Benjamin-Franklin-Effekt: Mit diesem psychologischen Trick sicherst du dir Sympathie bei Kollegen und Geschäftspartnern

Von Thomas Sesli, geprüft durch Melina Wandler (zertifizierte Lektorin)
Aktualisiert am 12.04.2024 | Lesezeit ca. Min.

Wie gelingt es, auf Mitmenschen sympathischer zu wirken – gerade dann, wenn man sich erst kennenlernt? Eine mögliche Lösung bietet der Benjamin-Franklin-Effekt, ein psychologisches Phänomen, das auf den gleichnamigen Gründervater der Vereinigten Staaten zurückgeht.

In diesem Artikel beleuchten wir die psychologischen Hintergründe, den Ursprung und die Bedeutung des Benjamin-Franklin-Effekts.

Der Artikel vertieft dabei folgende Aspekte:

  • Entdeckung und wissenschaftliche Studien zum Benjamin-Franklin-Effekt
  • Die psychologischen Grundlagen und Mechanismen, die dem Phänomen zugrunde liegen
  • Neue praktische Anwendungsmöglichkeiten im beruflichen Kontext, in persönlichen Beziehungen und im täglichen Leben

Lass dich von diesen faszinierenden Erkenntnissen anregen und finde heraus, wie du sie zu deinem Vorteil einsetzen kannst!

Der Benjamin-Franklin-Effekt: Hintergrund und Ursprung

Der Benjamin-Franklin-Effekt, benannt nach einem der Gründerväter der USA, ist ein faszinierendes psychologisches Phänomen.

In diesem Kapitel beleuchten wir zunächst die Anekdote hinter diesem Effekt und werfen anschließend einen kurzen Blick auf die Forschungsarbeiten, die zur wissenschaftlichen Anerkennung des Phänomens beigetragen haben.

Die Anekdote aus Benjamin Franklins Leben

Der Ursprung des Benjamin-Franklin-Effekts liegt in einer Anekdote aus dem Leben von Benjamin Franklin selbst. Als Diplomat und Politiker wusste er um die Bedeutung von Sympathie und Zusammenarbeit sowie die Auswirkungen von Feindschaft in politischen Verhandlungen.

Um die Feindschaft eines politischen Gegners zu beenden und dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen, bat Franklin ihn, ihm ein seltenes Buch aus seiner Bibliothek auszuleihen. Die Bitte war erfolgreich. Als Franklin das Werk samt eines Dankesbriefes zurückgeben wollte, hatte sich die Stimmung zwischen den beiden Männern geändert.

Dieser simple Akt führte dazu, dass sein Gegner seine Haltung änderte, freundlich auf Franklin zuging und sie schließlich Verbündete und Freunde wurden. So wurde der Benjamin-Franklin-Effekt geboren: Das Gewähren eines Gefallens kann dazu führen, dass Menschen uns positiver beurteilen.

Die wissenschaftliche Erforschung des Effekts

In den 1960er-Jahren wurde der Benjamin-Franklin-Effekt durch die Psychologen Jon Jecker und David Landy wissenschaftlich erforscht. Die beiden Studienleiter teilten die Probanden nach einem Wissenstest in drei Gruppen ein.

  • Einer Gruppe erzählten die Wissenschaftler, sie hätten ihr eigenes Geld in den Versuch investiert und seien nun pleite. Sie baten die Studienteilnehmer um etwas Geld.
  • Die zweite Gruppe erhielt einen Brief von der Sekretärin des Instituts, in dem sie um eine Spende für das Institut bat, das den Versuch finanziert hatte.
  • Die dritte Gruppe erhielt keine weitere Nachricht.

Anschließend sollten alle drei Gruppen beurteilen, wie sympathisch sie die Studienleiter fanden. Das Ergebnis war der Beweis für den Benjamin-Franklin-Effekt: Die erste Gruppe, bei der die Wissenschaftler als "Schnorrer" aufgetreten waren, also um einen persönlichen Gefallen gebeten hatten, fand sie am sympathischsten.

Dies legt nahe, dass das Prinzip der Gegenseitigkeit einen bedeutenden Stellenwert im menschlichen Miteinander einnimmt und das Gewähren kleiner Gefallen eine erfolgversprechende Taktik zur Gewinnung von Sympathie sein kann.

Psychologische Grundlagen des Benjamin-Franklin-Effekts

Um die Mechanismen des Benjamin-Franklin-Effekts besser nachvollziehen zu können, lohnt es sich, zunächst zwei zentrale Konzepte der Sozialpsychologie zu beleuchten:

Die kognitive Dissonanz

Die kognitive Dissonanz beschreibt das instinktive Gefühl, das aufkommt, wenn zwei oder mehr im Widerspruch stehende Überzeugungen, Werte oder Haltungen aufeinanderprallen.

In solchen Fällen strebt das Gehirn nach einer Lösung, indem es eine der Überzeugungen modifiziert, um wieder ein harmonisches Gleichgewicht herzustellen. Im Kontext des Benjamin-Franklin-Effekts entsteht eine kognitive Dissonanz, wenn man einer Person hilft, obwohl man für sie keine Sympathie hegt.

Das Gehirn hat also zwei gegensätzliche Informationen zu verarbeiten:

  1. Man hat der betreffenden Person geholfen.
  2. Man mag diese Person nicht.

Die Lösung liegt für das Gehirn darin, eine der beiden Informationen anzupassen. Häufig geschieht dies, indem sich die Einstellung zu der Person ändert und man fortan mehr Sympathie für sie empfindet.

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Lesetipp

Es gibt noch weitere spannende kognitive Verzerrungen, die einen Einfluss auf das Miteinander im Geschäftsleben haben können. Lies doch mal rein: Kognitive Verzerrungen: Definition, Beispiele und wie sie dich und dein Business beeinflussen können

Die reziproke Zuneigung und die soziale Austauschtheorie

Daneben ist die Theorie der reziproken Zuneigung ein weiteres nützliches Konzept zur Erklärung des Benjamin-Franklin-Effekts. Demnach fühlen Menschen sich zu anderen hingezogen, die ihnen positive Gefühle oder Wertschätzung und Aufmerksamkeit entgegenbringen. Im Falle des Benjamin-Franklin-Effekts geschieht dies durch die Frage nach einem Gefallen. Dieses Prinzip ist tief in der menschlichen Natur verwurzelt und fördert soziale Bindungen und Zusammenarbeit.

Aufbauend auf dieser Grundlage beschreibt die soziale Austauschtheorie, dass Menschen in sozialen Beziehungen ein ausgewogenes Verhältnis von Geben und Nehmen anstreben. Fragt man eine Person nach einem Gefallen, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese früher oder später ebenfalls um Unterstützung bittet und sich so langsam eine Beziehung entwickelt.

Benjamin-Franklin-Effekt: 4 Schritte für bessere Beziehungen
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Anwendungsbeispiele: Der Benjamin-Franklin-Effekt im Berufsleben

Der Benjamin-Franklin-Effekt lässt sich nicht nur in privaten Beziehungen anwenden, sondern auch im Berufsleben, um Sympathien aufzubauen und die Kundenbindung zu stärken.

Sympathie und Vertrauen im Team

Im Berufsleben spielt der Aufbau von Sympathie und Vertrauen innerhalb eines Teams eine zentrale Rolle. Dabei kann der Benjamin-Franklin-Effekt als Methode genutzt werden, um die reziproke Zuneigung zwischen den Teammitgliedern zu fördern.

Wenn du von deinen Kollegen kleine Gefallen erbittest, kannst du sowohl unbegründet vorhandene Vorurteile abbauen als auch bereits bestehende Beziehungen stärken.

  • Setze auf gemeinsame Aufgaben und Entscheidungen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu intensivieren.
  • Das Erfragen von hilfreichen Ratschlägen und Meinungen kann das gegenseitige Vertrauen und die Wertschätzung im Team steigern.
  • Zeige echtes Interesse an den Ideen und Vorschlägen der Teammitglieder, um auf diese Weise ihre Motivation und Zusammenarbeit zu fördern.

Stärkung der Kundenbindung

Der Benjamin-Franklin-Effekt zeigt ebenfalls eine positive Wirkung im Umgang mit Kunden. Indem du von ihnen kleine Gefallen erbittest, förderst du die sympathische Wechselwirkung und bindest die Kunden langfristig an dein Unternehmen sowie deine Produkte.

  1. Frage die Kunden zunächst aktiv nach Feedback und Verbesserungsvorschlägen, um ihnen zu verdeutlichen, dass ihre Meinungen geschätzt werden und du auf ihre Bedürfnisse eingehst.
  2. Biete exklusive Aktionen an, bei denen Kunden an der Gestaltung von Produkt- oder Serviceinnovationen teilhaben können.
  3. Beziehe Kunden in Entscheidungen ein, die sie persönlich betreffen – etwa individuelle Vertragsgestaltungen.

Durch diese Methoden stärkst du die Zuneigung deiner Kunden, wirkst sympathischer auf sie und erzielst so einen maßgeblichen Erfolg in der Kundenbeziehung, die auf Loyalität und Vertrauen basiert und den Kauf deiner Produkte ankurbelt.

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Lesetipp

Weitere Tipps für eine starke Kundenbeziehung kannst du in diesem Artikel nachlesen: Kundenbindung stärken: 5 effektive Maßnahmen für 2024

Der Benjamin-Franklin-Effekt im Alltag

Der Benjamin-Franklin-Effekt kann sowohl im Berufsleben als auch in täglichen Interaktionen mit Menschen eine bedeutende Rolle spielen.

Darauf kannst du achten:

  • Zeige Dankbarkeit, wenn dir jemand einen Gefallen erweist, um den du gebeten hast. Auch ein kleiner Dankesbrief oder -gruß kann viel bewirken, denn er kann dein Gegenüber motivieren, das Vertrauen in die Beziehung zu vertiefen.
  • Sei gleichzeitig auch für andere da und bereit ebenfalls einen Gefallen zu tun. So schließt sich das Verhältnis aus Geben und Nehmen, was bei allen Beteiligten für ein gutes Gefühl sorgt.
  • Wichtig ist jedoch, nicht zu viele kleine Gefallen zu erwarten, da dies im Gegenteil zur Entfremdung führen könnte. Auch zu große Gefallen, die in keinem Verhältnis stehen, könnten einen gegenteiligen Effekt bewirken und dich dreist wirken lassen.
  • Verwende den Benjamin-Franklin-Effekt niemals, um Menschen bewusst zu manipulieren. Das könnte das Vertrauen nachhaltig schädigen.

Kritische Betrachtung des Benjamin-Franklin-Effekts

Der Benjamin-Franklin-Effekt kann in vielen Situationen nützlich sein, doch es ist unerlässlich, seine Grenzen und mögliche negative Auswirkungen zu betrachten, um nicht ungewollt unsympathisch zu wirken.

Grenzen und mögliche negative Auswirkungen

Der Erfolg des Benjamin-Franklin-Effekts ist keineswegs garantiert. In einigen Fällen kann dieses Phänomen sogar kontraproduktiv sein. Beispielsweise könnte eine Person feststellen, dass derjenige, der um einen Gefallen gebeten hat, hinterher unsympathischer wirkt als zuvor.

Dies könnte daran liegen, dass das Erbetene in manchen Situationen unangemessen oder manipulativ erscheint und dadurch eine negative Reaktion auslöst.

Eine zu häufige Nutzung dieses Prinzips kann zudem Misstrauen oder Zweifel an der Ehrlichkeit des Effektanwenders hervorrufen.

Darüber hinaus ist der Benjamin-Franklin-Effekt nicht in allen kulturellen Kontexten gleichermaßen geeignet. Kulturelle Unterschiede können dazu führen, dass bestimmte Verhaltensweisen oder Anforderungen den beabsichtigten Effekt ganz unbewusst verfehlen und stattdessen Ablehnung oder Missverständnisse provozieren.

Alternative Ansätze zur Sympathiegewinnung

Da der Benjamin-Franklin-Effekt nicht immer erfolgversprechend ist, ist es ratsam, alternative Strategien zur Schaffung von Sympathie und Vertrauen zu kennen.

Hier einige Ansätze:

  • Zuhören: Höre aufmerksam zu, wenn andere sprechen. So kannst du ihre Bedürfnisse und Wünsche besser verstehen, gemeinsame Interessen entdecken und bei Problemen deine Unterstützung oder ein offenes Ohr anbieten.
  • Authentische Freundlichkeit: Zeige echtes Interesse und Empathie für andere, um Vertrauen und positive Beziehungen aufzubauen.
  • Respekt und Anerkennung: Schätze die Leistungen und Beiträge anderer, um gegenseitigen Respekt und Zuneigung zu fördern oder zurückzugeben.
  • Kooperation und Konsistenz: Arbeite konstruktiv mit anderen zusammen und sei verlässlich. Das kommt einer soliden Partnerschaft zugute.

Verlass dich nicht ausschließlich auf eine einzige Methode zur Sympathiegewinnung. Eine ausgewogene Kombination verschiedener Strategien, angepasst an individuelle Bedürfnisse und den jeweiligen Kontext, erzielt am ehesten positive Resultate.

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Fazit: Sympathie erlangen durch den Benjamin-Franklin-Effekt

Der Benjamin-Franklin-Effekt offenbart, wie das Erbitten von Gefallen aufgrund einer kognitiven Dissonanz zu einer Steigerung von Sympathie und Vertrauen in persönlichen sowie beruflichen Beziehungen beitragen kann. Dennoch sind Grenzen und alternative Strategien zu beachten.

Nimm Folgendes aus diesem Artikel mit:

  • Anwendbarkeit: Der Effekt ist sowohl im Berufsleben als auch im privaten Bereich einsetzbar, um Sympathie und Vertrauen zu fördern.
  • Grenzen: Es sollte beachtet werden, dass der Benjamin-Franklin-Effekt nicht immer erfolgreich ist – gelegentlich kann er sogar kontraproduktiv wirken, etwa wenn die Situation unpassend oder manipulativ erscheint.
  • Alternative Strategien: Auch authentische Freundlichkeit, aufmerksames Zuhören, Respekt, Anerkennung, Kooperation und Konsistenz sind essenziell für den Aufbau von Sympathie und Vertrauen.

Mit dem Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen des Benjamin-Franklin-Effekts ergeben sich neue Ansätze, um im Alltag positive Beziehungen aufzubauen und zu festigen.

Wenn du diese Technik verantwortungsvoll und empathisch anwendest, erhältst du die Chance, tiefere Verbindungen mit anderen Menschen einzugehen und langfristige, vertrauensbasierte Beziehungen zu entwickeln.

FAQ

Nachfolgend sind einige Antworten auf häufig vorkommende Fragen zusammengestellt.

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