Das Lazarus-Stressmodell: Einfache Erklärung und praxisnahe Beispiele

Von Thomas Sesli, geprüft durch Ekaterina Broska (Google- und Hubspot-zertifiziert)
Aktualisiert am 28.05.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wie oft fühlst du dich gestresst und weißt nicht so recht, wie du damit umgehen sollst?

Das Lazarus-Stressmodell weist dir den Weg – wir erklären es dir einfach und verständlich. Los geht's!

Einblick ins Stressmodell von Lazarus

Richard S. Lazarus fand heraus: Keine Situation ist wirklich stressend. Vielmehr ist es die Art, wie wir gedanklich mit Stress umgehen und danach handeln. Die Ursache liegt also ganz in den Händen der handelnden Person.

Sein transaktionales Stressmodell berücksichtigt psychologische Mechanismen, die zwischen äußeren Stressfaktoren und deiner individuellen Stressreaktion geschehen, anstatt Stress lediglich als Reaktion auf äußere Umstände zu betrachten.

Wusstest du, dass unsere Reaktion auf Stress ein evolutionärer Mechanismus ist?

Grundlagen des Lazarus-Stressmodells

Im Zentrum des Ansatzes von Lazarus stehen Bewertungsprozesse, etwa:

  • Deine Einschätzung, ob das Ereignis positiv oder negativ ist
  • Deine Beurteilung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten
  • Deine Bestimmung der persönlichen Bedeutung des Ereignisses

Lazarus beschreibt, dass jeder Mensch diese Bewertungsprozesse durchläuft, oft unbewusst, wenn er mit verschiedenen Stresssituationen konfrontiert wird. Sie beeinflussen maßgeblich die Fähigkeit, inwieweit ein Ereignis als persönlich bedeutsam empfunden wird.

Sobald sich die Situation oder die Umstände ändern, wird ein Neubewertungsprozess eingeleitet. Die Überprüfung der eigenen Bewertung ist also beweglich und wird kontinuierlich angepasst.

Primäre versus sekundäre Bewertung

In Lazarus' Stresstheorie wird zwischen der primären und der sekundären Bewertung unterschieden.

Während die primäre Bewertung darauf abzielt, die potenzielle Bedrohung oder den Nutzen eines Ereignisses einzuschätzen, fokussiert sich die sekundäre Bewertung auf die Beurteilung, ob und wie die betroffene Person mit der Situation umgehen kann.

Das Ergebnis dieser beiden Bewertungsprozesse bestimmt letztendlich die individuelle Stressreaktion.

Stressoren und ihre Wirkung

Stressoren lösen Stressreaktionen und dadurch physische oder psychische Belastungen aus.

Das heißt nichts anderes, als dass Stressoren unser Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Wir haben die verschiedenen Arten von Stressoren für dich aufgelistet – doch natürlich sind diese völlig individuell. Jeder Mensch versteht unter Stress nämlich etwas anders.

Arten von Stressoren

  • Zeitlich begrenzte Stressoren: Einzelne Herausforderungen oder Bedrohungen, beispielsweise eine Prüfung oder ein Bewerbungsgespräch.
  • Chronische Stressoren: Langanhaltende Belastungen, etwa Arbeitslosigkeit oder dauerhafte Konflikte in Beziehungen.
  • Interne Stressoren: Persönliche Eigenschaften und Einstellungen, die Stress verstärken können, etwa Perfektionismus oder geringes Selbstwertgefühl.
  • Externe Stressoren: Umweltbedingte Faktoren wie Arbeitsbelastung, Lärm oder klimatische Bedingungen.

Die Identifizierung spezifischer Stressfaktoren ermöglicht die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Stressbewältigung, um so das Wohlbefinden zu verbessern.

Individuelle Unterschiede bei Stressreaktionen

Persönliche Antworten auf Stress sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, darunter Persönlichkeit, Erfahrungen und aktuelle Lebenssituationen. Diese Unterschiede resultieren wiederum in diversen Reaktionen – sowohl körperlichen als auch psychischen:

  • Körperliche Stressreaktionen: Beispielsweise Anspannung, Schweißausbrüche oder Schlafstörungen.
  • Psychische Stressreaktionen: Äußern sich in Angst, Unruhe oder Depressionen.
  • Verhaltensbezogene Reaktionen: Veränderte Kommunikationsmuster oder gesteigerte Aggressivität sind hier typische Anzeichen.

Die individuellen Unterschiede sollten bei der Erarbeitung maßgeschneiderter Coping-Strategien unbedingt berücksichtigt werden.

Stressbewältigung nach Lazarus

Dabei bedeutet Coping nichts anderes als Strategien der Stressbewältigung. Wie dir das gelingt, erfährst du hier.

Die Forscher Lazarus und Folkman unterscheiden zwischen zwei Hauptkategorien des Copings: problemorientiertes und emotionsorientiertes Coping.

Coping-Strategien nach Lazarus und Folkman

  • Problemorientierte Stressbewältigung: Hier steht die Entwicklung und Umsetzung von Problemlösungen im Fokus, um den Stressor aktiv zu beseitigen. Dazu zählt, dass du dich vorab über das Problem informierst oder den Stressor identifizierst.
  • Emotionsorientierte Stressbewältigung: Wut, Frust oder sogar Trauer – diese Strategie verfolgt in erster Linie das Ziel, unangenehme Emotionen, die infolge einer Stresssituation entstehen, abzubauen.

Laut Lazarus und Folkman sind diese beiden Strategien nicht zwangsläufig voneinander getrennt, da sie oftmals kombiniert oder parallel eingesetzt werden. Dies hängt von der Art des Stressors sowie der individuellen Stressreaktion ab.

Adaptive und maladaptive Coping-Ansätze

Zudem können die genannten Bewältigungsstrategien weiterhin in adaptive und maladaptive Coping-Ansätze erweitert werden.

  • Adaptive Coping-Ansätze bezeichnen erfolgreiche Bewältigungsstrategien, die die Stressreaktion positiv beeinflussen und gesundheitsfördernde Auswirkungen mit sich bringen. Mit diesem Ansatz erreichst du eine höhere emotionale Stabilität und Zufriedenheit. Beispielsweise gehst du nach einem Streit mit deinem Freund aktiv auf ihn zu, um den Konflikt wieder zu lösen, bevor dich die Situation den ganzen Tag grübeln lässt.
  • Maladaptive Coping-Ansätze umfassen weniger wirksame oder gar kontraproduktive Strategien, die das Problem nicht lösen oder verschlimmern können und somit negative gesundheitliche Folgen haben können. Kurz: Wenn du ein Problem beispielsweise einfach nur vermeidest, wird es dadurch nicht gleich gelöst.

Auch hier sind beide Ansätze nicht unabhängig voneinander. Vielmehr sind sie gleichzeitig in der Stressreaktion und -bewältigung vorhanden und abhängig von deinen individuellen Fähigkeiten, Ressourcen und Umständen.

Lazarus-Stressmodell: Weniger Stress in 4 Schritten
Gern darfst du diese Infografik auf deiner Webseite einbinden.

Anwendung des Lazarus-Stressmodells in der Praxis

Beruf, Alltag, Gesundheit – Lazarus' Methode lehrt, mit den unterschiedlichsten Situationen umzugehen. Im Folgenden haben wir für dich Beispiele aus diversen Lebensbereichen aufgeführt, die die praktische Anwendung veranschaulichen. Findest du dich in einer der Situationen wieder?

Arbeitsplatzbezogene Beispiele

  • Bei einem Arbeitsprojekt mit engen Deadlines wendet ein Mitarbeiter die Neubewertung an, um seine aktuellen Ressourcen zu erkennen und an eine Priorisierung der anstehenden Aufgaben anzupassen. Er fühlt sich vom Arbeitsaufwand kaum noch überwältigt.
  • Oder: Vor einem wichtigen Meeting sucht der Zuständige gezielt (und gestresst) nach relevanten Informationen, mit dem Ziel, seine Leistung im Bewertungsprozess schnellstmöglich zu optimieren. Die gezielte Informationssuche sorgt dabei für eine Reduktion des empfundenen Stresses.

Alltagsstress und familiäre Situationen

Familiäre Stressoren wie Zeitdruck, finanzielle Herausforderungen oder Meinungsverschiedenheiten können belastend sein. In diesen Fallbeispielen findet das Modell seine Anwendung:

  1. Die elterliche Verantwortung in Kombination mit den Anforderungen des Berufslebens führt zu Stress. Bewältigungsstrategien basieren hier auf vorhandene Ressourcen, beispielsweise durch Etablieren eines geregelten Tagesablaufs oder die Planung von mehr Familienzeit.
  2. Haushaltspartner, die mit finanziellen Engpässen konfrontiert sind, nutzen die Neubewertung des persönlichen Budgets, um informierte Ausgabenentscheidungen treffen zu können.

Gesundheitliche Auswirkungen von Stress

Der Umgang mit verschiedensten Belastungen hat auch einen enormen gesundheitlichen Einfluss. Nachfolgend siehst du zwei Beispiele, bei denen das Stressmodell in Bezug auf die Gesundheit praktisch angewendet wird:

Anwendung des Modells Auswirkungen auf die Gesundheit
Gezielte Informationssuche vor einer medizinischen Behandlung Reduktion von Ängsten und gestärktes Vertrauen in die Behandlung
Neubewertung von körperlichen Aktivitäten zur Stressbewältigung Stressabbau und Verbesserung der mentalen und körperlichen Gesundheit

Strategien zur Stressprävention

Kommen wir nun zu präventive Strategien der Bewältigung von Stress. Es ist wichtig, dass du entsprechend deiner individuellen Bedürfnisse und Stressbewältigungsprozesse den für dich passenden Ansatz auswählst.

Verhaltensbasierte Ansätze

Verhaltensbasierte Strategien zur Stressminderung fokussieren sich auf die Änderung des eigenen Verhaltens, um anspruchsvollen Situationen besser begegnen zu können. Dazu zählen:

  • Bewertungsorientierte Annäherung: Den Stressor als Herausforderung statt als Misserfolg wahrnehmen und ein entsprechendes Mensch-Person-Beziehungsmanagement anwenden. Anstatt dich also beispielsweise vom zeitlichen Druck überwältigen zu lassen, nutzt du die Zeit als eine persönliche Challenge, um umso schneller fertig zu werden.
  • Ablenkung: Den Fokus von stressenden Reizen ablenken und entspannende Aktivitäten suchen. Ein kleiner Spaziergang im Freien ist eine ideale Aktivität, um einfach mal durchzuatmen.
  • Verleugnung: Die temporäre Verleugnung eines Stressors kann in bestimmten Fällen hilfreich sein, um Zeit und Entspannung beim Sammeln von Ressourcen und für eine Neuorientierung zu gewinnen. Überlege: Wie kannst du beispielsweise den stressigen Arbeitslärm um dich herum ignorieren? Wie wäre es mit geräuschunterdrückenden Kopfhörern?

Verhältnisbasierte Ansätze

Verhältnisbasierte Präventionsstrategien zielen darauf ab, Umweltbedingungen oder zwischenmenschliche Beziehungen anzupassen, um Stressfaktoren zu minimieren. Ansätze in dieser Kategorie umfassen:

  1. Umgestaltung der Arbeitsumgebung: Schaffung einer angenehmeren Atmosphäre, die weniger stressauslösend ist. Wann hast du das letzte Mal deinen Schreibtisch richtig gründlich aufgeräumt?
  2. Kommunikation und Konfliktbewältigung: Aktives Zuhören, Empathie und Vereinbarungen über angemessenes Verhalten mit den beteiligten Personen treffen.
  3. Zusammenarbeit und Teamarbeit: Gemeinsame Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Ideen mit Kollegen teilen, um dadurch Stress-Synergien zu reduzieren.

Ressourcen zur Stressreduktion

Die Nutzung und Bereitstellung von Ressourcen kann maßgeblich zu mehr Widerstandsfähigkeit und einer besseren Bewältigung von belastenden Situationen beitragen. Beispiele für solche Ressourcen sind etwa:

Typ Ressourcen
Emotionale Unterstützung Zuneigung, Empathie und Wertschätzung durch Familienmitglieder, Freunde oder Kollegen.
Instrumentelle Hilfe Finanzielle Unterstützung, Zeitressourcen, Hilfsmittel oder Informationssuche, die das Coping erleichtern.
Beratung Professionelle oder informelle Beratung, um mit einer Stresssituation umzugehen und angemessene Lösungsstrategien zu finden.

Langfristig gesünder und erfolgreicher leben? Durch das Anwenden der Lazarus-Methode und unseren Ansätzen kannst du deine Stressbewältigungsprozesse optimal verbessern. Eine Kombination von beiden hilft dabei, dein ganz eigenes, individuelles Erleben bei verschiedensten Belastungen unter Kontrolle zu halten.

Fazit: Stressbewältigung nach Lazarus – wie Bewertungen die Stressreaktion beeinflussen

Nun behältst du in künftigen Stresssituationen einen kühlen Kopf.

Das Lazarus-Stressmodell legt den Fokus auf Bewertungsprozesse, die deinen individuellen Umgang mit Belastung bestimmen. Durch das Verständnis deiner Stressoren und Reaktionen darauf kannst du gezielte Maßnahmen zur Bewältigung entwickeln.

Setze dich zuerst mit den verschiedenen Bewertungen und Coping-Strategien auseinander und finde heraus, wie du sie wirkungsvoll in deinen Alltag integrieren kannst. So gelingt Stressbewältigung ganz einfach!

FAQ

Häufig gestellte Fragen und entsprechende Antworten sind im Weiteren aufgelistet.

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