Krank wird jeder hin und wieder – aber was passiert, wenn man im Urlaub krank wird? Viele Halbwahrheiten kursieren rund um dieses Thema – wir bringen Licht ins Dunkel!
Lass uns gemeinsam den Dschungel der Gesetze durchwandern, um deinen Urlaubsanspruch im Krankheitsfall sicherzustellen. Los geht's!
Wann verfällt Urlaub, der wegen Krankheit nicht genommen werden konnte?
Urlaub, der wegen Krankheit nicht genommen werden konnte, verfällt in Deutschland normalerweise erst 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres. Das bedeutet, dass der Resturlaub aus dem Jahr 2023 spätestens am 31.03.2025 verfällt, sofern der Arbeitnehmer bis dahin weiterhin arbeitsunfähig ist.
Urlaubsanspruch bei Krankheit: Die Grundlagen
Der Urlaubsanspruch von Beschäftigten wird durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Zu diesem Thema findest du einen eigenen, ausführlichen Artikel bei acquisa: Das Bundesurlaubsgesetz: Wie es den Urlaubsanspruch in Deutschland regelt.
Hier sind die wichtigsten Punkte des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) in Kürze:
- Mindesturlaub: Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf mindestens 24 Werktage (bei einer 6-Tage-Woche). Viele Unternehmen halten aber im Arbeitsvertrag mehr Tage fest, als der Mindesturlaub vorsieht.
- Anspruchsvoraussetzung: Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach 6 Monaten Beschäftigung (Wartezeit).
- Urlaubsentgelt: Während des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer sein durchschnittliches Gehalt der letzten 13 Wochen (§ 11 BUrlG).
- Urlaubsabgeltung: Nicht genommener Urlaub kann nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
- Zusatzurlaub für Schwerbehinderte: Schwerbehinderte Menschen haben gemäß § 208 SGB IX (Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) Anspruch auf fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Dies gilt bei einer regulären Fünf-Tage-Woche.
Gemäß § 9 BUrlG besteht die Obliegenheit, bei Krankheit ein ärztliches Zeugnis vorzulegen, das die Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Konkret heißt es dazu im Bundesurlaubsgesetz:
Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.
Gut zu wissen: Das ärztliche Zeugnis, also ein Attest, muss bereits ab dem ersten Tag der Krankheit vorgewiesen werden.
Den gelben Schein gibt es seit 2023 nicht mehr
Seit dem 1. Januar 2023 wurde der „gelbe Schein“ durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt. Arztpraxen übermitteln die Krankschreibungsdaten digital an die Krankenkassen, welche diese Informationen für die Arbeitgeber bereitstellen. Arbeitgeber sind nun verpflichtet, die Daten eigenständig abzurufen.
So urteilt das Bundesarbeitsgericht zu Krankheit und Urlaubsanspruch
Das Bundesarbeitsgericht entschied bereits 2012, dass gesetzliche Urlaubsansprüche erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfallen, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub wegen anhaltender Krankheit nicht nehmen konnten (BAG, Urt. v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10). Diese Entscheidung stützte sich auf ein Urteil des EuGH aus dem Jahr 2011 und eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 7 Abs. 3 BUrlG.
Im November 2018 stellte der EuGH zudem klar, dass Urlaub, der bis zum Jahresende weder gewährt noch genommen wurde, nicht automatisch verfällt. Der Urlaubsanspruch erlischt nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen Urlaub zu nehmen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber seinen sogenannten „Mitwirkungsobliegenheiten“ nachkommt. Er muss den Arbeitnehmer rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub am Jahresende oder nach Ablauf des Übertragungszeitraums verfällt, und ihn gegebenenfalls dazu auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen.
Urlaubsanspruch auch bei Langzeiterkrankung
Bei einer Krankheit bleibt der Urlaubsanspruch erhalten – auch im Falle einer Langzeiterkrankung oder langanhaltender Arbeitsunfähigkeit. Laut Rechtsprechung werden Krankheitszeiten als Beschäftigungszeiten angesehen. Das bedeutet: Selbst wenn du ein ganzes Jahr krankgeschrieben bist, bleibt dein Urlaubsanspruch bestehen. Beachte jedoch, dass bei einer Arbeitsunfähigkeit über sechs Wochen hinaus die Lohnfortzahlung durch das Krankengeld der Krankenkasse ersetzt wird.
Urlaub auszahlen lassen bei Krankheit: Geht das?
Eine Auszahlung von Urlaub bei Krankheit ist in Deutschland grundsätzlich nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Der gesetzliche Urlaubsanspruch dient in erster Linie der Erholung und soll daher durch Freistellung von der Arbeit gewährt werden. Eine finanzielle Abgeltung ist nur in Ausnahmefällen erlaubt.
1. Auszahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Grundsatz: Urlaub kann ausgezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Arbeitnehmer den offenen Urlaub aufgrund von Krankheit nicht mehr nehmen konnte.
- Rechtsgrundlage: § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt, dass der verbleibende Urlaub in solchen Fällen finanziell abzugelten ist.
- Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer langzeiterkrankt ist und das Arbeitsverhältnis endet, hat er Anspruch auf eine Auszahlung des nicht genommenen Urlaubs.
2. Keine Auszahlung während bestehendem Arbeitsverhältnis
- Während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ist die Auszahlung von Urlaub unzulässig, da der Urlaub zur Erholung genutzt werden soll und nicht durch Geld ersetzt werden kann.
- Ausnahmen sind nicht vorgesehen, auch nicht bei langfristiger Krankheit.
3. Berechnung der Urlaubsabgeltung
- Die Höhe der Abgeltung richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn der Erkrankung oder Freistellung (§ 11 BUrlG).
- Dazu zählen auch regelmäßige Zuschläge wie Überstundenvergütung oder Schichtzulagen.
Zusammengefasst: Urlaub kann bei Krankheit nicht während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden. Eine Auszahlung ist nur möglich, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Urlaub nicht mehr genommen werden konnte. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf finanzielle Abgeltung des verbleibenden Urlaubs.
Krank während des Urlaubs im Ausland: Was jetzt?
Auch wenn du im Ausland krank wirst, hast du grundsätzlich weiterhin Anspruch auf deinen Urlaub. Allerdings gibt es einige wichtige Punkte zu beachten:
- Du musst dem Arbeitgeber die Krankheit im Ausland nachweisen, indem du eine ärztliche Bescheinigung vorlegst. Diese muss in der Regel auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und den Beginn der Erkrankung dokumentieren.
- Es ist wichtig, dass die Bescheinigung entweder in der Landessprache oder in einer allgemein verständlichen Sprache (z. B. Englisch) ausgestellt ist, damit der Arbeitgeber sie akzeptieren kann.
Kündigung wegen Krankheit: Wann sie rechtens ist
Die Furcht, dass eine lange Krankschreibung zu einer Kündigung führen könnte, ist verbreitet, aber weitestgehend unbegründet. Denn: einem Arbeitnehmer kann zwar wegen einer langen Krankheit gekündigt werden, aber nur unter strengen Voraussetzungen. In Deutschland handelt es sich bei der krankheitsbedingten Kündigung um eine personenbedingte Kündigung, die an hohe rechtliche Hürden gebunden ist. Folgende Aspekte müssen berücksichtigt werden:
1. Negative Gesundheitsprognose
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass keine Aussicht auf eine baldige Genesung besteht und der Arbeitnehmer langfristig arbeitsunfähig bleibt oder häufig erkranken wird.
2. Betriebliche Beeinträchtigung
Die Krankheit muss den betrieblichen Ablauf erheblich stören, z. B. durch Produktionsausfälle, organisatorische Probleme oder hohe Kosten für Ersatzpersonal.
3. Interessenabwägung
Eine Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist erforderlich. Dabei werden Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter und die soziale Situation des Arbeitnehmers berücksichtigt.
4. Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Vor der Kündigung ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Ziel ist es, Möglichkeiten zur Wiedereingliederung zu prüfen und eine Kündigung zu vermeiden.
Zusammengefasst: Eine Kündigung wegen langer Krankheit ist nur möglich, wenn eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit prognostiziert wird, der Betrieb erheblich beeinträchtigt wird und alle milderen Mittel (z. B. Wiedereingliederung) ausgeschöpft sind. Ohne diese Voraussetzungen wäre die Kündigung unwirksam.
Lies mehr zum Thema in diesem Beitrag: Krankheitsbedingte Kündigung: Wichtige Infos zu Regeln, Voraussetzungen und Abfindungen in 2025.
Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zusammengestellt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte gestellt. Die in diesem Beitrag zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich, ersetzen keine juristische Beratung und stellen keine Rechtsauskunft dar.
FAQ
Hier sind Antworten auf die Fragen, die häufig gestellt werden.
Wird Urlaub bei Krankheit gutgeschrieben?
Wird Urlaub bei Krankheit gutgeschrieben? Ja, die gesetzliche Regelung besagt, dass Krankheitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Bei Langzeiterkrankungen gilt der Urlaubsanspruch bis zu 15 Monate.
Kann man während einer Krankschreibung Urlaub nehmen?
Ja, während einer Krankschreibung kannst du Urlaub nehmen. Dabei solltest du beachten, dass du die Genehmigung deines Arbeitgebers benötigst. Den Urlaubsanspruch behältst du trotz Krankheit.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für den Urlaubsanspruch bei Krankheit?
Rechtliche Grundlagen für den Urlaubsanspruch bei Krankheit sind das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Bei Arbeitsunfähigkeit wird Urlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen, wenn der Urlaub nicht in vollem Umfang genommen werden kann. Sorge für fristgerechte Krankmeldungen, um deinen Anspruch beizubehalten.