen, das viele Fans nicht lustig fanden. Auf TikTok zu polarisieren, ist natürlich eine Strategie. Du musst jedoch immer damit rechnen, dass du bei gewagteren Aktionen dem Publikum auf die Füße trittst.

Ein weiteres Risiko: Weil TikTok schneller und weniger perfekt ist, ist es leichter, durch unbedachte Äußerungen in die Kritik zu geraten. Gerade wenn es politisch wird, solltest du dir sicher sein, dass du hinter deinen Posts stehen kannst. Für Statements und Meinungen ist TikTok allerdings bislang auch nicht die Plattform Nummer 1.

4) Kindgerechte Inhalte?

Auf TikTok stehst du selbst dann, wenn du die über 24-Jährigen targetierst, vor dem Problem, dass deine Inhalte vielen Kindern in die "For You"-Page gespült werden. Diese Verantwortung kannst du nicht einfach wegwischen, zumal TikTok immer noch den Ruf als „Kleine Mädchen“-Plattform hat. Du solltest nur Posts veröffentlichen, bei denen es für dich in Ordnung wäre, wenn deine eigenen Kinder sie sehen.

Solltest du dich gezielt an Kinder und Jugendliche richten, solltest du die Zusammenarbeit mit Influencern und Creators in Erwägung ziehen. Sie können verhindern, dass deine Posts ihr Ziel verfehlen, weil sie aufgesetzt wirken oder schlicht an den Interessen von Kindern vorbeigehen.

Fazit: TikTok ist eine große Chance – doch du musst dich darauf einlassen

TikTok ist gerade für Neueinsteiger perfekt. Es gibt derzeit eigentlich keine vergleichbare Plattform, die dich bei ähnlich geringem Aufwand ähnlich weit bringen kann, was das Branding betrifft. Dafür stehen dir eine ganze Reihe von Funktionen offen, die deine Reichweite in kurzer Zeit stark erhöhen können. Auch die Werbung ist derzeit günstiger als auf anderen sozialen Netzwerken. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich dies im Laufe der nächsten Monate immer stärker angleichen wird.

Um die Chancen von TikTok zu nutzen, benötigst du Kreativität und zielgruppengerechte Inhalte. Deine Posts bei TikTok müssen nicht perfekt sein. Im Gegenteil sind sie hinsichtlich des Perfektionsanspruchs deiner Zuschauer noch unter den Instagram Stories oder Facebook Live-Videos anzusiedeln. Die vielbeschworene „Authentizität“ ist deutlich wichtiger für deine Zielgruppe.

Doch Humor und Kreativität sind letztlich die wichtigsten Zutaten dafür, die Möglichkeiten von TikTok auszunutzen. TikTok bietet dir damit die Chance, dein Unternehmen von einer nahbaren und sympathischen Seite zu zeigen. Du solltest deswegen nicht ins Blaue hinein produzieren, sondern darauf achten, dass du mit deinen Inhalten einen Draht zu deiner Zielgruppe herstellen kannst.

FAQ

An dieser Stelle möchten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema beantworten.

Quellen:

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