Rabattkämpfe im E-Commerce: Wie du sie im Onlinehandel vermeidest und trotzdem gewinnst

Von Sebastian Klumpp
Aktualisiert am 05.01.2024 | Lesezeit ca. Min.

Der E-Commerce brummt mehr denn je. Verstärkt auch wegen der vielen stationären Händler, die das Online-Geschäft aufgrund Corona-bedingter Einschränkungen als Vertriebskanal für sich entdeckt haben. Aus der Not heraus kaum in der Lage, sich parallel zum Ladenbetrieb eine funktionierende Online-Präsenz aufzubauen, benutzen die meisten dafür – unabhängig von Branchen und Sparten – etablierte Online-Marktplätze und Plattformen von A wie Amazon bis Z wie Zalando.

Seit Pandemiebeginn ist Dauerschlussverkauf

Exemplarisch und drastisch war die Situation etwa für Fashion-Händler und -Reseller, die meist saisonale Sortimente führen und kontinuierlich gehalten sind, Platz zu schaffen und ihre Lager zu räumen. Zumeist ohne Infrastruktur und Know-how für eigene Online-Shops, erwies sich Zalandos „Connected Retail“-Programm im wahrsten Wortsinn als rettende Plattform.

Dort allerdings boten und bieten sie teils horrende Rabatte auf hochwertige Produkte und setzen ungewollt einen Dominoeffekt im Preisgefüge in Gang. Denn andere Händler ziehen nach, und allenthalben purzeln die Preise.

Schnäppchenjäger freut das, Händler und Reseller kurzfristig auch, weil sie abverkaufen. Doch die Hersteller haben das Nachsehen, weil ihre Markenwahrnehmung kippt – wie Erfahrung und Studien belegen. Dies schadet wiederum auch den Händlern selbst, denn ihre veräußerten Waren verlieren an (Marken-)Wert. Außerdem wirkt es sich negativ auf die Handelsbeziehungen aus, weil Marken und Hersteller der hohen Rabattierung tatenlos zusehen müssen und deshalb auch andere Strategien – etwa Direct-to-Consumer (D2C) – erwägen, bei denen Zwischenhändler nicht notwendig sind.

Desweiteren erweist sich nicht nur die Höhe der Rabatte als Problem, sondern vor allem auch die Dauer der Tiefstpreisangebote. Im Grunde befindet sich der Onlinehandel seit den ersten Lockdowns der Geschäfte in einem kontinuierlichen „Schlussverkauf“.

Was tun gegen Rabattkämpfe im E-Commerce?

So gewinnbringend die Lage auch scheint, will sie in dieser verkorksten Form eigentlich niemand. Denn kein verantwortungsvoller Beteiligter will funktionierende Beziehungen zwischen Händlern und Marken dem kurzfristigen Profit opfern. Schließlich gibt es auch einen Handel nach der Pandemie.

Was können Hersteller und Händler also tun, um Rabattkämpfe zu beenden oder, besser noch, zu vermeiden? Wie kann vorgebeugt werden, dass dem Kunden eine Preissensibilität „anerzogen“ wird, die langfristig die Margen schmälert?

Das Online-Preisgeschehen ist so komplex, dass es kein Mensch allein mehr überblicken und koordinieren kann. Ergo kommen automatisierte Repricing-Lösungen zum Einsatz – maschinell gesteuerte Preisanpassungen aufgrund von aktuellen Daten zu Markt- und Wettbewerbspreisen, zu Verfügbarkeiten, Lieferzeiten oder Kundenbewertungen.

Das hat disruptive Folgen: Je mehr wir algorithmisch handeln, umso unvermeidbarer scheinen Preisspiralen. Zumal nicht selten wichtige Koordinaten fehlen. Wenn zum Beispiel zwei Händler gegenseitig ihre Preise beobachten und immer wieder aneinander anpassen, reicht schon ein nicht gesetzter Mindestpreis aus, damit sich Produkte auf endlose preisliche Talfahrt begeben.

Es hilft, die Dinge richtig zu machen. Und gerade beim automatisierten Repricing oder Dynamic Pricing in großem Umfang und bis ins Detail zu erfassen, welches Produkt – eigene und des Wettbewerbs – in welchem Kanal wie performt und woran das liegt. Und dann in puncto Preis, Platzierung und Performance zu optimieren.

Händler brauchen den richtigen Preis – nicht den günstigsten

Nur an der Preisschraube drehen zu wollen, um gegen günstigere Mitbewerber zu punkten, wäre fatal. Händler und Reseller müssen alle Faktoren und Kundenbedürfnisse erfassen und bedienen. Dann klappt das auch mit dem Preis.

Denn der Kunden-Traffic abseits von Amazon wird überwiegend über Vergleichsportale und Suchmaschinen generiert. Insbesondere nicht-alltägliche Produkte werden erst recherchiert und dann gekauft. Und zwar wegen des passenden Gesamtpreises oder auch, weil man den Shop kennt und ihm vertraut.

Bekanntheit und Vertrauenswürdigkeit sind das A und O im Shop

Somit empfiehlt sich, an der Bekanntheit und Vertrauenswürdigkeit des eigenen Shops zu arbeiten, aktives Bewertungsmanagement zu betreiben und ein preiswertes Gesamtpaket zu bieten. Sowohl etablierte als auch unbekannte Händler können dabei vom Markenwert ihrer Produkthersteller profitieren und ihren Shop zum Beispiel von anspruchsvollen Marken aufwerten lassen. Im besten Fall werden ihnen exklusive Sortimente zur Verfügung gestellt, die sie angemessen präsentieren.

Ist der potenzielle Kunde erst einmal im Shop, überzeugen vor allem Mehrwerte und Services. Da müssen die „Hygienefaktoren“ stimmen, also die Grundbedürfnisse eines Onlinekunden bedient werden. Wichtigste Bestandteile sind ein gut durchdachtes, nicht zu überladenes Sortiment und eine User-zentrierte Customer Journey vom Login bis zum Warenkorb. Zudem schlüssige und überzeugende (Produkt-)Informationen, personalisierte Angebote oder Empfehlungen.

Oft unterschätzt: Eine bessere Sortimentierung

Eigenmarken zu integrieren, kann helfen, wenn man die Kapazität dazu hat. Wenn nicht, empfiehlt sich zumindest eine bessere Sortimentierung. Also nicht alles zu bieten, nur weil andere das auch tun, sondern Exklusivität und belegte Qualität zu betonen, eventuell auch eine eigene Nische zu besetzen, die dazu führen kann, dass der eigene Shop zur „ersten Adresse“ für die Produktsparte wird. All dies sind Faktoren, um beim Verbraucher zu punkten.

An dieser Stelle macht es übrigens kaum einen Unterschied, ob dies im eigenen Webshop oder auf Online-Marktplätzen und Plattformen stattfindet. Selbst bei Amazon zum Beispiel zählt nicht nur der günstigste Preis, sondern auch Faktoren wie Kundenservice und Liefergeschwindigkeit, die etwa in Kundenbewertungen einfließen und Kaufentscheidungen beeinflussen. Die Frage nach der Infrastruktur ist also im Grunde nur eine von Aufwand und Kapazitäten: Wie verkaufe ich meine Ware effektiv und sinnvoll? Benötige ich einen eigenen Shop oder reichen Plattformen wie Amazon oder Zalando? 

After Sales: Warum kaufen Kunden immer wieder bei mir ein?

Nicht minder wichtig ist After Sales. Nach dem Kauf braucht es Wohlfühlbedingungen, damit der Kunde wieder kauft: einfache Retouren und faire Versandkosten, ein gutes Zahlungsmanagement, gute Kundenbetreuung und Bestandskunden-Marketing. Leuchtturm- oder Zubehör-Artikel mit dem richtigen, gezielt rabattierten Preis geben zusätzliche Entscheidungshilfe, damit der Kunde ein gutes Gesamtgefühl hat und die Marge stimmt.

Hersteller müssen wissen, was läuft – wo, wie und warum 

Anders als Händler, die konkreten Einfluss auf die eigene Preisgestaltung nehmen und starke Rabatte vermeiden können, brauchen Marken und Hersteller vor allem Transparenz und Überblick im komplexen E-Commerce-Geflecht. Also eine umfassende Überwachung von Produkt- und Preisdaten, um Entwicklungen und Abweichungen zu erkennen, deren Gründe zu verstehen und bei Bedarf gegenzusteuern.

Diese Überwachung muss heute automatisiert erfolgen, weil sie angesichts der Vielzahl von Kanälen und Produkten manuell nicht mehr zu bewerkstelligen ist. Hier unterstützen Monitoring-Lösungen mit einer engmaschigen Erfassung, indem sie in puncto Rabattierung zum Beispiel ausweisen, wer den Preis zuerst senkt und wer nur folgt, um den Abverkauf sicherzustellen.

Dem Verständnis dient zudem, kanalspezifische Preise zu beachten, weil Shopsysteme je nach Einstieg des Nutzers unterschiedliche Preise anzeigen – und Händler auf idealo oder Google Shopping durchaus preisaggressiver bieten als im eigenen Shop, um preissensible Kunden nicht zu verlieren.

Aus Marken- und Herstellerperspektive lassen sich Rabattkämpfe vermeiden, wenn alle Einflussfaktoren erkannt und verstanden werden – und wenn das Gesamtpaket stimmt. So ist es an den Herstellern selbst, die komplette eigene Markendarstellung angemessen zu gestalten. Etwa, indem Daten und unmittelbares Feedback zu Marke, Produkten und Services generiert und Erkenntnisse daraus abgeleitet werden, um die eigene Marketingkommunikation, aber auch die Produkt- und Sortimentsentwicklung zu optimieren. Die Daten sind der Schlüssel dazu. 

E-Commerce: Es funktioniert – am besten gemeinsam

Rabattkämpfe sind nicht nur schädlich, sondern auch überflüssig. Wenn man versteht, dass niemand nur den günstigsten Preis will, sondern den im Gesamtpaket überzeugenden. Da geht also was. Händler können mit Marken- und Mehrwerten gegen Preistreiber punkten und die richtigen Preispunkte setzen. Hersteller können die Markenwahrnehmung steuern und verbessern, weil sie wissen, was wo warum passiert und was zu tun ist.

Schlüssel ist für beide Seiten ein umfassendes Monitoring, das sowohl Transparenz gibt als auch Handlungsoptionen eröffnet. Der Rest ist Performance. Und die funktioniert am besten gemeinsam. 

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