Der Newsletter ist tot. Es lebe der Newsletter!

Von René Tzschoppe
Aktualisiert am 07.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Viele Jahre war er das Top-Marketing-Instrument im E-Commerce: der Newsletter. Denn er brachte einen messbaren Return on Invest (ROI) – wenig andere Maßnahmen lieferten derart gut darstellbare Ergebnisse.

Auch heute noch bietet der Newsletter dir die Möglichkeit, gute Conversion Rates und einen exzellenten ROI zu erreichen. So belegt eine Studie der DMA aus dem Jahr 2019, dass noch immer durch jeden eingesetzten Dollar im Schnitt 42 Dollar Return on Invest generiert werden können. Doch eine gute Newsletter-Performance zu erreichen, ist weitaus schwieriger geworden. Die Anzahl der E-Mails hat sich vervielfacht. Die technischen Möglichkeiten haben sich weiterentwickelt. Die Nutzer zeigen aufgrund des hohen E-Mail-Aufkommens eine weitaus geringere Bereitschaft, Mailings zu öffnen oder gar zu lesen. Das E-Mail-Marketing hat sich verändert.

Ein kleiner Rückblick – was hat sich verändert?

User-Signale werden zunehmend wichtiger. Was bei der Suchmaschinenoptimierung zu den wichtigsten Faktoren geworden ist, funktioniert auch beim E-Mail-Marketing. Die Interaktion in den E-Mails wird immer bedeutsamer. Doch wie kann ein Hoster eigentlich die Interaktion aus E-Mails heraus nachvollziehen? Schauen wir uns das einmal bei dem am häufigsten genutzten E-Mail-Dienst der Welt an: Gmail.

Gmail gehört zu Google. Ein sehr großer Anteil der Nutzer öffnet Gmail im Browser. Der meistgenutzte Browser ist Chrome, ebenfalls ein Google-Angebot. Nun klickt der User auf einen Link in seiner E-Mail. Er gelangt auf eine Website, bei der Google Analytics eingebunden ist. Bei dieser Customer Journey ist Google in der Lage, die komplette Bandbreite an Interaktionen nachzuvollziehen. Vom E-Mail-Eingang über Ladezeiten, Öffnungsraten, Lesedauer und Klickraten bis zu Verweildauer und Conversion Rate auf der Zielseite stehen Google alle Informationen zur Verfügung. Gekoppelt mit den vorhandenen Daten, die Google über den Nutzer bereits gesammelt hat, ergibt sich ein umfassendes Bild, das eindeutige Rückschlüsse auf die E-Mail und deren Qualität zulässt. Und diese Daten nutzt Google selbstverständlich unter anderem, um den Spam Score des Versenders zu bestimmen. Die meisten anderen Webhoster folgen der Empfehlung von Google.

Veränderte Zustellung: Wer schafft es in den Posteingang?

Die Spam-Belastung wächst und wächst. Mittlerweile liegt der weltweite Anteil an Spam-Mails pro Monat bei 55 Prozent. Wir sprechen hier von rund 306 Milliarden Spam-Mails – pro Tag! Als Konsequenz dieses Trends haben Webhoster wie Gmail, Outlook 365, T-Online und Co. die Spam-Grenze deutlich angehoben.

Was bedeutet das für deine E-Mail-Marketing-Kampagne? Nun, möglicherweise hast du sehr viel Zeit in sie investiert. Die Inhalte bieten einen echten Mehrwert. Doch womöglich landen deine Nachrichten direkt im Spam. Schauen wir uns einmal an, wie ein Webhoster deinen Newsletter bewertet. Zu den entscheidenden Faktoren gehören die folgenden acht.

Die Menge der HTML-Elemente

Hier ist weniger definitiv mehr, denn HTML-Elemente werden mitunter als Spam klassifiziert. E-Mails sollten daher als Multipart-Mails versendet werden, also sowohl in HTML- als auch in Text-Form. Viele E-Mail-Marketing-Tools machen das bereits automatisch. Falls dein Tool das nicht macht, büßt du hier Zustellrate ein.

Die Ladezeit

Wie bei Websites gilt auch für E-Mails: Eine möglichst kurze Ladezeit ist am nutzerfreundlichsten. Achte also darauf, dass du deine Mails nicht mit allzu großen Bildern träge machst. Je länger eine E-Mail laden muss, umso schlechter ist die Zustellrate und umso höher die Spam-Wahrscheinlichkeit.

Die Öffnungsrate

Je höher, desto besser. Werden deine E-Mails gerne geöffnet, zeugt das von relevantem Inhalt. Der Durchschnitt aller Unique-Öffnungsraten liegt übrigens bei 29 Prozent über alle Branchen hinweg. Achte also darauf, wann deine E-Mails besser geöffnet werden. Sowohl der Tag als auch die Uhrzeit sind entscheidend. So zeigen Studien immer wieder, dass beispielsweise E-Mails, die um 8:00 Uhr morgens versendet werden, die niedrigsten Öffnungsraten haben. Logisch, die meisten Menschen beginnen gerade mit der Arbeit und priorisieren, welche Mails sie öffnen.

Ein Problem, welches auch Profis vielfach nicht auf dem Radar haben, sind Mehrfacheintragungen in der Datenbank. Zahlen aus unserer Praxis zeigen, dass bis zu 20 Prozent der E-Mail-Adressen in deiner Datenbank Dubletten sein können. In diesem Fall erhalten die Kunden und Interessenten jede Mail mehrfach, öffnen sie aber nur einmal. Das verfälscht die Öffnungsrate immens.

Die Klickrate

Wie bei der Öffnungsrate gilt auch hier: Je höher die Klickrate, desto wichtiger der Inhalt. Der branchenübergreifende Durchschnitt liegt bei 14,9 Prozent.

Was erhöht die Klickrate? Allem voran muss die E-Mail klar kommunizieren, um was es geht. Eine E-Mail, deren Inhalt nicht leicht zu konsumieren ist, wird in der Klickrate immer unterdurchschnittlich bleiben. Stimmt die Kommunikation und dein Kunde versteht, was ihn erwartet, klappt es auch mit den Klicks. Optimieren kann man dann mit limitierten und perfekt passenden Angeboten oder wertvollen Informationen.

Die Antwort-Rate

E-Mail-Marketing soll keine plumpe Werbung sein, sondern ein Dialog. Antworten auf Newsletter sind daher ein hervorragendes Zeichen und wirken sich positiv auf deinen Spam Score aus. E-Mails aus Dialog-Korrespondenzen werden deutlich besser zugestellt als E-Mails von Empfängern, die dir noch nie eine Antwort geschickt haben.

Die Verweildauer in der E-Mail

Einmal angeklickt und genervt gebounced – kein gutes Zeichen. Verbleibt der Empfänger jedoch eine Weile in der Mail, liegt es nahe, dass er den Inhalt wirklich liest – sehr gut! Daher sollten E-Mails auch nicht zu kurz sein. Ein bisschen Story passt in jede Mail.

Senderscore der IP-Adresse

Dein Senderscore ist wie ein Kredit-Rating, nur für E-Mails. Er bewertet deine Reputation als Absender und zeigt dir mit einer Zahl zwischen 0 und 100, wie Postfachanbieter deine IP-Adresse bewerten: www.senderscore.org.

Nutzt du nun einen Shared IP-Versand, wie es bei den meisten E-Mail-Marketing-Systemen der Standard ist, hast du als Unternehmer so gut wie keinen Einfluss auf die Reputation deiner IP-Adresse. Zum Hintergrund: Shared IP bedeutet, dass du mit vielen anderen Nutzern der eingesetzten Software von der gleichen IP-Adresse versendest. So können neben dir also auch noch komplett branchenfremde Unternehmen oder im schlimmsten Fall Spammer von der gleichen IP-Adresse E-Mails versenden. Das findet kein Webhoster gut und klassifiziert dich deutlich schneller als Spam!

Falls noch nicht geschehen, sichere dir sofort eine eigene zertifizierte IP-Adresse bei deinem E-Mail-Marketing-Anbieter. Einige der Softwareanbieter können zertifizierte IP-Adressen anlegen, machen dies aber nur auf Nachfrage. Fragen lohnt sich also auch, wenn das Angebot auf der Website des Anbieters nicht aufgeführt ist. Bietet deine E-Mail-Marketing-Software keine oder eine zu teure Lösung, solltest du über einen Anbieterwechsel nachdenken.

DKIM, SPF und DMARC

DKIM (DomainKeys Identified Mail), SPF (Sender Policy Framework) und DMARC (Domain-based Message Authentication, Reporting & Conformance) sind Authentifizierungsverfahren bzw. Protokolle, mit denen ein Mailserver die Identität des Absenders einer E-Mail prüfen kann. Diese solltest du über deine E-Mail-Marketing-Software alle nutzen. Auch hier lohnt sich das Nachfragen, falls die Website deines Anbieters keine Antworten liefert.

User Experience im Fokus

Der Blick auf die Faktoren, die deinen Spam Score beeinflussen, zeigt vor allem eines: Je authentischer, relevanter und nutzerfreundlicher der Inhalt deiner E-Mails ist, desto größer sind deine Chancen, im Postfach möglichst vieler Abonnenten anzukommen. Wenn deine E-Mail die drei Fragen “Was ist das?”, “Was bringt mir das?” und “Warum sollte ich jetzt weiterlesen?” nicht innerhalb der ersten Sekunden klärt, solltest du die Mail umschreiben.

Der Dialog als Ziel

Zu welchem Zweck versendest du deinen Newsletter oder andere Mailings? Willst du in einen direkten Dialog treten? Oder möchtest du vor allem erreichen, dass der User auf einen bestimmten Link klickt und mit dir über eine andere Plattform kommuniziert? Das gewünschte Kommunikationsziel solltest du bei jeder Kampagne in den Fokus stellen. Daher solltest du auch immer die vorhandenen Kundendaten nutzen, um deine E-Mails zu personalisieren und zu individualisieren. Nichts ist unprofessioneller, als erst über ein Formular alle Personendaten abzufragen und dann deine E-Mail mit “Sehr geehrte Damen und Herren“ zu starten.

Du kannst beispielsweise auch die PLZ und den Wohnort des Empfängers nutzen, um Anreden mit Dialekt wie “Servus“, “Moin“ oder “Grüß Gott“ zu formulieren. Auch ein “Liebe Grüße nach Werder (Havel)“ am Ende der Mail wirkt Wunder. Sei ein bisschen kreativ und gib dir Mühe. Die E-Mail ist einer der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte in der Customer Journey.

Tipps für deine Anti-Spam-Score-Optimierung

Ich habe drei Instrumente entwickelt, mit denen der Erfolg von Kampagnen messbar gesteigert werden konnte.

1. Interaktionskampagne: Relevant von Anfang an

Eine sehr gute Möglichkeit, deine User besser kennenzulernen und für Interaktion (und damit einen geringen Spam Score) zu sorgen, ist eine Interaktionskampagne. Die startest du am besten direkt nach der Eintragung in deine E-Mail-Liste. Damit weckst du direkt Interesse und hebst dich von der Masse ab.

Lösungsansatz: Frag deinen Leser zum Beispiel, ob er bereits bei dir Kunde ist oder was ihn am meisten interessiert. So erreichst du Interaktion und erhältst wertvolle Informationen, mit denen du den Content künftig besser auf die Bedürfnisse des Lesers zuschneiden kannst. Und natürlich kannst du auch deinen Sales Funnel auf seine Wünsche und Interessen ausrichten.

Bei unseren Projekten haben wir mit solchen Interaktionskampagnen herausragende Ergebnisse erzielt, und zwar:

• 30 Prozent Umwandlung der neuen Newsletter-Abonnenten zu Kunden innerhalb der ersten acht Wochen

• Deutlich weniger Inaktivität nach zwölf Monaten

2. Das Take-away für den Leser

Jede einzelne E-Mail sollte dem Leser einen Mehrwert liefern. Der kann Unterhaltung, eine spannende Story, ein konkreter Tipp oder auch ein passendes Angebot sein. Entscheidend ist, dass sich durch das Lesen der E-Mail etwas für den User verändert. Nur wenn er einen konkreten Nutzen aus dem Inhalt zieht, wird er den von dir zugesendeten Content als relevant betrachten.

Lösungsansatz: Damit du wirklich auf die Bedürfnisse deiner Abonnenten eingehen kannst, musst du deren Bedürfnisse kennen. Also frag sie am besten! Am aufschlussreichsten sind Kunden- und Interessentenbefragungen. Auch die Klicks in den E-Mails sollten ausgewertet werden und als Grundlage für neuen Content dienen. Der Dialog und der Beziehungsaufbau sollten immer im Vordergrund stehen.

3. Weniger ist mehr

Es gibt einen Grund dafür, dass Transaktionsmails die höchste Öffnungsrate haben. Es gibt auch einen Grund dafür, dass wir im 1:1-Dialog nie ein HTML-Newsletter-Template nutzen würden, um einen Geschäftspartner zu einem Strategiegespräch einzuladen. Nicht das Design selbst ist der kritische Faktor. Gut designte E-Mails werden jedoch immer und sofort als Werbung identifiziert. Und zwar nicht nur vom Webhoster, sondern auch vom Empfänger.

Lösungsansatz: Wenn der Touchpoint es zulässt, kannst du mit ganz normalen E-Mails arbeiten oder sogar mit Videobotschaften per Mail. Wichtig: Alle Formate, die es im E-Mail-Marketing gibt, sollten in Maßen verwendet werden. Weniger ist im Zweifel immer mehr. Nur so entfalten sie den höchsten Wirkungsgrad.

Profi-Tipp: Frag den E-Mail-Empfänger doch mal, wann er am liebsten deine E-Mail bekommen will, und versende sie für diesen Kontakt an dem Wunschtag. Auch das führt zu einer besseren Öffnungsrate und daher zu besserer Zustellung.

Newsletter neu denken

Wir halten also fest: Das E-Mail-Marketing hat sich verändert. Ich finde: zum Besseren! Mit der DSGVO haben viele Unternehmen gänzlich mit E-Mail-Marketing aufgehört. Die neuen Regelungen erfordern neue Maßstäbe beim E-Mail-Marketing. E-Mails müssen wieder lesenswert sein, um zugestellt zu werden. Und wenn Werbung uns begeistert, dann ist E-Mail-Marketing nach wie vor eine der wichtigsten Disziplinen im Online-Marketing. Die Zahlen sprechen für sich: 95,4 Prozent der Top-Unternehmen im deutschsprachigen Raum betreiben aktiv E-Mail-Marketing. 66 Prozent der Marketer bewerten ihr E-Mail-Marketing als erfolgreich, 21 Prozent als sehr erfolgreich.

Häufig gestellte Fragen zum Newsletter

Diese Gelegenheit möchten wir nutzen, um häufig gestellte Fragen zu Newslettern zu beantworten.

Quellen:

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