Neukundenakquise mit Big Data und KI: So lernst du deine Zielgruppe kennen

Von Niklas Mrutzek
Zuletzt überprüft am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

„Das ist Peter, 28 Jahre alt, Social-Media-Manager aus Hamburg, geht ins Fitnessstudio und trägt einen Fitness-Tracker.” So oder ähnlich lauten Hunderte von Personas, die täglich auf den Bildschirmen von Marketingleitern aufploppen. 

Dabei ist Folgendes klar: In progressiven, multikulturellen und von hoher Mobilität geprägten Gesellschaften bilden die klassischen Dimensionen wie Alter, Geschlecht und Wohnort schon längst keine scharfen Merkmale zur Abgrenzung mehr: Konkreter Konsum wird mehr und mehr unabhängig von der Soziodemografie, vom völlig fragmentierten Medienkonsum und Lebensrealitäten gar nicht zu sprechen. 

Eine komplexere Gesellschaft erfordert komplexere Personas

Wie kommen Personas eigentlich zustande? Wohl vor allem „Pi mal Daumen”, also aus dem Bauch heraus. Dazu wird im Vorfeld meist eine Marktforschung durchgeführt. 

Der entscheidende Fehler geschieht hierbei schon vor der Befragung – und zwar mit der Auswahl der Fragen. Denn völlig unklar ist an dieser Stelle, welche Antworten bzw. Attribute die Zielgruppe eigentlich ausmachen, wenn nicht Soziodemografie oder Geografie? Das gilt oftmals nicht nur für die Zielgruppe, sondern genauso für bestehende Kunden bzw. den Kundenstamm.

Möchtest du mehr über die Zielgruppenanalyse erfahren und wie sie deinem Business helfen kann? Dann solltest du dir das folgende Video nicht entgehen lassen.

In der Akquise sind fehlende Antworten teuer

Über 50 Prozent Streuverlust sind in der Werbung keine Seltenheit. So wird die Erweiterung des Kundenstamms teuer, sowohl für das Marketing als auch die Akquise. Künstliche Intelligenz schafft Abhilfe, weil sie frei von Hypothesen arbeitet. Sie kann aus Tausenden von Attributen und Affinitäten von Endkonsumenten die Handvoll Eigenschaften auswählen, die die Zielgruppe insgesamt am besten beschreiben und – genauso wichtig – am stärksten vom Rest der Bevölkerung unterscheiden. 

Die Antworten sind dabei meist überraschend: Vom Musikgeschmack über die Ernährung bis hin zum Wertesystem oder der Psychografie kann alles dabei sein. So definiert man die Personas an Hand von den Interessen und Vorlieben, also anhand dessen, was einen Menschen wirklich ausmacht, und nicht an äußerlichen Merkmalen. Dieses Wissen ist existenziell für erfolgreiches Marketing und zielgerichteten Vertrieb.

Das Resultat ist eine Persona, die die Zielgruppe nicht nur statistisch besser beschreibt, sondern gleichzeitig Tipps für die Erstellung der konkreten Werbeanzeige mitliefert: Tonalität im Wording, geeignete Visuals, Resonanzräume.

Eine geeignete Tonalität lässt sich aus der Persönlichkeit der Persona auslesen, also ob der Kommunikationsstil beispielsweise kurz, präzise, schnörkellos oder einladend und ausschweifend sein sollte. Ähnliches gilt für die Auswahl der Visuals, die gleichermaßen aus der Persönlichkeit ablesbar sind, aber auch aus den Bildwelten, die in den Vorlieben und Interessen der Persona überdurchschnittlich häufig genutzt werden. Allein durch die oben beschriebene Anpassung der Visuals und des Sprachstils an die Persona (wohlgemerkt ohne am Targeting zu arbeiten) lassen sich – wissenschaftlich bewiesen – Klickraten in digitalen Räumen bereits um 40 Prozent steigern.

So funktioniert KI in der Zielgruppenanalyse im Detail

Die Basis dafür heißt Big Data. Allein in Deutschland hinterlassen Millionen von Personen Milliarden von digitalen Spuren jeden Tag. Diese Spuren lassen sich in komplett anonyme digitale Fußabdrücke zusammenführen, sogenannte Interessensstrukturen.

Diese Interessensstrukuren kann man sich vorstellen wie den Einkaufswagen im Supermarkt, nur dass eben nicht (nur) konkrete Produkte im Wagen liegen, sondern eben auch beispielsweise soziodemografische oder geografische Informationen über die Person, die den Wagen schiebt. Vor allem findet sich in dem Einkaufswagen aber das, was uns wirklich am Herzen liegt: von Fan-Communities über Lieblingsrestaurants oder Tipps für vegane Kochrezepte bis hin zu unserem Lieblingsalbum. Kurz gesagt: unsere Interessen und Vorlieben.

Wir wissen also nicht, wem der Wagen gehört – was auch gar nicht von Interesse ist – aber wir wissen, welche unterschiedlichen Themen, Marken, Produkte, Vorlieben häufig oder selten im selben Einkaufswagen liegen. Und genau das analysiert die KI millionenfach jeden Tag.

Der aufmerksame Leser sieht jetzt schon die Methodik der Persona-Bildung am Horizont: Fragt man sich, wer beispielsweise die Kundenpersona von Volkswagen ist, schaut man einfach, in welchen Einkaufswagen Volkswagen liegt, und analysiert, welche anderen Themen darin statistisch signifikant am stärksten unter- oder überrepräsentiert ist. So gelangt man zu den Schlagworten/-begriffen, die die Personas am besten beschreiben.

Das Ergebnis für Volkswagen ist übrigens folgendes:

  • Verheiratet sein und
  • Resonanzraum Familie ist am stärksten überrepräsentiert, gefolgt von
  • einer hohen YouTube-Nutzung,
  • dem Lesen von Regionalzeitungen und
  • dem Themenraum Heimwerken.

Am stärksten unterrepräsentiert ist

  • die Wahrscheinlichkeit, Student zu sein,
  • gefolgt von einer starken Affinität zum Fahrradfahren und
  • einer Architektur- und Luxusaffinität.

Ist die DNA der Marke einmal von der KI berechnet, ist auch der Schritt zu Zielgruppenanalyse nicht mehr fern, denn hier untersucht man zum Beispiel, welche Einkaufswagen den oben beschriebenen extrem ähnlich sind – aber VW nicht enthalten (Stichwort: Look-alike-Marketing). Aber auch jede andere Form von Zielgruppen-Methodik lässt sich basierend auf solchen Daten umsetzen. So lassen sich eben auch Konkurrenzmarken analysieren und ein gegebenenfalls markenilloyaler Kundenstamm targeten.

Big Data Kunden Markenüberschneidungen

Wie bereits erwähnt, können Algorithmen im besten Fall nicht nur Aussagen über Demografie und Interessen der Zielgruppe treffen und wo man diese am besten erreicht, sondern auch, mit welchen Botschaften und Themen. Zu einer persönlichkeitsgerechten Markenkommunikation gehören konkrete Attribute – wie im VW-Fall „überlegt, zufrieden, wissbegierig”. Ein Persönlichkeitsmodell der Marke würde in diesem Fall Punkte wie „zuverlässig”, „organisiert”, „planend” und „sorgfältig” in den Mittelpunkt der Kommunikation stellen.

Big Data Kunden Persönlichkeitsmodell

Optimale Platzierung und Budgetierung

Selbst wenn die perfekte Werbeanzeige für die Persona erstellt wurde, muss sie natürlich noch ausgespielt werden. Hier bietet ein interessensbasierter und KI-gestützter Ansatz ebenso Vorteile, denn die „Cookiecalypse” droht: Insbesondere im Bereich Display Advertising stehen zukünftig nur noch ein Bruchteil der Informationen zur Verfügung, weil ohne Cookies unklar ist, wer eigentlich gerade auf der Website surft.

Somit wird die Streuverlust-arme und gleichzeitig DSGVO-konforme Ausstreuung von Werbemitteln immer mehr zum Spannungsfeld. KI-Personas betrifft das deutlich weniger, weil sie schließlich anhand der Interessen und Vorlieben gebildet wurden, die sie am stärksten vom Rest der Population unterscheiden. Und genau diese Interessen und Vorlieben lassen sich wiederum algorithmisch in semantische Keywords übersetzen und ermöglichen so präziseste Targetings.

Media-Planung

Wenn wir hier noch einmal unser VW-Beispiel heranziehen, wird schnell deutlich, dass Influencer-Marketing in dieser Zielgruppe nur geringen Erfolg verspricht. Während die Themen „Automobil”, „Technologie” und Schauspiel” hier noch am ehesten Erfolg versprechen, findet man in den Bereichen „Beauty”, „Lifestyle” und „Nachhaltigkeit” nicht den passenden Fit. Bei „klassischen” Magazinen stechen BILD, AutoBILD und ADAC Magazin hervor, während man die Zielgruppe digital vor allem auf YouTube und Facebook antrifft.

Fazit

Künstliche Intelligenz wird häufig zur Optimierung bestehender Prozesse genutzt. Unternehmen sollten jedoch anfangen, KI bereits vor der Neukundenakquise einzubinden, da sie wertvolle Tipps für die Strategie, den Vertrieb oder das Marketing gibt. Dies verhindert unnötige Streuverluste und damit überflüssige Werbeausgaben, während das Budget effizient für die Ansprache genutzt werden kann.

FAQ

Quellen:

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