Gesetz zur Arbeitszeiterfassung: Die wichtigsten Regelungen und was du 2024 beachten musst

Von Thomas Sesli
Aktualisiert am 12.03.2024 | Lesezeit ca. Min.

Schon gewusst? Die vollumfängliche Arbeitszeiterfassung ist seit dem 13. September 2022 geltendes Recht für Unternehmen in ganz Deutschland, wobei eventuelle Ordnungswidrigkeiten bis zu 30.000 Euro Bußgeld zur Folge haben können.

Es ist also unumgänglich, die wichtigsten Regelungen und aktuelle Entwicklungen zu kennen, um deinen Betrieb rechtssicher zu führen. Folgende Aspekte bereiten wir in diesem Artikel für dich auf – ganz ohne komplexes Juristendeutsch:

  • Gesetzliche Grundlagen der Arbeitszeit(-Erfassung)
  • Wichtigste Änderungen seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
  • So gehts': Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems nach den neuen Bestimmungen
  • Auswirkungen auf bestehende Regelungen wie Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice
  • Kontrolle und Sanktionen bei Verstößen

Gesetzliche Grundlagen der Arbeitszeit(-Erfassung)

Die Arbeitszeit und ihre Erfassung sind nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz und Arbeitsschutzgesetz geregelt. Im April 2023 wurde ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt. Er soll dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts gerecht werden, das wir später noch behandeln.

Hintergrund und ursprüngliche Gesetzgebung

Die beiden Gesetze wurden eingeführt, um Arbeitnehmer vor unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu schützen. Darunter fallen zum Beispiel Überstunden, die nicht entlohnt oder durch Freizeit ausgeglichen werden.

Nach der bisherigen Gesetzgebung musstest du die Arbeitszeit an Werktagen nur aufzeichnen, wenn sie acht Stunden übersteigt. An Sonn- und Feiertagen war die Dokumentation der gesamten Arbeitszeit Pflicht.

Arbeitszeitgrenzen und Pausenregelungen

Folgende Vorschriften des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) sollen den Arbeitsschutz gewährleisten. Sie gelten grundsätzlich für alle Arbeitsverhältnisse:

  • Maximal acht Stunden Arbeit pro Tag dürfen geleistet werden.
  • Zwei Überstunden täglich sind erlaubt.
  • Die durchschnittliche Arbeitszeit darf innerhalb von 24 Wochen maximal acht Stunden betragen.
  • Zwischen Arbeitstagen müssen elf Stunden Ruhezeit liegen.
  • Nach sechs Stunden Arbeit muss eine Pause von 30 Minuten eingelegt werden; nach neun Stunden ist eine 45-minütige Pause Pflicht.

Die wichtigsten Änderungen

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022 hat die bisher geltenden Bestimmungen für unzureichend erklärt.

Inhalt des Urteils

Die wesentliche Neuerung betrifft die Aufzeichnungspflicht: Unternehmer sind nun angewiesen, die gesamte Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Dafür muss ein geeignetes, objektives System im Betrieb eingeführt werden. Mit diesem soll die Einhaltung der schon bestehenden Regelungen zum Arbeitsschutz garantiert werden.

Diese Pflicht ist schon jetzt bindend. Wie genau die Erfassung umgesetzt werden soll, ist noch nicht gesetzlich geregelt. Ein Entwurf liegt aber schon vor.

Vereinbarkeit mit dem Homeoffice

Auch bei mobiler Arbeit sieht das BMAS vor, dass die Arbeitszeit vollständig erfasst und dokumentiert werden muss. Hierbei sind digitale Erfassungssysteme zwar besonderes sinnvoll, aber auch Stundenzettel in Papierform dürfen geführt werden. Das System legst du als Arbeitgeber fest.

Auswirkung auf vereinbarte Vertrauensarbeitszeit

Du kannst weiterhin mit deinen Angestellten ein flexibles Modell der Vertrauensarbeitszeit vereinbaren, bei dem diese den Beginn und das Ende ihrer Tätigkeit eigenverantwortlich bestimmen. Jedoch ist auch dabei die Aufzeichnungspflicht einzuhalten. Ob das Stundensoll also tatsächlich eingehalten wird, ist für dich nachvollziehbar.

Tipp: Weise bei bereits bestehenden Dienstvereinbarungen deine Mitarbeiter darauf hin, dass eine Dokumentation nun gesetzlich verbindlich ist. Sie sollen nicht denken, dass du ihnen nicht mehr vertraust.

So setzt du die Arbeitszeiterfassung regelkonform um

Um die Arbeitszeiterfassung für die Belegschaft harmonisch umzusetzen, gibt es einige wichtige Punkte zu beachten.

Systemauswahl und -Formen

Bei der Auswahl eines passenden Arbeitszeiterfassungssystems solltest du zunächst die Anforderungen deines Unternehmens, die Arbeitsbedingungen und die bereits aufgeführten Bestimmungen berücksichtigen. Dabei kann die Aufzeichnung auf zweierlei Art erfolgen.

  • Eine bekannte analoge Form ist die Stechuhr, von der Beginn und Ende der Arbeitszeit auf eine Karte gestempelt werden.
  • In den letzten Jahren hat die Digitalisierung auch in diesem Bereich Einzug gehalten. So gibt es mittlerweile zahlreiche Zeiterfassungssysteme in Form von Apps oder Computerprogrammen. Sie bieten oft auch zusätzliche Funktionen zur Auswertung und Nachvollziehbarkeit der Arbeitszeit.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Um die datenschutzrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, musst du folgende Punkte beachten:

  • Die Erfassung und Speicherung der Arbeitszeiten sollten so gestaltet sein, dass die Privatsphäre der Arbeitnehmer gewahrt bleibt. Eine Videoüberwachung ist ausgeschlossen.
  • Die Arbeitnehmer müssen über ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung informiert werden.
  • Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten muss den gesetzlichen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechen.
  • Bei Bedarf kannst du auch Fachanwälte für Arbeitsrecht hinzuziehen, um die Einhaltung des Gesetzes sicherzustellen und mögliche Verstöße zu verhindern.

Kommunikation und Schulung von Mitarbeitern

Die Einführung einer Arbeitszeiterfassung setzt voraus, dass die Mitarbeiter damit vertraut sind und sie korrekt anwenden können. Hier sind einige Vorschläge, wie du dies erreichen kannst:

  • Informiere die Arbeitnehmer transparent über die Einführung des neuen Systems, die Gründe dafür und die möglichen Auswirkungen auf ihre Arbeitsbedingungen.
  • Biete Schulungen und Hilfestellungen für den Umgang mit dem gewählten System zur Arbeitszeiterfassung an, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter ihrer Pflicht nachkommen können.
  • Achte während des gesamten Prozesses auf eine offene, empathische Kommunikation.
Arbeitszeiterfassungsgesetz: 5 Schlüsselmethoden zur effizienten Umsetzung

Arbeitszeitaufzeichnung: Kontrolle und Sanktionen bei Verstößen

Primär bist du als Arbeitgeber in der Pflicht, die geltenden Gesetze einzuhalten und deinen Betrieb entsprechend zu führen. Du solltest dir bewusst sein, dass damit eine Verantwortung einhergeht, die jederzeit überprüft werden kann.

Zuständige Behörden

Die Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer überwachen, ob die Regelungen eingehalten werden. Sie können Kontrollen durchführen und bei Verstößen rechtliche Verfahren in die Wege leiten. Haben sie einen Verdacht, arbeiten sie auch mit Arbeitnehmervertretungen zusammen.

Mögliche Bußgelder und arbeitsrechtliche Konsequenzen

Bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflicht können Bußgelder für Arbeitgeber verhängt werden. Diese variieren je nach Schwere des Verstoßes und finanziellen Umständen des betroffenen Unternehmens. Auch der zu erwartende Imageschaden ist nicht unerheblich.

Darüber hinaus können Arbeitnehmer, die von Verstößen gegen die Aufzeichnungspflicht betroffen sind, Schadensersatzansprüche gegen ihren Arbeitgeber geltend machen. Dies ist wahrscheinlich, wenn sie etwa zu viele Überstunden geleistet haben oder ihnen zustehende Ruhezeiten verweigert wurden.

Ausblick und Empfehlungen für dein Unternehmen

In den kommenden Jahren ist zu erwarten, dass der Wunsch der Arbeitnehmer nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit und des -ortes weiter zunehmen wird. Dein Unternehmen sollte sich darauf einstellen, dass die Arbeitszeiterfassung die modernen Anforderungen bewältigen können muss:

  • Implementiere ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der Arbeitszeiten deiner Mitarbeiter, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
  • Überprüfe regelmäßig die implementierten Systeme und Prozesse, um auf veränderte rechtliche Anforderungen zeitnah reagieren zu können.
  • Schaffe eine transparente Kommunikation im Unternehmen, um den Bedenken und Fragen deiner Mitarbeiter Raum zu bieten.

Fazit

Die Einhaltung des Gesetzes zur Arbeitszeiterfassung mithilfe eines strukturierten Zeiterfassungssystems bietet sowohl für dich als auch deine Mitarbeiter Vorteile:

  1. Aus Unternehmersicht bedeutet es eine bessere Übersicht über die tatsächliche Arbeitsleistung und eine entsprechend leichtere Planung.
  2. Arbeitnehmer profitieren ihrerseits von einem Tool gegen unzulässige Überstunden und somit einer ausgewogenen Work-Life-Balance.

Die Kombination der Vorteile soll ein gerechtes Arbeitsumfeld schaffen, in dem beide Parteien zufrieden sind. Demzufolge ist die korrekte Arbeitszeiterfassung ein zentraler Baustein für gesunde und produktive Arbeitsverhältnisse.

Disclaimer

Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zusammengestellt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte gestellt. Die in diesem Beitrag zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich, ersetzen keine juristische Beratung und stellen keine Rechtsauskunft dar.

FAQ

Im Folgenden gehen wir auf häufig gestellte Fragen zur Arbeitszeiterfassung ein.

Quellen:

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