Green Marketing: Definition und Best Practices für nachhaltiges Werben

Von Andrea Gruber
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

„Klima-Kleber“, „Veganuary“, „Letzte Generation“ – an diesen Begriffen kommt heute keiner vorbei. Warum? Weil sie unseren aktuellen Lebensstil an den Pranger stellen und uns dazu bringen, unseren Anteil am momentanen Zustand der Welt zu überdenken. Ein solches Umdenken, verbunden mit einem zunehmend kritischen Konsumverhalten, findet langsam, aber sicher auch bei den Kunden statt.

In den USA würden vier von zehn Befragten Unternehmen boykottieren, die keine Bereitschaft zeigen, ökologische Verantwortung zu übernehmen – und sind ihrerseits bereit, ihren Lebensstil zu verändern, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. In Deutschland ist das ähnlich: 70 Prozent der Befragten kaufen heute umweltfreundlichere Produkte als früher. Die Hälfte ist sogar bereit, für ressourcenschonende Produkte tiefer in die Tasche zu greifen.

Und genau hier setzt Green Marketing an. Ziel ist es, den Kunden das Gefühl zu geben, mit ihrem Kauf einen positiven Beitrag zum Erhalt des Planeten geleistet zu haben und gleichzeitig den Umsatz des eigenen Unternehmens zu steigern.

Um „Green Marketing“ kreist eine ganze Palette weiterer Begriffe wie „Ökomarketing“, „grünes Marketing“, „nachhaltiges Marketing“ – doch welchen Ausdruck auch immer du verwendest, es gibt eine wichtige Differenzierung: nämlich den Unterschied zwischen CSR (Corporate Social Responsibility) und Green Marketing. Im Gegensatz zum Green Marketing umfasst die CSR nämlich auch ökonomische und soziale Aspekte.

Chancen und Risiken von Green Marketing

Vorteile
Verbesserung des Markenimages Höhere Wettbewerbsfähigkeit Akquise anspruchsvollerer Kunden Erhöhte Markenloyalität und Kundenbindung Geringere Produktionskosten durch Erhöhung der Effizienz Weitergabe von nachhaltigkeitsbedingten Mehrkosten an den Kunden
Nachteile
Gefahr von Greenwashing Verlust von Kunden bei unglaubwürdiger ökologischer Neuorientierung Ungenaue Definition der Zielgruppe Verwendung zu vieler oder ungeläufiger Umweltzeichen und Labels Kooperationen mit nicht nachhaltigen Partnern verringern die Glaubwürdigkeit

Was ist der Unterschied zwischen Green Marketing und Greenwashing?

Green Marketing hat sich in der Unternehmenswelt mittlerweile so etabliert, dass es nicht überrascht, dass manche Unternehmen auf den Zug aufspringen wollen, ohne ein gültiges Ticket dafür zu lösen: Sie verleihen den Handlungen ihres Unternehmens einen grünen Anstrich, ohne langfristig nachhaltige Veränderungsprozesse anzustoßen. Dass dieses sogenannte Greenwashing keine weiße Weste verleiht, versteht sich von selbst.

Greenpeace charakterisiert Greenwashing anhand folgender vier Kriterien:

  • Die zentralen Unternehmensbereiche agieren in ökologisch bedenklichen Geschäftsfeldern.
  • Die Ausgaben für die Kommunikation der Nachhaltigkeitsstrategien sind höher als die eigentlichen Aufwendungen für den Schutz der Umwelt.
  • Es wird Lobbyarbeit betrieben, um die vorgegebenen Umweltauflagen zu unterlaufen.
  • Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wird zu Green-Marketing-Zwecken als umweltbewusste Einstellung ausgegeben.

Ein Beispiel: Die Kampagne der Brauerei Krombacher (gemeinsam mit dem WWF) zur Rettung des Regenwaldes in Indonesien wurde heftig kritisiert. Der Vorwurf: Was sollen Klimaschutzmaßnahmen in Indonesien, wenn im eigenen Unternehmen nichts für die Umwelt getan wird? Erst durch die schrittweise Verbesserung der Produktionsbedingungen vor Ort – etwa Mehrwegflaschen statt Dosen oder die Verwendung von Ökostrom – konnte das angekratzte Image des Unternehmens wieder aufpoliert werden.

Leider sind Vorwürfe, wie sie gegen Krombacher erhoben wurden, keine Seltenheit. Viele bekannte Marken versuchen, ein grünes Image aufzubauen, obwohl es in der Umsetzung noch Verbesserungspotenzial gibt:

Best-Practice-Beispiele für Green Marketing

Um gar nicht erst in die Falle des Greenwashings zu tappen, gibt es glücklicherweise auch viele Beispiele für vorbildliches Green Marketing, das im Wissen um die ökologische Verantwortung in vielen Unternehmensbereichen umfassend umgesetzt wird.

Jack Wolfskin

So legt das Outdoor-Unternehmen Jack Wolfskin seinen Marketingfokus auf die Qualität seiner Produkte im Ganzen – Nachhaltigkeit stellt dabei nur einen Teilaspekt dar. Die Maßnahmen sind in der CSR verankert und werden auf unterschiedlichen Ebenen realisiert, wobei sich die Marke darum bemüht, ihre Kriterien ehrlich zu kommunizieren:

  1. Daunen sind zum Beispiel weiterhin in Verwendung, allerdings mit dem Versprechen, auf Lebendrupf und Stopfgänse zu verzichten.
  2. Außerdem sind die Jack-Wolfskin-Produkte mit dem „Grünen Knopf“ ausgezeichnet, einem staatlichen Zertifikat für nachhaltige Textilien, das nachprüfbaren Kriterien unterliegt.

Ritter Sport

Noch ein Beispiel: Ritter Sport. Im Jahr 2018 erhielt der deutsche Schokoladenproduzent sogar einen Nachhaltigkeitspreis als Anerkennung für seine Bemühungen.

Wie bei Jack Wolfskin stehen auch bei Ritter Sport die Qualität und Vielfalt der Produkte im Mittelpunkt – von der Verpackung bis zur Produktion. Die Nachhaltigkeit ist dabei nur ein Teilaspekt. So wurde zum Beispiel das am Standort Waldenbuch angefallene CO2 mit dem Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeglichen, die nach dem Gold-Standard zertifiziert sind.

Kritische Stimmen könnten dies allerdings als eine Art Ablasshandel bezeichnen. Um Kritik aus dieser Richtung zuvorzukommen und die eigene Glaubhaftigkeit zu bewahren, sind ehrliche Bemühungen und eine klare Dokumentation im Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens wesentlich.

Greenmarketing-Nachhaltigkeitsziele-RitterSport
Kommunikation der Nachhaltigkeit auf der Ritter-Sport-Website. Screenshot: Ritter Sport.

Sonnentor

Auch das österreichische Unternehmen Sonnentor beweist: Nachhaltigkeit ist mehr als nur eine Marketingstrategie. Die Brand basiert auf einer ganzheitlichen, umweltbewussten und ethisch orientierten CSR.

Auf die Frage, was man bei Sonnentor unter nachhaltigem Marketing verstehe, lautet die Antwort: „Für uns gibt es gar kein anderes Marketing.“ Das wird auf der Website unter anderem so umgesetzt:

Green Marketing am Beispiel Sonnentor
Darstellung des CO²-Abdrucks eines Pfefferminztees. Screenshot: Sonnentor.

Es gibt also viele Möglichkeiten, nachhaltig zu agieren. Auch wenn die Fortschritte einzelner Unternehmen unterschiedlich sind, so kommt es vor allem auf das ehrliche Bemühen um eine Veränderung und das dadurch steigende Umweltbewusstsein an. Und auf den Glauben daran, dass auch kleine Schritte zum Ziel führen.

So vielfältig kann Green Marketing sein – mit ganz verschiedenen Marketinginstrumenten

Um eine authentische Nachhaltigkeitsstrategie erfolgreich umzusetzen, sollte sie auf mehreren Ebenen integriert werden:

  • Strategisches Marketing: Eingliederung in die Unternehmensphilosophie und -vision, Segmentierungsansätze
  • Produktpolitik: Verwendung von nachhaltigen und/oder recycelten Rohstoffen, Ökologisierung der Produktion, ressourcenschonende Verpackungskonzepte, Reparatur und Austausch von einzelnen Teilen, sofern möglich
  • Preispolitik: Weitergabe der Mehrkosten an die Kunden möglich, Entwicklung von Leasing- oder Sharingkonzepten
  • Distributionspolitik: nachhaltige Organisation von Transport- und Vertriebswegen, verstärkte Regionalität
  • Kommunikationspolitik: umweltschonende Umsetzung von Kampagnen, Demarketing, Ökozertifizierungen

Green Marketing – eine gute Umsetzung bringt viele Vorteile

Authentisches und gut in die Unternehmensphilosophie integriertes Green Marketing kann eine Menge Vorteile mit sich bringen:

  • das Übernehmen von ökologischer Verantwortung
  • die Erhöhung der Glaubwürdigkeit der Marke
  • die Schaffung einer langfristigen Wachstumsmöglichkeit
  • eine klare Positionierung gegenüber der Konkurrenz
  • die Unterstützung der Kunden, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen
  • Energieersparnisse und Verringerung der CO²-Emissionen
  • die Stärkung der Beziehung zur Zielgruppe
  • eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit der Bevölkerung

Green Marketing erfolgreich umsetzen – 9 konkrete Tipps und Strategien

  1. Achte auf Transparenz und Authentizität: Die ganzheitliche Ausrichtung der Marke muss auf überprüfbaren Fakten basieren. Außerdem hilfreich: Unterteile die Ökologisierung deines Unternehmens in kleine Unterziele. Diese schrittweise Annäherung verschafft dem Kunden einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen und ist dadurch glaubwürdiger und nachvollziehbarer als Versprechungen von Erfolgen in der Zukunft.
  2. Wähle Kooperationen mit glaubwürdigen Partnern: Die Auswahl sollte gezielt erfolgen – wähle aus Partnerorganisationen, die idealerweise eine akkreditierte Zertifizierung besitzen.
  3. Vermeide Übertreibungen und Generalisierungen: Vage Versprechungen wie „produziert mit recycelten Materialien“ oder „umweltfreundlich“ solltest du nur dann machen, wenn sie an konkreten Maßnahmen gemessen werden können oder durch Zertifikate belegt sind.
  4. Vermeide Täuschungen: Setze nur die grünen Konzepte um, die deiner Überzeugung entsprechen. Sei ehrlich und kommuniziere sowohl die positiven als auch die kritischen Aspekte deiner Produkte oder Strategie. Wenn du die Schwachstellen „aussparst“, kann schnell der Eindruck der Heuchelei entstehen. Um das zu vermeiden, kannst du zum Beispiel einen Nachhaltigkeitsbericht publizieren und so eine detaillierte und authentische Dokumentation vorweisen.
  5. Verwende eine klare Sprache: Vermeide Anspielungen oder Zweideutigkeiten und konzentriere dich stattdessen auf klare und spezifische Formulierungen. So vermeidest du Missverständnisse. Ebenso solltest du vorsichtig sein beim Gebrauch von Jugendsprache, Redewendungen der Zielgruppe oder Dialektbegriffen.
  6. Vermeide eine direkte Verknüpfung mit verkaufsfördernden Maßnahmen: So kommunizierst du, dass das Umweltbewusstsein und nicht der Absatz im Fokus steht.
  7. Konzentriere dich auf eine holistische Strategie zur Repositionierung: Versuche, eine ganzheitlich ökologisch und ethisch orientierte Unternehmensstruktur aufzubauen und nicht nur nachhaltige Einzelmaßnahmen.
  8. Vermeide Widersprüche in deinem eigenen Handeln und der ökologischen Botschaft, die du vermitteln willst.
  9. Sei offen für unterschiedliche Kundenreaktion: Gerade wenn deine Marke schon länger am Markt ist, kann es sein, dass Kunden die Neuorientierung des Unternehmens kritisch hinterfragen. Setze dich mit den unterschiedlichen Ansichten offen auseinander und kommuniziere authentisch und freundlich deine Strategien sowie Absichten.

FAQ

An dieser Stelle möchten wir einige häufige Fragen zum Thema Green Marketing beantworten.

Quellen:

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